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Thema: Fil the Schrill (liebt seine Tochter)

  1. #1
    Member Avatar von christoph
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    Fil the Schrill (liebt seine Tochter)

    Fil, aka Fil the Schrill, aka Fil & Sharky, ist von Beruf Comiczeichner extraordinaire ("Sie nannten ihn Didi & Stulle"), Possenreißer und Barde. Wenn mein Freund A. und ich über ihn sprechen, schütteln wir beide die Köpfe und fragen uns vergeblich, warum Fil nicht schon lange der Berühmteste seiner Zunft ist, warum ihm nicht die Republik zu Füßen liegt. Weil wir keine Antwort auf die Frage finden, erzählen wir uns anstelle dessen einige Highlights aus vergangenen Fil-Shows ("Weißt du noch? Herzflattern, schlimmer als die Blattern?"), lachen ein paar Mal herzlich, schütteln nochmal die Köpfe und wenden uns dann traurigeren Sujets zu, wie z.B. Hertha BSC. Aber noch drei oder vier Themen weiter hält der eine oder andere von uns manchmal inne, grinst, schaut den Gegenüber zwinkernd an, und dann schütteln wir erneut die Köpfe. Erstmals sah ich ihn vor Menschengedenken in der Scheinbar auftreten. Einige Zeit später, am selben Ort, bediente an einem Fil-Abend dann auch noch seine Schwester hinterm Tresen, und das wäre fast eine Doppelpaparazzung, nachdem die Schwester ja unlängst als Teil von Mondo Fumatore den Weg in den Popmusiksternenhimmel einschlug.

    Im Frühjahr 2003 gab Fil den letzten Auftritt vor seiner Babypause. Er gab ihn in der Diaspora, in Köln am Rhein, und ich als Teilzeitexilant wollte alles dazu tun, damit möglichst viele Bewohner jenes zivilisationsfernen Winkels unseres schönen Vaterlands auch einmal von der Ambrosia der Berliner Kulturblüte kosten könnten. Ein Dutzend Rheinländer konnte ich zusammentrommeln, hauptsächlich Arbeitskollegen sowie meine Freundin I. Der Auftritt war, wie gewohnt, ein Brüller - Fil riß Possen und bardete so heftig, daß der ortsansässige Rheinische Frohsinn vor Bewunderung den Kopf schüttelte.

    Nach der Show zog sich das Publikum in den Schankraum zurück und spülte sein Amüsement mit dem runter, was der Kölner Kölsch nennt und der Berliner gelbliches Mineralwasser mit schwachem Hopfenaroma. Wers nicht kennt: Ungefähr drei Tage, bevor man davon betrunken würde, wäre einem schlecht von den Unmengen Flüssigkeit. Wir tranken deshalb lieber Cocktails.

    Kurze Zeit später trat Fil an die Theke. Er war größer, als er auf der Bühne erscheint und trug eine Schiebermütze von der Art, die er immer trägt, wenn er nicht einen zerknautschten Cowboyhut aufhat. Er trank eine Weile allein, während derer sich nach und nach meine rheinischen Mitbringsel verabschiedeten, ihren Kulturschock auszuschlafen. Nur I. und ich blieben noch da, und I. ist so trinkfest und cool, daß sie fast als Berlinerin durchgehen könnte, als zugewanderte natürlich, denn die Berliner Ureinwohner sind ja oft eher provinziell. Zusammen winkten wir Fil heran, priesen ihn eine Weile, bestellten eine neue Runde und tranken dann gemeinsam, bis wir halbwegs voll und die letzten Gäste waren. Wir sprachen über dies und jenes, und irgendwann meinte ich zu ihm, daß es ja schade wäre, daß er bis zum Herbst des Jahres nicht mehr auftreten wolle. Dies nahm Fil zum Anlaß, den Blick an die Decke zu erheben, selig zu lächeln, von seiner gerade entstandenen Tochter zu schwärmen und mit ihr seine Bühnenabstinenz zu rechtfertigen. Seine Eloge endete in folgendem Statement: "Ja, und, also, man hört ja immer, daß die kleinen Kinder so viel schreien. Aber meine Freundin und ich, wir haben uns überlegt, also, daß es für unsere Tochter eigentlich gar keinen Grund geben soll, zu schreien..."

    Da dachte ich für mich: Ah der Fil, wer seine schmutzigen Reportagen aus der Berliner Gosse liest (siehe oben - "Didi & Stulle"), würde wohl nicht denken, daß dahinter so ein warmherziger Mensch steht. Meine Freundin I. lud ihn dagegen sofort zu ihrem Geburtstag in der nächsten Woche ein. Er erschien natürlich nicht, dafür ist er zu prominent und wird wahrscheinlich jeden Tag drei Mal auf irgendeinen Geburtstag eingeladen. Aber I. und ich standen bei der Gelegenheit dann in Köln am Ring auf einem Hausdach, tranken Pils, erzählten uns Highlights aus Fils letzter Show und schüttelten anschließend die Köpfe.

  2. #2
    Moderator_S Avatar von U_Sterblich
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    Fil, natürlich selber einer dieser provinziellen Berliner Ureinwohner, hat auch ein schönes Lied über Schwaben (Schwaben = Berliner Provinzslang für Eingewanderte aus den alten Bundesländern), das neben "Fahr mal über Weihnachten nach Hause und bleib gleich noch bis Ostern" auch die schöne Zeile "Wie lange muss ein Huhn durch den Wald laufen, bevor es ein Fuchs wird? Schwabe - du wirst nie ein Berliner sein!" beinhaltet. Denk mal drüber nach und schüttel den Kopf.

  3. #3
    Member Avatar von julia mantel
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    sah fil mal in einem kleinen laden auf dem hamburger kiez und war ebenso überwältigt wie ihr: er hatte so auf "tschises" gemacht, trug dornen in den haaren und so weiter und sang immer nur: " he wears metal in his hands".
    das publikum konnte sich vor lachen kaum halten...

    wo gibt es denn seine comics zu kaufen bzw. zu bestellen?
    jmantel

  4. #4
    Member Avatar von christoph
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    Liebe U_, das ist eines meiner Lieblingslieder! Wie schön, daß du es auch magst!

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