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Thema: ein abend bei arthur cohn

  1. #1

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    ein abend bei arthur cohn

    Ja, ich gebe zu, dass ich gerne "Bunte" und "Gala" lese und die Kommentare unter den Fotos studiere, und ja, ich gebe zu, dass mir das Herz bis zum Halse schlug, als mir eine befreundete Produzentin in Ermangelung eines Ehemanns verschlug, sie zu einem ungezwungenen Empfang für 200 Gäste bei Arthur Cohn in Basel zu begleiten.
    Wahrscheinlich hätten die meisten Pappen eine solche Einladung souverän abgelehnt, weil unter Niveau und lächerlich, aber ich bin nun mal nicht cool und freute mich wie ein Kind.
    Also Warnung an alle kritischen Geister: Bitte nicht weiterlesen! Dies ist ein unreflektierter und vor allem unzynischer Girlie-Report!

    Die Kleiderfrage hatte ich schon am Abend vorher gelöst: schwarzes Kleidchen, mit dem man nicht allzu falsch liegen konnte und die High Heels, die ich mit Bettyford erstanden hatte. Ich war schon Stunden vorher parat und ging in der Wohnung auf und ab, um den Gazellengang 8cm über Boden zu üben, während ich am Fernsehen den Fortgang der Tour de France-Etappe verfolgte. Eine Stunde vor Abfahrt fing es an zu regnen, es goss wie aus Kübeln - unvorstellbar, den Abend im Sommerkleidchen zu überstehen, also trat ich den Gang nach Basel im Mantel und mit einer Plastiktüte, in der die High Heels lagerten, an.

    Ein unauffälliger Neubau. Keine Bodyguards am Eingang, keine Fragen nach Einladungskarten, nur ein älterer, niedlicher Herr, der uns zum Lift führt. Wir fahren 11 Stockwerke hoch und treten direkt in eine Wohnung voller Menschen. Eine Frau mit Sonnenbrille begrüsst uns mit starkem Akzent und gibt uns die Hand, es ist Arthur Cohns Frau, die extra aus Israel angereist ist. Keine Zeit, Schuhe zu wechseln. Nun denn, Stiefel sind auch schöne Schuhe. Ich lasse die Plastiktüte unauffällig zu Boden gleiten. Den Mantel behalte ich an.
    Die Wohnung ist vollgestopft mit Kunst und rosafarbenen Sofas, in einer Vitrine sind die 6 Oscars, die Bären, Löwen, Rosen und wie die Preise sonst noch alle heissen, ausgestellt, und U-förmig um die Wohnung legt sich ein ca. drei Meter breiter Balkon, auf dem Menschen stehen und Champagner trinken. Es handelt sich vor allem um Pärchen um die 60, der berühmte "Basler-Teig", ich bin eine der Jüngsten. Ein alter Mann mit ungesunder Gesichtsfarbe stolpert auf uns zu. Ich strecke reflexartig den Arm aus, um ihn aufzufangen. Es ist Gunther Sachs, der mir dankbar zuächelt und murmelt, er suche das Klo.
    Wir betreten den Balkon, und da sind sie alle, die Stars und Halb-Stars. Neben mir Tina Turner, in ein blaues Taft-Kleid gezwängt und von ihrem unsympathischen Ehemann bewacht, der dauernd vor sich hin schimpfend die Aschenbecher um sie herum entfernt. Sie unterhält sich mit einer Frau, die viel zu laut lacht, wann immer sie was sagt. Obwohl sie so laut lacht, schaut sich die Frau immer wieder um, sie sucht einen Fotografen, der sie zusammen mit Tina Turner ablichten soll. Die Fotografen sind leicht zu erkennen, sie sind schlecht angezogen, haben einen unglücklichen, gestressten Gesichtsausdruck und schwitzen. Tamilen balancieren Tabletts mit Sushi und Lachsbrötchen, sie sind viel zu klein für den Job und müssen ihre Arme weit über ihren Kopf strecken, während sie einen mit devotem Gesichtsausdruck anlächeln, als mache man ihnen eine spezielle Freude, wenn man ein Häppchen vom Tablett nimmt.
    Um jeden Promi scharen sich Fotografen und Verehrer. Thomas Gottschalk, mit weisser Sonnenbrille und weissem Anzug, erstaunlich jungaussehend, er telephoniert oft, Roger Federer, händchenhaltend mit seiner Freundin, Géraldine Chaplin, die mir bis zum Brustkorb reicht und wahrlich nicht geliftet ist, Martina Hingis am Posen mit ihrem Golfer-Freund, sie ist so unscheinbar, dass ich zweimal hinschauen muss.
    Dann werde ich Arthur Cohn vorgestellt, ein alter Mann in schlecht sitzendem Anzug, seine gefärbten Haare stehen weit vom Kopf ab, wie ich es aus der "Gala" kenne, er mustert mich kurz und intensiv, ein Mann mit Röntgenblick, ich sage sowas wie "Danke, dass ich hier sein darf", er nickt und wendet sich ab, weil er gesehen hat, dass Mario Adorf auf dem Trockenen sitzt.
    Mittlerweile hat sich das Durchschnittsalter der Gästeschar gesenkt, weil die Spieler des FC Basel aufgekreuzt sind. Cohn ist schliesslich ein wichtiger Sponsor. Sie bewegen sich unbeholfen in ihren Italo-Anzügen, haben viel zu viel Gel in den Haaren, und nur wenige von ihnen reden Deutsch, ein Pflichtauftritt.
    Ich finde mich wieder zwischen einem Bundesrat und dem Trainer des FC Basels und rede mit ihnen über das, wer hätte das gedacht, Wetter, als auch schon der Aufbruch angekündigt wird, indem die Tamilen Süssigkeiten servieren.
    Thomas Gottschalk telephoniert immer noch, Mario Adorf kippt einsam sein Glas Rotwein, die Fotografen sind müde, die Wohnung leert sich. Ich pilgere nochmals zur Vitrine, in der die sechs Oscars ausgestellt sind, sie glänzen wirklich so wie man es sich vorstellt.

