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Thema: Lübke, Heinrich

  1. #1
    [Member] Avatar von Abt Schwarz
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    Lübke, Heinrich

    Da war diese Straße, in der wir wohnten, die Kaiser-Friedrich-Straße, Nummer fünf. Hinten ging es zum Rhein hinunter, da wollte ich immer gern hin, aber alleine durfte ich nicht. Im Nachbarhaus wohnte Regine, in einem Kellereingang. Wieso wohnten die im Kellereingang?, das wusste ich nicht. Auf der anderen Straßenseite wohnte Norbert, der mir immer komische Sachen vom "Chef" erzählte, das war der Besitzer des ganzen Häuserblocks, sein Vater war da der Hausmeister. Im Sommer saß der im Unterhemd vor seiner Tür im Hof. Was hatte der Mann für dicke Arme und so einen dicken Hals. In meiner Familie kamen nur viel dünnere Arme und Hälse vor, und im Unterhemd war gar niemand. Eigentlich besser so. Dafür lief bei Norbert immer der Fernseher, das gab es bei uns nicht. Aber großen Spaß machte das Fernsehen dort nicht. Norberts Eisenbahn war besser.

    Hinten am Ende der Straße neben der Balustrade zum Rhein lag ein riesiges Haus, eigentlich ein Schloss, mit sehr, sehr vielen Fenstern, hinter denen nie Einer zu sehen war, mit dunklen Balkonen und einem riesigen Dach aus vielen Dächern und hohen Schornsteinen darauf. Da drin war der englische Geheimdienst. Ich wusste nicht, wer oder was der englische Geheimdienst war. Peter erzählte das immer wieder, der wusste es von seinem großen Bruder. Manchmal schlichen wir uns in den Garten, in dem nie Einer war, aber es war immer so, als beobachtete uns jemand. Dann hatten wir Angst, dass uns der englische Geheimdienst fing. Wer auch immer das war.

    Hinter dem Schloss lag eine Steinterrasse zum Rhein hin, zwischen den Platten wuchs Gras und da waren Käfer, und im Boden glänzten kleine undurchsichtige Luken aus Glas. Da wohnt eine Hexe drunter, sagte Peter und schauderte. Ich glaubte das nicht, aber auf der Terrasse war es trotzdem nicht schön.

    Auf der anderen Straßenseite, hinter einem Haus mit Garten, in dem die Kinder ein sehr schönes geschnitztes Gartenhaus hatten, ging es weiter. Dort konnte man durch ein Loch im Zaun in die Nähe der Villa Schaumburg. Nicht sehr nah dran, aber immerhin, man sah sie. Hinter dem Zaun mit dem Loch drin, zwischen den Bäumen, stand eine Ruine, ein großes Haus, auch ein Schloss, das einfach hohl war. Einmal kletterte ich durch ein Fenster hinein, es war dort hell, auf dem Schutt wuchsen Büsche, neben dem Kamin mit Säulen stand ein dünner Baum und es war sehr still dort. Die Wände waren knallrot und giftgrün gestrichen, überall wuchs Moos und es roch wie im Wald.

    Weiter zur Villa Schaumburg konnte ich nicht, hinten zwischen den Büschen stand ein dicker Zaun. Der Lübke wohnte dort. Ich sah ihn da nie, aber jeder wusste, dass er dort wohnte. Was er von Beruf war, wusste ich nicht genau, irgendwas Wichtiges, das Wort Bundespräsident klang in meinen Ohren wie ein zu langer Laut aus komplizierten Silben, die ich nicht kannte. Mein Vater erklärte mir, was ein Bundespräsident war, so was wie ein König, aber gewählt. Ach so, die englische Königin hatte ich schon einmal gesehen, als sie auf der Adenauerallee hinten in einem riesigen Auto saß und komisch winkte. Wie der Lübke war sie überhaupt nicht, ihre Augen standen eng und sie hatte einen komischen runden hellgrünen Hut auf den Haaren und guckte nicht nett, obwohl sie lächelte. Aber dass ich in die Ruine geklettert war, erzählte ich meinem Vater nicht.

