Flughafen München - Senator Lounge.
Ein unguter Ort ist das. Ich saß auch nur dort, weil die Firma für die ich in die Luft gehe, sich derart oft über Lufthansa ärgert, dass der einzige Weg hierfür eine gewisse Kompensation zu erlangen darin besteht, in besagter Lounge möglichst viele der kostenlos gereichten Brez'n, Gemüsefrikadellen, Martinis, und Rotweine einzunehmen. Hinterher nehme ich immer noch 10x die FAZ und 5x die Süddeutsche und 8x den Focus und schmeiße diese subito nach Verlassen der Lounge in den Müll.
Ich sitze dort und im MD-Player rotiert "Return of the Roughnecks", eine Chameleons-Best-Of. Durch den elegischen Opener "Silence Sea and Sky" tönt - trotz hochwertiger Kopfhörer- die unangenehme Stimme von Franz Beckenbauer. Ich schaue nach links. Da sitzt tatsächlich Beckenbauer.
Er trinkt Kamillentee und telefoniert über Freisprechanlage. Männer, die mit Freisprechanlage telefonieren sind ebenso zu verachten, wie Frauen, die aufdringliche Melodien als Klingelton eingestellt haben. Beckenbauer nestelt am Kabelmikrofon rum und labert Müll hinein. Ich verstehe nur Fetzen wie "dös könn mer echt net durchgehen lassen". Vorsichtig nippt Beckenbauer immer wieder am zu heißen Kamillentee. Er beendet das Gespräch und legt sein Handy beiseite.
Jetzt schnappt er sich die Bild-Zeitung und fängt an zu blättern. Beckenbauers Visage, so ganz nah neben einem, das ist ziemlich scheiße. Ihm wachsen die ersten Haare aus den Ohren, er hat sich am Hals etwas hastig rasiert, eine kleine Schnittwunde mit Blutkruste. Als Rasierwasser hat er heute morgen XERYUS von Givenchy gewählt. Natürlich das falsche. Es gibt nämlich zwei, einmal das normale, und einmal das Gute, das sogenannte "XERYUS ROUGE", welches nachgerade zyklusverändernd wirkt.
Ich muss es einfach so sagen. Dieser Mann ist von vorne bis hinten blass. Ich will weg hier. Stehe auf, und gehe ganz nah an ihm vorbei. Mein Blick fällt auf sein Handy-Display: "T-D1". Na sieh mal an. Das ist ja interessant.
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