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Thema: Shikaki, Fatih (Interview mit einem Terroristen)

  1. #1
    Member Avatar von Bettinescu Bucuresti
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    Ein Dokumentarfilm hatte mich nach Syrien gebracht, das war 1993 und ich in meiner jugendlichen Naivität stellte fest: Hier gibts ja Leute, die sehen aus wie bei uns zu Hause, genauso gekleidet, gleicher MTV Style. Ich nannte sie die 'modern orientals' und fuhr daraufhin drei Monate nach Damaskus, um diesen 'modern orientals' meine ethnographische Feldforschung zu widmen. Damals nahm eine Fachdiskussion um 'Globalisierung' ihren Anfang, die nie ein Ende nehmen sollte und ich mußte, in meiner Wohnung in Damaskus hausend, feststellen, daß die orientals vieleicht ähnlich aussehen, aber gar nicht dazugehören wollen. Vielmehr bekam ich von ihnen zu hören, daß ja die saudischen Scheichs das Design bei Mercedes bestimmen, denn die hätten das meiste Öl und Geld und überhaupt den größten Einfluß auf die westliche Welt. Während ich des Nachts meine stundenlangen Interviews mit Teppichhändlern, Jungfrauen, Puff-Besitzern und armenischen Werbern abtippte, schaute die Muhabarat, der syrische Geheimdienst, ungeniert mit dem Fernglas zum Fenster herein. Es waren stets dieselben Männer, die mir morgens auf der Straße begegneten, die mich beim Bäcker freundlich in der Schlange begrüßten, die im Bus hinter mir und im Cafe am Nachbartisch saßen, die wußten, wann ich meine Tage hatte und was ich am Liebsten aß und die mir jetzt freundlich von Fenster zu Fenster zuwinkten. Sie sprachen mich auf der Straße auf deutsch an, mit den Worten: 'Gelernt bei Goethe-Institut'. Tatsächlich aber hatten sie einige Jahre bei der Stasi hinter sich und das war immer noch ein Grund, Deutsche für gut und gefährlich zu halten.
    Meine Interviewpartner wurden nach einem Treffen mit mir regelmäßig ins Ministerium der Muhabarat gerufen, um Bericht zu erstatten und es war kaum verwunderlich, daß ich bald keine Interviewpartner mehr fand. Es kamen nur noch diejenigen, die vermuteten, daß ich selber vom Geheimdienst angestellt sei und die kamen zu mir in dem Glauben, eine Pflicht zu erfüllen. Sie antworteten grundsätzlich mit 'ja' und 'nein' und auf Fragen wie: 'Willst du was trinken?' mit 'Ich weiß nicht'.
    Ich wurde erst für eine polnische, dann für eine russische Prostituierte gehalten, doch als sich auch das als Fehlschlag erwies, kam schließlich einer, der mich für den Geheimdienst anwerben wollte. Er war Journalist und arbeitete bei einer arabischen Wochenzeitung mit Sitz in London. Er hatte Verbindungen zu allen 'wichtigen' Leuten im Land und wollte, daß ich mal ein gescheites Interview mache, als erste und einzige deutsche Journalistin, mit jemandem, der durch mich hindurch in einer deutschen Zeitschrift sprechen sollte: Fatih Shikaki, der Leiter der islamischen Dschihad-Bewegung. Er hatte mehrere hundert Leute auf dem Gewissen; daß er von Damaskus aus Selbstmordattentate in Israel organisierte, hatte ihn zu einem Celebrity werden lassen.
    Ich wurde nachts um 2:00 Uhr geweckt. Vor dem Haus stand ein Mercedes. Wir fuhren in das palästinensische Viertel. Als die Palästinenser 1958 aus Israel emigrierten, dachten sie, sie blieben für fünf Wochen. Es wurden 50 Jahre daraus. Aus einer Zeltstadt entwuchs ein Labyrinth aus Lehmbauten, Straßen ohne Namen, wer die Zeichen nicht lesen kann, findet seinen Weg nicht mehr zurück.
    Wir fuhren durch enge Gassen und hielten vor einem Gemüseladen. Als der Betreiber uns kommen sah, schloß er sein Geschäft und führte uns in demselben Haus die Treppe hinauf. Ich wurde von dunkelbärtigen Männern in ein Hinterzimmer geführt, keiner sprach ein Wort, keiner reichte mir die Hand. Hinter einem riesigen Spiegelglastisch saß Herr Schikaki wie ein Minister und betrachtete mich mitleidsvoll: Was hatte diese junge Blonde wohl ins Feindesland verschlagen? Er hatte gerade Besuch von einem 'Professor aus Amerika' und bevor ich mich mit meinem Aufnahmegerät und meinem Fotoapparat setzen durfte, sollte ich zunächst die Wand fotografieren. Dort hingen Bilder von Selbstmordattentätern hinter Wechselrahmen aus Glas. 