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Thema: Paparazza, höfliche

  1. #1
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    Paparazza, höfliche

    Paparazza, höfliche

    Monotones Gemurmel, sanftes Stimmenrauschen, farblos und eintönig, vielfältig einsilbig, aufbrandend und abschwellend, ermüdend, einschläfernd, gerade noch wach haltend, dringen die Gesprächsfetzen an mein Ohr. Sanftes, seichtes Schlummern im schaumigen Café, lauschend auf die pulsierenden Stimmen derer, die nachmittäglich Zeit. Dann mein plötzliches Aufhorchend: „Stopp, da war doch was! Nochmal!“, gefolgt von innerlichem Zurückspulen und einer Entdeckung: „Da, hier ja, an dieser Stelle, da sind sie gefallen, die beiden Worte: höfliche Paparazzi.“

    Trotzdessen ich das heiße Zischen des Milchaufschäumers, die garstig fauchende Kaffeemühle und polterndes Rest-Kaffee-Ausklopfen im Widerklang von hastig auf Untertassen geworfenen Löffeln höre, orte ich die Urheberin der beiden Worte.

    Denn direkt nebenan spricht ihre kalte, klare Stimme: „Es ist ein phantastisches Forum. Die einmalige Dokumentation von Zeitgeschehen.“

    Die reichlich mit Spiegeln bedachten Wände, werden von mir genutzt, um nicht beim Betrachten des Gesprächspaares aufzufallen. So sammle ich Mosaiksteine einer unvollständigen kaleidoskopischen Erscheinung.

    Lange Arme, harmonisch zu Hand und Fingern; die Haare blond, gelockt, gefärbt, gegelt; trotz brauner Augen ist ein Ausdruck von Unnahbarkeit zu vermerken. Sie trägt die Brille als schwarzberänderten Abstandhalter; ihre Stimme ist kühl, wissend, intellektuell, streng, sexy; schlanke Beine strecken sich unter dem Bistro-Tisch durch eine braune Wildlederhose.
    Ihr Gegenüber ist männlich, braungebrannt, in engem T-Shirt. Ein unrasiertes, eckiges Kinn über behaarter Brust zwischen muskulösen Schultern; breit aber nicht zu breit. In die sonnenbebrillten Augen wird keine Einsicht gewährt. Der Po kantelt am Sitzflächenende des Stuhls - die Körperhaltung eines lässigen Hundes. Seine enganliegende Jeanshose reibt an ihrem wilden Leder.

    „Hm ja“, entgegnet er und sie spricht weiter.
    „Noch nie war es möglich, dass so viele hochkarätige Leute gemeinsam an einer Stelle über einen langen Zeitraum öffentlich kommunizierten.“

    Ihr Gesprächspartner entdeckt etwas im Mund und beginnt zu forschen. Die suchende Zunge beult Wanderhügel in die Wange. Unrasierte Haut steigt auf und läuft in Wellenform aus. Ein kleiner roter Pickel wird gehoben. Es scheint als schaue er verwundert in die Runde und genösse den erhabenen Augenblick, um danach wieder im Stoppelfeld zu verschwinden. Das Munderforschungsteam wird um einen Zeigefinger verstärkt. Als ich ein leises, schabendes Geräusch höre, wechsle ich den Mosaikstein. Hin und wieder gurgelt er zustimmend, ein kehliges Geräusch, gebrochen durch Zunge und Finger.

    Sie spricht davon, dass man das großartige höfliche-Paparazzi-Forum geschaffen habe, ein Forum wo abgemurmelt, abgetextet und abgesnobbt wird. Alles verdammt ernst und oft sehr lustig. Das Niveau in allen Hinsichten - besonders in literarischer - hoch. Sie fürchte das Forum stürmende und okkupierende, nichtsnutzige Schreiberlinge und mediale Verwässerung. Das Forum sei Filter, Werk, Schöpfung und Definition zugleich. Sie bete, dass es stark genug sei, jeden Ansturm zu ertragen. Dann schweigt sie.

    Langsam rieselt Wirkung durch die filternde Sprechpause. Über das Gesicht des Jeans-Mannes läuft ein nahezu unmerkliches Zucken, das Zustimmung vermuten läßt. Sie spricht weiter.
    „Hinter jedem Pseudonym ein schneidiges Sprach-Schwert. Geübt im Umgang, punktgenau zerschneiden, sezieren, verletzen. Wir sind wehrhaft.“

    Verwirrt, begeistert und ängstlich erstarre ich erfürchtig auf meinem Stuhl, als ich ihre Frage höre: „Sag mal, hörst Du mir zu?“ Heiß schießt mir das Blut in den Kopf. Ich schiele verstohlen zu ihr. Mir wird schwindlig und ein wenig kalt. Doch gerade, als ich um Entschuldigung bitten will, merke ich, dass ich nicht angesprochen bin. Sie fragt ihn noch einmal: „Sag mal, hörst Du mir überhaupt zu“.

    Der Jeans-Mann läßt diesen einen Wimpernschlag verstreichen, den Moment, den es dauert um ein Auge zu benetzen.

