„Schau mal, da ist Vadim Glowna.“ Ein Bus hält an der Haltestelle, ein älterer Mann steigt ein, der Bus fährt ab.
Es gibt eine Linie 105, Endstation Schnelsen/Kalvslohtwiete. Nur fährt sie nicht am Alma-Wartenberg-Platz vorbei. Und überhaupt: Hier ist keine Bushaltestelle. Blöder Ort für eine Haltestelle, by the way. Der Bus hält in einer Kurve, das machen Busse sonst nie. Und wirklich bleibt der Bus nach ein paar Metern stehen, jemand ruft. „Dankeschön, sehr gut, gleich noch mal.“ Vadim Glowna steigt wieder aus, der Bus fährt an, um ein paar Häuserblocks, hier ist Einbahnstraßengewirr, er braucht seine Zeit, bis er wieder an der Haltestelle vorbei kommt und Glowna ein weiteres Mal einsteigen lässt. Und noch mal. Und noch mal.
„Das ist doch sicher ein Werbespot für den HVV“, meint M. Nein, es ist keiner, der Mensch macht für Geld vieles, aber einen Werbespot für die Verkehrsbetriebe? Das nun doch nicht, gleich ein weiteres Mal nicht, wenn er Vadim Glowna heißt. Ein Kinofilm wohl auch nicht, also: Die drehen hier einen Fernsehfilm, an diesem brüllend heißen Spätnachmittag, an dem Vadim Glowna am Alma-Wartenberg-Platz in einen Bus steigen muss, der hier in Wahrheit gar nicht fährt.
Für mich wäre das nichts, immer wieder dieselbe Szene, von vorn, noch mal von vorn. Ist doch egal, ob Glowna die Stufen zum Bus auf einmal nimmt oder stolpert. Noch mal. Es ist nicht egal. Wir witzeln, jetzt läuft alles perfekt, und dann rennen wir zum Bus und halten die Szene auf, hihi. Noch ein Sekt?
Der Bus steht in einer Seitenstraße, das Filmteam baut ab. Anscheinend lief zuletzt alles zur Regisseurszufriedenheit, schön. Das Ensemble sitzt auf dem Platz, trinkt Wasser, flirtet, unterhält sich. „Schau mal, Glowna sitzt ganz abseits.“ M. ist mitfühlend. „Ist doch traurig, dass niemand mit ihm redet. Warum spricht er nicht mit der jungen Frau neben ihm?“ Die Frau ist ungefähr eine Generation jünger, so ziemlich alle sind hier jünger als Glowna, worüber sollten sie mit ihm reden? „Jetzt wäre das auch geschafft, und, was machen sie jetzt mit dem angebrochenen Abend?“ Fast fallen wir kichernd vom Stuhl, da dreht sich Glowna um. Er hat uns die ganze Zeit zugehört, er sieht: eine Gruppe alberner, junger, verschwitzter Medienidioten, an einem brüllend heißen Nachmittag auf dem Alma-Wartenberg-Platz in Hamburg-Ottensen.
Lesezeichen