Gerade hab ichs gelesen, Wolle Kriwanek ist tot. Gestern ist er gestorben, stand bei Spiegel online.
So was.
Ich habe Herrn Kriwanek mal kennengelernt.
Im Sommer 1993 veranstaltete unsere Schule in Zusammenarbeit mit dem Lions-Club einen Abend, der dazu gedacht war, uns jungen Menschen ohne Halt und Orientierung verschiedene Zukunftsperspektiven schmackhaft zu machen. Zu Beginn der Veranstaltung wurden Reden geschwungen und Brezeln gegessen, danach hatten wir Schüler die Möglichkeit, uns von Experten in Kleingruppen verschiedene Berufszweige vorstellen zu lassen.
Journalist wollte ich schon immer werden (bis zu meinem Praktikum in Peking, aber das ist eine andere Geschichte). Also ging ich zu dem dafür vorgesehenen Experten. Den Namen habe ich leider vergessen, aber ich weiß noch genau, daß er Sport-Redakteur bei der Bildzeitung war. Also genau mein Ding. Damals war mir noch nicht ganz klar, daß auch Sportredakteure Journalisten sind, daher ignorierte ich den netten Herrn vom Lions-Club voll und ganz und freute mich auf das zweite Treffen.
Musik war mein Hauptfach und das Berufbild "Musiker" konnte ich mir damals noch ganz gut für meine eigene Zukunft vorstellen, also hatte ich mich nach dem Journalistenflop für den Berufsmusiker entschieden. Ich betrat den Raum und wunderte mich.
Der geladene Berufsmusiker war also Herr Wolle Kriwanek. Ein Stück von ihm kannte ich sogar: "Stroßaboh". Ich neunzehnjährige klavierspielende Schülerin sollte mir nun erzählen lassen, wie man ein erfolgreicher "Schwabenrocker" wird? Mein Schwäbisch war jedoch eher mangelhaft, ebenso meine Fähigkeiten, auf dem Piano "abzurocken". Aber es ging ja hier wohl eher um einen größeren Zusammenhang.
Also blieb und lauschte ich. Er war echt nett.
Er erzählte uns sein Leben (er war nämlich nicht nur Musiker sondern auch Sonderschullehrer und - Musikjournalist, der in der Sonntagsausgabe der Stuttgarter Zeitung Newcomerbands vorstellte) und beantwortete freundlich alle Fragen.
Ich erzählte ihm in meiner (damals) vorlauten Art von einem Konzert meiner Freunde (die anstrengenden Jazz machten), das ein paar Tage später in Stuttgart stattfinden sollte. Ich schrieb ihm den Termin nochmal auf und - tatsächlich, er kam zum Konzert. Wir unterhielten uns dort sehr nett, ich war richtig nervös. Schließlich war er ja meinetwegen gekommen, irgendwie.
Für einen Prominenten war er wirklich sehr aufmerksam.
Seltsam, ich habe bestimmt neun Jahre lang nicht mehr an Wolle Kriwanek gedacht, doch die Nachricht von seinem Tod macht auch mich traurig.
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