    Er zuckt resignierend ein verspätetes „Aber-sicher“. Doch es ist zu spät. Ihre Stimme schwingt ausholend, federt nach vorne und trennt leise, präzise und treffsicher die Worte „Ich-muss- pissen“. Die höfliche Paparazza steht auf und geht zu den Toiletten. Wir warten eine halbe Stunde. Dann bezahlt er beider Getränke und geht, weil er weiß, dass das Café bei den Toiletten einen zweiten Ausgang hat.

  2. #2
    Avatar von ingwer
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    das ist ausgedacht. so einen scheiß würde eine pappe niemals sagen.

  3. #3
    attention whore
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    ......nähere ich mich vorsichtig den Damentoiletten. Eine knifflige Situation, bin ich doch ein Mann, der schon von Geburt an dazu erzogen wurde, dass Frauen eben Orte nur ganz für sich alleine haben.

    Durch die geschlossene höre ich Wasser rauschen, dann eine tiefe Frauenstimme "Und was dürfen wir nie wieder sagen?? Welche Formulierung werden wir in unserem ganzen Leben nie wieder benutzen??" Die Tür wird aufgestossen, eine entsetzte junge Frau stürmt an mir vorbei, ich erhasche einen Blick nach innen. Die schlanken wohlgeformten Beine in der Wildlederhose knien vor der Toilettenschüssel, eines stoesst immer wieder nach hinten aus, trifft aber nicht die nicht mehr ganz so junge pummelige Frau mit der gebräunten Haut und den irgendwie zu kurz geschnittenen Haaren, die die blonden Haare in der Faust hält und immer wieder in die Toilettenschüssel tunkt, ehe sie spült. "Ich werde nie wieder etwas von Sprachschwertern sagen! Nieeeglglglglg" Wieder landet ihr Kopf im Wasser, die Dunkle tritt ihr die Knie weg, so dass die Paparazza neben der Toilette zusammensackt. Ein kleines Gerinnsel Blut läuft ihre schmale Nase hinab und zieht helle Schlieren durch das Wasser das aus ihren Haaren rinnt.
    Die pummelige zieht ihr zu enges Top zurecht und zündet sich eine Zigarette an. "Und merk dir" zischt sie "Du bist keins der coolen Kinder.Und überhaupt: Wildlederhosen!" Als sie an mir vorbeiläuft, trifft mich ein kalter Blick. "Guckst du oft Frauen beim Pissen zu, du kleine Nutte?" Eine Rauchwolke hüllt mich ein.
    Geändert von bettyford (04.11.2003 um 22:19 Uhr)

  4. #4
    Avatar von Herr Genista
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    Jeremy?
    Zeterum zenseo.

  5. #5
    Moderater Avatar von Murmel
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    Aber hallo, Herr Genista. Heute sagt er gerne Mosaiksteine.

  6. #6
    Avatar von Benzini
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  7. #7
    Moderatorin Avatar von Frau H aus B
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    Die Beschreibung der Frau - wir kennen sie natürlich alle - ist nicht ganz akkurat. Sie müsste lauten: "Lange Arme, harmonisch zu Patschhand und Wurstfingern; die roten Haare blond, gelockt, raspelkurz, gefärbt, gegelt, turmhoch toupiert; trotz brauner, stahlblauer Augen ist ein Ausdruck von warmer Unnahbarkeit zu vermerken. Sie trägt die Nickelbrille um den Hals, als schwarzberänderten Abstandhalter; ihre piepsige Altstimme ist kühl, wissend, intellektuell, streng, kindlich, sexy; schlanke, pummelige Beine strecken sich unter dem Bistro-Tisch durch eine braune Wildlederjeans."

  8. #8
    Restaurator Avatar von Jeremy
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    Uff Herr Genista, jetzt erst geschafft. War noch dingsen. Falls Sie, dass ich, also NamedesUsers als Zweit, dann muss ich Sie enttäuschen. Ich weiss nämlich, wie man ehrfürchtig schreibt. Ein wasserdichtes Alibi. Ansonsten was Benzini. Fuck. Und recht.
    Sick nature.

  9. #9
    Restaurator Avatar von Jeremy
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    Ausserdem benutze ich grundsätzlich nie das "esszett" als Buchstaben, und meine bewundernde Distanz-Phase ist lang vorbei.

  10. #10
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    was ist den "abgetextet", was soll das denn bedeuten?
    Zutexten kenn ich, aber ich bin ja relativ neu hier im Forum, ich kann nicht alles kennen. den Mann in der Wildlederhose zumindest kenn ich schon, das ist Valmont, der wohnt in Saarbrücken, arbeitet beim Radio, hat einen süßen Arsch, das sind so meine Mosaiksteine

  11. #11
    Moderater Avatar von Murmel
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    Aber Valmont, der hätte das Forum ja gekannt.

  12. #12
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    oh, da hab ich mich wohl vergallopiert, Marlon arbeitet auch in Saarbrücken beim Radio, der trägt gerne Dreiteiler, Mann, ich weiß schon einiges

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