Schon wieder eine Jugendbegegnung. Man koennte glauben, ich haette nach meiner Pubertaet ueberhaupt nie was erlebt, aber wahrscheinlich was ich einfach mehr Starfucker als ich jung war.
Theater Nuernberg, 1979. Ich nahm dort Ballettunterricht. Warum genau kann ich nicht so genau erklaeren. Wahrscheinlich hatte der Ballettwunsch den Ursprung in was-ich-spaeter-mal-werden-will-Debatten zwischen mir und meiner Freunding Karina, als wir ca. 5 Jahre alt waren. Sie wollte Optikerin werden, ich ‘Bestimmer’, aber den Beruf ‘Balletterin’ fanden wir beide attraktiv. Und so ging ich zum Unterricht bei einer cholerischen Dame, die immer von ihrer Vergangenheit bei John Cranko redete. Ich hatte und habe, gelinde gesagt, keinen idealen Ballettkoerper – ich kann zB kein Spagat - aber als Kind ist das ja nicht so schlimm. Und ich kriegte sogar mal ein Solo beim ‘showcase’ der Ballettschule; dies allerdings nicht, weil ich durch Talent auffiel, sondern weil ich, wenn wir nach Groesse geordent standen, genau in der Mitte war. Ich war aber Scheisse, weil man mir versaeumt hatte zu sagen, dass man beim Tanzen nicht dauernd auf den Boden starren sollte. Es ist mir ein voelliges Raetsel, warum ich das Getanze fortsetzen wollte, nachdem wir nach Nuernberg gezogen waren. Die Ballettmeisterin war kuerzlich vom ‘Erwachsenenballett’ suspendiert worden, weil sie zu sadistisch war, durfte aber dafuer das Kinderballett leiten. Man musste alberne rosane Trikots mit Tütüpuscheln tragen und musste zu dem einbeinigen Pianisten immer im Chor ‘Dankeschoen Herr Sowieso’ sagen.
Ich habe eigentlich nur einen Triumph gehapt: wir mussten, weil wir gaaar nichts verstanden, zur Strafe franzoesische Terminologie in unsere Hefte schreiben. Eine Klassenkameradin hatte keine Ahnung, wie man nun ‘Pas de Chat’ (Katzenschritt) schreibe und schrieb (‘ist eh wurscht..’) ‘Patscha’. Ich versuchte ihr, wohl mit einer gewissen Ueberheblichkeit, zu erklaeren, wie’s denn richtig sei, wurde aber von Rosa Klebb, Verzeihung, der Ballettmeisterin angeschissen, weil ich mich ueber die Unkenntnis meiner Mitschuelerinnen lustig machte. Ich musste mein Heft abgeben, weil sie mich ob meiner eigenen Fehler demontieren wollte. Ich hatte aber fast alles richtig, weil ich ein Klugscheisserkind war und Fremdsprachen konnte.
Eines Tages kam ich aus der Ballettstunde, und es war ein grosser Auflauf beim Pfoertner. Erst sah ich nur Putzfrauen (echt) und als Nonnen gekleidete Damenstatisten (schon wieder Nonnen-Statisten – dass das mal bloss kein Leitmotiv wird…), aber dann sah ich Freddie Quinn inmitten der Menge; ebenfalls in einem religioesen Outfit. Mir fiel ein, dass Freddie die Hauptrolle in einem Musical hatte; der Titel war eigentlich ganz toll: Himmel, Arche, Wolkenbruch. Die Mutter von Gerhilde, einer Freundin meiner Mutter, hatte aber gesagt, dass sie den Titel vulgaer faende. Ich schob das darauf, dass sie in Gunzenhausen wohnte und wohl ein sehr behuetetes Leben fuehrte (meine Mutter fluchte furchtbar viel; ‘Arsch’ war eigentlich eine ihrer wohlwollenderen Bezeichnungen, und auch meine Oma sagte immer ‘Ich sag’ Scheisse – und wenn der Papst daneben steht!’).
Ich war gespalten, weil ich Freddie Quinn eigentlich ganz schoen bloed fand, aber gegen den Enthusiasmus der Menge nicht immune war (ich habe jetzt dreimal versucht, dem automatischen spell corrector, das ‘e’ am Ende auszureden, aber er macht nicht mit. Achmed, mein eigener Laptop, ist naemlich in Behandlung.) Also stellte ich mich auch fuer ein Autogramm von Freddie an; er hatte immerhin seine eigenen Autogrammkarten dabei. Vor mir eine hyperventilierende Nonne. Freddie war eigentlich OK und schrieb mir sogar eine persoenliche Widmung. Ich nahm die Autogrammkarte am naechsten Tag mit zur Schule. Einige waren beeindruckt, aber ich redete wohl ein bisschen zuviel von meinem Autogramm, weil Katharina irgendwann sagte Freddie ‘sei wohl mein Verliebter’. Dieser Verdacht beunruhigte mich ungemein, und ich redete nie wieder von meinem Autogramm, obwohl es immerhin Teil meiner Sammlung war, die hauptsaechlich aus gedruckten Autogrammkarten aus Bravo bestand. Ich erinnere mich mit Schaudern, dass es hinten auf diesen Karten Raum zum Eintragen persoenlicher Notizen gab. Wenn ich mal mutiger oder besoffener bin als jetzt, verrate ich vielleicht, was ich hinten auf Udo Lindenbergs Autogrammkarte stehen hatte.
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