    Meine Eltern sagten manchmal Lübke und dann Nazizeit. Das war ein ganz graues Wort. Ich wusste, das war etwas Scheußliches, das vorbei war. Sie sprachen nie lange davon und wenn, dann nie mit mir. Aber mein Vater erzählte mir manchmal Lübke-Geschichten. Sie waren immer so ähnlich wie des Kaisers neue Kleider, nur viel lustiger. Dass er gesagt hatte, als er in Afrika war und vor vielen Leuten eine Rede halten sollte, -Meine Damen und Herren, liebe Neger. Mein Vater und ich überlegten, ob es nicht Damen oder Herren gab, die gleichzeitig Neger waren, und wir stellten fest, das war so. Dass der Lübke das aber nicht wusste, fand ich sehr zum Lachen. Und mein Vater erzählte mir, dass er neben dem Lübke stand, als der gerade auf dem Flugplatz aus einem Flugzeug kam. -Sind Sie gut geflogen?, fragte ihn jemand. -Ach danke ja, sagte der Lübke, -und wenn ein Motor kapputgeht, ist das ja nicht so schlimm, wir sind nämlich über den Nordpol geflogen und danach geht es ja immer so weiter runter bis Bonn. -Der Lübke hat das fest geglaubt, sagte mein Vater und lachte sehr darüber. Er musste mir erklären, wieso es hinter dem Nordpol nicht immer weiter runter bis Bonn ging. Ganz habe ich es nicht verstanden, aber der Lübke schien wirklich sehr wenig zu wissen und ganz schön komisch war er wohl.

    Ich saß mit meiner Mutter im Theater, es gab da das Weihnachtsmärchen, eine Prinzessin in einem starren goldenen Kleid ging über die Bühne und rief. Das war ziemlich merkwürdig. Als sie weg war, kamen Stimmen von hinten. Ich drehte mich um. -Der Lübke kommt, hörte ich. Eine dicke feine Frau rannte die Reihen entlang und flüsterte mir und anderen Kindern zu, -der Bundespräsident Lübke kommt!, und er möchte euch die Hand geben! Alle standen auf, ich guckte, und da kam ein komischer dünner Mann in einem grauen Anzug, der mir die Hand gab und mich gar nicht ansah und weiterging. -Wie war es?, fragte mich meine Mutter. -Och ja, sagte ich.

  2. #2
    Member Avatar von Nullcheckerpönky
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    Hup, Hup.
    Check ich nicht!

  3. #3
    Avatar von Benzini
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    Cohn, du unkaputtbare Ficksau, lass doch mal diesen literarischen Scheiss da oben: "da war diese Strasse". Nach was soll daS klingen? Dostojewski in der Automatenhalle? Monatelang halten alle die Schnauze, oder jammern: uuhhh,das Forum ist tot, arrgh das Forum nervt. Und dann kommt Die Harald-Schmidt-Schau und alles kriecht aus seinen Löchern. Disco Bratfisch (keine Beleidigung) alias Ignaz Wrobel (8:1 Wette]. Geschichte gut, Kommentare weniger.

  4. #4
    [Member] Avatar von bangen
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    "da war diese Strasse" ist ganz klar Deutscher Schlager.

    Ich finde die Geschichte ganz okay. Etwas unecht einfach geschrieben.

    Waren das in Bonn nicht Villa Hammerschmidt und Palais Schaumburg?

    Villa Hammerschmidt für den Präsidenten und Palais Schaumburg für den Kanzler?

  5. #5
    [Member] Avatar von Abt Schwarz
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    Benzini, freu mich auch dich zu sehen!

    Villa Hammerschmidt - ja stimmt, Bangen. Das ist fast vierzig Jahre her. - Oder? Arbeitete 'der Lübke' nicht in der Hammerschmidt und hauste nebenan in der Schaumburg? Bin gerade zu faul zum Googeln.

  6. #6
    Moderator Avatar von DonDahlmann
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    schaut kurz erschrocken auf

    Palais Schaumburg = Sitz des Kanzlers bis 1976
    Villa Hammerschmidt = Erster Sitz des Bundespräsidenten bis 1998, seitdem Zweitsitz.

    knotet wieder selbstvergessen die Haare auf seinem Bauch zusammen und schläft ein

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