Sonntag. Wir haben ein paar Stunden am Elbstrand gelegen, es war dort ziemlich sehr wie am Mittelmeer, und als das Licht rosa und später violett wurde und die Luft windig, gingen wir woanders hin.
Also, die Mitternacht rückt näher. Hofukusochi und ich stehen vor dem "Thier", einer ziemlich clöbbigen und dabei angenehmen Bar im Schanzenviertel und halten Ausschau nach den Uffels. An einem der Tische, die noch nicht beiseite geräumt sind, denn es droht die Mitternacht, hocken zwei hagere Menschen mit karierten Hemden und langen Zottelhaaren, die sich nett und laut unterhalten. Ihre Stimmen krähen hell. Ich verstehe nicht richtig, es sind nur so Gesprächsfetzen, jaa kommste dann, och da waaa doch was. Man muss und sollte nicht wirklich hinhören. Zum Glück kommen hinten unter dem Nachtrauschen der Linden zwei Schatten näher, die Uffels. Also drängt man sich ins "Thier" und führt das Gespräch von der Elbe fort - das Leben ist kurz und man hat doch so viel zu sagen.
Irgendwann muss ich aufs Klo, da ist eine enge Treppe zum Keller, und dort steht die Hitze des Tages zum Schneiden. Orphische Urlaute dringen aus dem Gelass. Der Raum vor dem einzigen Becken ist versperrt, es ist der im blau karierten Hemd, er würgt geräuschvoll, unterbricht sich mit Rufen wie aaach und nööö. Zum Glück ist da noch ein winziges Kabinett für mich übrig und ich rufe ein "Gute Besserung" hinüber, als ich die Tür schließe. "Och jeee, danke du, ich weiß gar nicht, was ich hab", kommt es zurück. "Vielleicht hast du dir was eingefangen?" frage ich und starre auf die Schüssel vor mir, die Spuren drin, die gestockte Hitze, die Geräusche von nebenan, ich denke mit Gewalt an silberglitzerndes Elbwasser, es hilft. "Kooomisch, aaach ääächz, ich hab nicht so viel getrunken und so, gegessen eigentlich auch nix, glaubst du, ich hab mir was ääächz eingefangen?" kommt es zurück. Ehe ich was antworten könnte, macht der Herr wieder seine Geräusche und ruft Laute zwischendrin. Ich konzentriere mich auf das Glitzern der Elbe nach Westen zu, wo die Ferne richtig fern ist. Als ich rausgehe, ist da Keiner mehr. Besser so.
Oben am Tisch sprechen sie von jemandem, ich verstehe den Namen nicht, aber dann doch. Aaach so - die Achtziger. Hab ja keine Ahnung. Ich versuche, nicht durch die Scheibe nach draußen zu gucken, wo er wieder an seinem Tisch hockt, ziemlich krummschulterig jetzt.
Mitternacht! Hofukusochi hat Geburtstag. Es gibt Sekt und gute Wünsche. Bis hundertzwanzig.
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