Vor ein paar Tagen, am Donnerstag war es wohl, wollte ich endlich mal das neue Dosenpfand ausprobieren. (Oder heißt es „den“ Dosenpfand?) (Na, egal.) Ich hatte großen Durst und wollte, für unterwegs, eine kleine Plastikflasche Mineralwassers kaufen, nach Möglichkeit ohne Kohlensäure. Weil ich gerade am Prager Platz war, ging ich dortselbst in den Keller zu Reichelt, wo sich, noch vor dem Eingang zum Lebensmittelladen, auch ein Thürmann Backwaren-Stand befindet. Dessen ansichtig geworden fiel mir ein, dass ich auch etwas Essbares vertragen könnte, also eilte ich (denn eigentlich war ich in Eile) noch kurz zum Brotstand.
Dort nun stand vor mir in der Schlange Manfred Lehmann; was sage ich, er WAR die Schlange, denn außer uns beiden und der einen Bäckereifachverkäuferin war niemand dort, jedenfalls nicht stehend. Herr Lehmann, den ich vor allem seiner Synchronleistungen wegen (nicht nur für Bruce Willis) durchaus zu bewundern wage, trug eine schwarze Lederjacke, bestätigte die Binsenweisheit, dass im Fernsehen niemand so groß aussieht, wie er wirklich ist, war braungebrannt als käme er gerade aus dem Urlaub, und wollte, wie es aussah, vor Ort Kaffee trinken. Oder Tee. Thürmann unterhält dort, im Keller vor Reichelt, nämlich auch einige Tische, an denen man verzehren darf, was man selbst am Tresen sich geholt hat. (Brauchen die dann eigentlich nicht auch Toiletten? Die habe ich noch nie... na, egal.) Herr Lehmann also bestellte folgendes: Einen Früchtetee, einen Kaffee –„Milch und Zucker?“ „Bitte?“ „Milch und Zucker? Für den Kaffee?“ „Ja, danke.“– und eine „Brandenburjer Apfelschnitte“. Es wäre leicht, der Versuchung zu erliegen und zu schreiben: „Er sagte mit der Stimme von Bruce Willis“ – doch lehne ich dies ab, denn 1. hat Herr Lehmann keine andere Stimme und 2. klang er durch sein irgendwie leichtes, jedoch keineswegs proletenhaftes Berlinern, nun entschieden weniger wie Bruce Willis. Unverkennbar natürlich schon, aber eben mehr Lehmännisch als Willisch.
Obwohl ich es gleichsam angenehm wie eigenthümlich fand, neben jemand, dessen künstlerische Leistung ich so sehr schätze, um schnöde Nahrungsmittel anzustehen, wurde ich langsam unruhig, denn der Verkaufsvorgang zog sich hin. Ich möchte betonen, dass Herr Lehmann daran absolut unschuldig war! Die Bäckereifachverkäuferin brauchte erstaunlich lange, um zwei Tassen mit Getränken zu füllen und ein Stück Kuchen auf einen Teller zu packen. Weil ich ja noch was vorhatte, riß ich mich irgendwann abrupt los, um zumindest den Getränkekauf zu erledigen. Da sämtliche Reichelt-Angestellten schneller sind als die bei Thürmann, sah ich beim (bepfandeten) Verlassen der gelben Regalreihen noch, wie Herr Lehmann an einem der Tische Platz nahm. Er war offenbar in Begleitung einer Dame und eines bekindeten Kinderwagens. Aus der Entfernung konnte ich nicht erkennen, wer den Früchteteee und wer den Kaffee verzehrte, auch für wen der Kuchen bestimmt war, werde ich nun nicht mehr erfahren. Aber das macht nichts. Ich kann jetzt behaupten, dass ich einst mit Bruce Willis Brötchen kaufen war. Obwohl Bruce Willis gar nicht da war. Und Brötchen haben weder Herr Lehmann noch ich gekauft. Aber, und darauf kommt es an: Es lässt sich unglaublich gut ins Gespräch einstreuen. Und so ganz verkehrt ist es ja auch nicht.
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