Ich war 12 oder 13 als ich, als der Eloquenteste in einer kleinen Gruppe minderjähriger Provinzlümmel, dem damals noch nicht ganz so bekannten Recklinghäuser Fußballberichterstatter Werner Hansch einen Brief schrief. In diesem teilte ich mit, wir hätten ihm zur Ehre einen Fanclub gegründet. Nun war es so, daß mein bester Freund Carsten und ich - inspirirert von damals als durchaus mitreißend empfundenen Spielberichten während der Konferenzschaltung in Sport und Musik auf WDRI (also direkt nach der Schlagerrallye mit Wolfgnag Roth) - mit dem Fahrrad durch die Gegend zu fahren pflegten. Dabei ersannen wir Bundesligaspieltage, die wir in Hansch imitierender Art und Weise dann lautstark kommentierten, während sich in unseren jungen Köpfen Stadienszenen abspielten. "Und jetzt... Neeeein Neeein Neiin, sooo eine STÜMPERHAFTE AKTION! Ein herrlicher Paß in den freien Raum, und dann macht DER LAUDRUP nichts draus..."
Dabei fanden wir es cool, Bier aus der Dose zu trinken und Zigarren (!) der Marke "echt André" zu rauchen, die der zwei Jahre ältere und schon Bartschatten tragende Carsten im Supermarkt ungeprüft erwerben konnte. Da saßen wir hochaufgeschossenen Bürschchen also auf den Hollandrädern wie die Affen auf dem Schleifstein und kalfakterten wie der große Werner Hansch! Ein vielleicht bemerkenswerter Anblick.
Eines Samstags, mehrere Wochen waren bereits verstrichen, und der Fanclub Werner Hansch aufgrund jugendlicher Flatterhaftigkeit bereits verworfen, bekam ich einen Anruf. Wir saßen mit der Familie bei einem Erbsengericht und aßen hungrig, hatten wir doch vorher im Garten in "konzertierter Aktion" nervige Arbeitstätigkeiten verrichtet, ich glaube Buschwerk beschnitten. Wer war am Telefon?
Ich: "Hallo?!"
Er: "Ja Mensch ich bin's!"
ich "Onkel Udo?"
Er (jovial lachend): "Nein!"
Ich: "Onkel Friedrich?"
Er (noch jovial): "Aber nein. Rate doch mal!"
Ich (hilflos): "Detlev?"
Es folgten weitere versuche, bei denen ich die männliche Verwandtschaft - alle wohnen im nördlichen Ruhrgebiet - durchprobierte. Ein nicht mehr so jovialer gesprächspartner lüftete das Geheimnis. Es war Werner Hansch. Dieser ließ sich noch kurz über die "tolle Idee mit dem Fanclub" aus. Ferner sagte er, er wolle uns Karten für ein Bundesligaspiel in Dortmund zukommen lassen, wo wir uns dann ja auch mal in der Sprecherkabine treffen könnten. Dann war das Gespräch vorbei und ich war irgendwie peinlich berührt - hatte ich doch den Hansch nicht erkannt und diesen damit , so schien es mir, etwas verärgert. Ob er die ja letztlich auch fehlende Seriosität des Fanclubunterfangens erkannt hatte? Karten sahen wir jedenfalls keine.
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