'Die Fotos werden schlecht', sagte ich, 'weil der Blitz durch das Glas reflektiert wird'. Ich solle fotografieren, bedeuteten sie mir, sie vermuteten eine Pistole in meinem Fotoapparat. Ich konnte nicht wissen, daß sie mit eben einer solchen Waffe Jahre später einen ihrer Feinde ermorden würden. Fatih Schikaki saß vor einer Mauer aus Büchern, die genauso ungelesen aussahen, wie die Bücher, vor denen sich heute Bin Laden fotografieren läßt und das einzige Zitat, das er im Interview erwähnte, war die 5. Sure des Korans, aus der hervorginge, daß die panarabische Nation eines Tages die Welt beherrsche und jeder, der den Weg dafür ebne, im Jenseits mit Jungfrauen und Leckereien bedacht würde. Die ganze Palette breitete er vor mir aus, mir sollte das Wasser im Munde zusammen laufen vor Eifersucht auf das, was Ungläubigen entgeht. Ich versuchte, diese Menschen zu verstehen, wie es überhaupt das ganze Anliegen meines Besuches und meines ethnographischen Studiums gewesen war; fremden Lebensläufen eine Gemeinsamkeit abzuringen. Herr Schikaki war aus Palästina nach Syrien emigriert, um von hier aus mehr Einfluß zu üben. Hinter ihm und vor der Bücherwand thronten fünf Faxgeräte, die unaufhörlich klingelten. 'Das ist meine moderne Waffe', sagte er und zeigte stolz auf die Geräte. Per Fax überredete er seine Anhänger, sich selber umzubringen. Und das mit Leidenschaft. Das Zentrum des islamischen Dschihad erweckte den Eindruck eines geschäftigen Büros, auch jetzt noch, mitten in der Nacht, in der die übrige Welt zu schlafen schien, doch für gläubige Muslims war es nicht mehr lange hin bis zum Morgengebet. Shikaki nahm sich Zeit für jeden Einzelnen. Wie ein Psychiater fand er für seine 'Beauftragten' spezielle Worte und Redewendungen. Handschriftliche Briefe, seitenlang, wurden in die Faxgeräte geschoben. Sie erinnerten an Liebesbriefe, die den Einzelnen aus seinem traurigen Schicksal erlösen und ihn in einen größeren Sinnzusammenhang aus Liebe und Verantwortung für eine bessere Zukunft einbinden. Ich könne das auch haben, wenn ich wolle, meinte er, ich könne Liebe gut gebrauchen, die kalte kapitalistische Gesellschaft könne mir auf vieles keine Antwort geben, das sähe er in meinen Augen... ich konnte ihm nicht direkt widersprechen.
    Wenn Fatih Schikaki auf seine Faxe keine Antwort mehr erhielt, dann war das ein gutes Zeichen. Über die Medien erfuhr er dann, wie sich seine Schützlinge 'gemacht' hatten.
    'Wir haben Freunde überall in der Welt', sagte er. 'Wir haben nichts mehr zu verlieren. Die Leute warte darauf, daß ihnen die Ehre zu teil wird, daß sie endlich so weit sind, daß es losgeht und sie sich umbringen dürfen. Und unser Netz ist International.'
    Ich hielt ihn für einen Angeber und Übertreiber. 'Hier', sagte er und deutete auf den Professor aus Amerika, 'er ist Professor an einer amerikanischen Universität und keiner weiß, daß er für uns arbeitet'. Ich warf einen Blick auf den bebrillten Mann. 'Jetzt ist genug', sagte der auf arabisch und ich wurde wieder weggeschickt.
    Zurück in Deutschland fielen mir in Frankfurt diese dunkelbärtigen Araber in teuren Mercedessen auf, sie schienen plötzlich an jeder Ampelkreuzung zu stehen. Als Fatih Schikaki drei Monate später vom israelischen Geheimdienst nach einem Treffen mit dem ehemaligen sudanischen Staatspräsidenten Turabi auf Malta umgebracht wurde, war ich nicht besonders erstaunt. Der amerikanische Proessor trat seine Nachfolge an. Er kündigte den Job an der Universität in den Staaten auf, denn er hatte einen 'sinnvolleren' in Syrien gefunden. Ich war mir sicher, daß ich weiterhin vom Geheimdiest beobachtet wurde: Meine Telefonate wurden abgehört, mein Briefkasten wurde regelmäßig mit Klebstoff zugeklebt, meine Wohnungstür ebenfalls, sie mußte öfter aufgebrochen werden. Ich durchwühlte meine eigene Wohnung nach den Interviews und den Fotos. Doch weder in den Fotos, noch in den Interviews fand sich das wieder, was ich gerne erfahren hätte. Einen Monat vor dem 11. September meldete sich plötzlich jener syrische Journalist. Er wolte nach Hamburg kommen, wegen einer 'Konferenz', die dann angeblich doch wieder abgesagt wurde. Und seit dem Ereignis in New York werde ich diese diese Worte nicht mehr los, die wie eine Warnung hätten sein können: Wir haben Freunde überall in der Welt. Wir sind international organisiert. Ich hielt ihn für einen Angeber.