    Beim Rausgehen drücke ich wieder die Hand von Frau Cohn, vor dem Haus stehen Taxis, natürlich alle auf Kosten des Gastgebers, zwei Stunden dauerte der Spuk.


    Geändert von seltzer (13.08.2003 um 05:45 Uhr)

  2. #2
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    Auch oder gerade weil das fast genau so ist, wie ich mir das vorgestellt habe, so einen Promiempfang, jedenfalls in der Schweiz (hier mehr Bodyguards, Polizei vor dem Haus), vielen Dank für die Berichterstattung! Gab's denn einen Anlass? Und wie alt war die eingeflogene Gattin (circa)?

  3. #3

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    Anlass war die Eröffnung der Kino-Openair-Saison in Basel. Nach dem Empfang wurden die Gäste zum Münsterplatz gekarrt, wo ein von Cohn produzierter Film gezeigt wurde.
    Seine Frau ist undefinierbaren Alters, ich schätze mal um die 60, sie trägt wegen eines Augenleidens immer eine Sonnenbrille und lebt seit Jahren in Israel.

  4. #4
    Member Avatar von Sabeta
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    ich möchte nur noch solche berichte lesen. bitte seltzer, schreib das ganze nochmal, nicht weil du es da oben schlecht gemacht hast, ganz im gegenteil, sondern weil ich mehr davon lesen möchte. und die fiesen details bitte diesmal nicht auslassen.

  5. #5
    Member Avatar von MissJuni
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    Mit Mario Adorf auf einer Party. Ich beneide Sie. Ich habe mal ein(e) Konzert/Lesung mit ihm gesehen und er wirkte sehr hilflos auf der Bühne, so ganz ohne Regisseur. Danach war ich ein wenig traurig, weil ich ihn mir stärker und selbstsicherer vorgestellt hatte. Und nun schreiben Sie, dass er einsam sein Glas Rotwein kippte. Das geht mir ans Herz.

    Hab die Geschichte sehr gerne gelesen. Dank.
    don't let yourself go, cause everybody cries

  6. #6
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    Was ist nur mit den Schuhen in der Plastiktüte passiert, die so unauffällig neben der Vitrine mit den Oskars plaziert wurden?

    Stehen die immer noch in dieser Wohnung und beobachten alles?

  7. #7
    attention whore
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    Ich will auch mehr. Und niemand passt besser auf eine solche Veranstaltung als seltzer.

    Erstaunlich finde ich immer die Zusammenstellung der Prominenten, Tina Turner, Mario Adorf, Thomas Gottschalk, das ist wie bei der Sesamstrasse, wo eines nicht zu den anderen passt, also hätte es nicht Mario Adorf, Armin Müller Stahl und irgendein deutscher Bond-Bösewicht sein können?

    Zu Tina Turner müssen dann Joan Collins und Arethe Franklin kommen und zu Gottschalk dann Otto Waalkes und noch jemand Blödes.

  8. #8
    Avatar von Aporie
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    Nach der Lektüre dieses präzisen Berichtes habe ich in der Hoffnung auf mehr sofort mein Gala-Abonnement gekündigt.

  9. #9
    It's so boring at the top. Schöner Bericht.
    Nur mal so.

  10. #10
    Avatar von Larry Erbs
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    Gunter Sachs lebt noch? Interessant. Gibts denn Seltzerfotos in der nächsten Bunte? Beim googlen was denn der Basler Teig sei bin ich auf dieses seltsame Rezpt gestossen: Basler Dybli im Regenmantel. Mischtgratzerli! (?)

  11. #11
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    liebe frau seltzer, da ist doch noch mehr drin! was trug tina? wer hat aufs jacket gekleckert und wer hat wem unsittlich ans hinterteil gepackt? wer war betrunken und welcher fc-spieler hatte nicht nur gel im haar? von wem wollten sie sooo gerne eine autogramm, haben sich aber nicht getraut? nun lassen sie doch mal diese eidgenössische zurückhaltung und arbeiten sie an ihrer zweitkarriere als gala-reporterin.

    im übrigen habe ich langsam den schweren verdacht, dass sie es vielleicht sind, die mir im el greco immer die gala vor der nase wegschnappt.

  12. #12
    Member Avatar von Sabeta
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    camp cogito, das, was sie da einklagen ist trauriger bunte-stil. nach einem autogramm fragen ist das uninteressanteste, was ich mir vorstellen kann. was macht man dann mit dem autogramm? in die schublade legen und nach einem jahr ins altpapier. das machen rentner auf der internationalen funkausstellung, aber keine seltzerinnen, die zu einer privaten prominentenveranstaltung eingeladen wurden.

    der satz „da ist doch noch mehr drin“ ist uneingeschränkt peinlich.

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