Aufgrund einer Verkettung glücklicher Umständlichkeiten wurden vier Schülerinnen unserer Ballettschule eingeladen, Statisterie für eine Fernsehaufzeichnung zu machen. Star dieser Sendung war Romy Haag, eine weltberühmte Gesangstranse.
An einem verregneten Wochenende ging es los, wir fuhren nach Adlershof: Franziska, Dunja, Severine und ich. Es herrschte ein buntes Treiben als wir ankamen und wir wurden in ein Studio gerufen, daß wie eine Kellerbar aussah, mit roten Tapeten, Kristalleuchtern und ein Klavier, viele Plüschsofas und ein Mikrofonständer auf einer kleinen Bühne. Es ging darum in unserem Tütü wie mechanische Puppen zu tanzen während Romy Haag singt.
Dann kam Fredi der Regiesseur und erklärte uns alles. Er war Österreicher mit Walroßbart und kleinen Äuglein. „Hier müßt hier her, geh, nö, da drüben, wenns die Romy kommt, geh, na.Dann singts die Romy und ihr drehts euch wie Pupperln, dir flüsterts die Romy dann was ins Ohr, Jessica, geh.“
Dann kam noch die Aufnahmeleitung, die Nicki. Sie erklärte uns wo wir uns umziehen und überhaupt wie das alles funktioniert beim Fernsehn.
Durch einen Spalt sahen wir dann Romy Haag kommen. Sie war total aufgedonnert und quatschte in ein Handy. Jedenfalls wars französisch. Ich hab nur verstanden: „Tout Berlin, mon cher, tout berlin, oui, c’est ca.“ Dunja meinte das sie gar nicht wie ein Kerl aussieht und nannte sie die ganze Zeit Omy Haag. Wir kicherten als Romy dann kurz zu uns kam und und unsere Hände schüttelte. Sie hatte eine supertiefe Stimme, sprach mit Akzent und war sehr nett.
Dann ging sie mit Glitzerkleid und Riesenstiefeletten auf die kleine Bühne. Der Ferdi rief: „Nee, drüben. Da, do. Mochts die Kamera, des Licht zur Romy hin. Romy schau net so.“ Sie sagte: „Fredi das Licht blendet, ich seh nix, rien..“
Dann ging die Musik los, aber vom Band. ein Orchester mit Geigen, es war langsam und traurig.
Dann sang sie: Oh kleine Ballerina
hast dir die Füße
wundgetanzt
Dann sollten wir auf die Bühne und hinter ihr unsere Pirouettes drehen. Es war heiß im Scheinwerferlicht und ich war klatschnass. Romy drehte sich mit dem Mikro rum, reckelte sich auf einem Hocker und hauchte mir ins Ohr:
Und tanzt dein Leben
weg oh kleine Ballerina .
Dann mußte ich mich von ihr wegdrehen und im Dunkeln verschwinden.
Wir mußten das fünfmal wiederholen, dann gabs was zu trinken. Romy hat sich zu uns gesetzt und uns ausgefragt. Ich fragte sie ob sie verheiratet ist und sie lachte. „Ne, aber geschieden.“
Dann hob sie ihr Glas und sagte: „Schinschin.“
Fredi kam nochmal und sagte: „Schee wart ihr, ihr Maderln.“ Wir durften noch eine Weile zugucken bei der Aufzeichnung, Romy hat vier Lieder gesungen und schweinische Witze erzählt. Aber schöne. Das wars.
Später hab ich Romy Haag mal auf einer Rolltreppe im Kadewe wiedererkannt und nickte ihr zu. Sie schaute wie durch mich hindurch.
Jessica
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