  2. #2
    Avatar von James Dean Brown
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    Frau Bucuresti, ich begrüsse Sie auf's herzlichste. Was soll man sagen - GROSSES Kaliber, aber mir bleibt jetzt erst mal jedes weitere Wort in der Tastatur stecken.

  3. #3
    Comandantina
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    Eine sehr schöne Geschichte, Bettinescu. Willkommen!

  4. #4
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    Mir ist die zu lang.

  5. #5
    Comandantina
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    Hau endlich ab, Du Vollidiot, Du nervst, nervst, nervst. Alles wird hier zugemüllt mit deinen Kinderkackkommentaren.

  6. #6
    Avatar von Hilde
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    Auf die Gefahr hin, mich hier lächerlich zu machen, möchte ich aus meiner Sicht mal feststellen:
    Die geschilderten Erlebnisse sind dermaßen hochpolitisch und brisant, sie entziehen sich eigentlich einer Beurteilung in diesem Forum und gehörten an anderer Stelle kundgetan.
    Und die anschließende Korinthenkackerei:
    aufhören damit!

  7. #7
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    Jetzt hab ich schon deinetwegen meinen Namen geändert, Andrea Doria, jetzt bleib ich auch noch'n Minütchen.

  8. #8
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    Sehr spannender Bericht, Bettinescu, aber tatsächlich, zumal der Zufälligkeitsfaktor fehlt, gehörte eigentlich ins Attentatsforum.
    Macht aber nichts. Ich fand es nicht zu lang.

  9. #9
    Moderator Avatar von rron
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    Wie kann denn eine gute Geschichte zu lang sein? Allerdings würde der ein oder andere Absatz die Lesbarkeit doch erhöhen.

  10. #10
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    Jutta Lampe war nicht dein Name. Du hast das ganz offensichtlich nicht verstanden. Jutta Lampe ist eine real existierende Pserson. Du hältst das Forum hier für deine private Komikspielwiese. In beidem liegst Du falsch: Weder bist du komisch noch ist das hier eine Spielwiese. Es ist ein Diskussionsforum. In einer Mischung aus pubertärem Stolz und kindischer Eitelkeit müllst du planlos herum statt beizutragen. Was musst Du nur für ein bescheidenes Licht sein, dass dir daraus Lust erwächst.

  11. #11
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    Und was seid ihr dann: unbescheidene Lichtchen? Fixsterne? Supernovae des gehobenen Bonmot-Diskurses?
    In der Wahl des Jutta Lampe-Pseudonyms lag keinerlei böse Absicht. Ich mache zum ersten Mal bei sowas mit; ich wusste nicht, dass es nicht erlaubt ist, Namen von real existierenden Personen zu verwenden, sehe den Grund dafür aber eh ein, deswegen habe ich den Nickname dann auch geändert.
    Was mich verblüfft und abgestossen hat, war diese Pitbull-Aggressivität, mit der sofort von allen Seiten auf mich eingedroschen wurde.
    Niemals je bin ich soviel Hass begegnet; ich übertreibe nicht. Und aus diesem Grund mache ich hier auch weiter.

  12. #12
    Member Avatar von Bettinescu Bucuresti
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    Tut mir leid, wenn ich mich im Forum geirrt habe... wo bitte geht's denn zum Attentatsforum o.Ä.?
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