Mein Freund Peter und ich sind von eher zurückhaltender Natur und unser Verhalten im Umgang mit Prominenten entspricht dem Codex der Höflichen Paparazzi recht genau. Aber bei Konzerten, wo dies aufgrund einer überschaubaren Besucherzahl möglich ist, stellen wir uns gerne in die erste Reihe, nicht um uns dort besonders zu produzieren, sondern um dem Auftritt des Künstlers oder der Künstlerin ungestörter folgen zu können. In solchen halb gefüllten Lokalitäten wird man ja außerdem oft genug förmlich darum gebeten, doch etwas näher zu kommen, damit sich das Ganze nicht verliert. Obwohl Audience Partizipation dabei nicht so unser Ding ist, bedingt es die Nähe, dass man manchmal in Vorgänge auf und um die Bühne verwickelt wird, ohne dies großartig gewollt oder provoziert zu haben.
So durfte ich vor einigen Jahren mal für Bernd Begemann einen Verstärker oder Lautsprecher in die Höhe und Richtung Publikum halten (Man möge mir als Technik-Laien verzeihen, dass ich nicht in der Lage war, das zu unterscheiden). Begemann benötigte für ein Lied dazu einen Freiwilligen, und da sich niemand meldete, wurde ich auf die Bühne zitiert, weil ich halt gerade in seinem Gesichtskreis stand. Die ganze Aktion war indes vergeblich, da das Ding Batterie betrieben war, diese aber wohl schwach bis alle. Jedenfalls kam im Publikum nichts an.
Wesentlich spektakulärer erging es da Peter, der bei der Live-Aufzeichnung der neuen Funny van Dannen CD "Groooveman" anwesend war. Van Dannen fielen bei einem Lied ständig die Noten runter, weshalb er jemanden zum Festhalten brauchte, und es traf Peter. Die beiden haben sich dabei auch länger unterhalten, aber dieses Gespräch fiel auf der CD leider der Schere (wie sagt man in digitalen Zeiten besser?) zum Opfer. Was einen aber wirklich neidisch werden lassen kann: Peter erhielt reichen Lohn für seine Assistenz. Auf dem Innencover der neuen CD steht es, für die Ewigkeit, unter den Danksagungen: "Danke an Peter fürs Notenblatthalten." Peter wusste von gar nix und erfuhr das von Bekannten, hat sich auch sehr gefreut, aber erstaunlicherweise die CD nicht mal gekauft.
Was mich wiederum an Mike Krüger erinnert, der auf einer seiner ersten LPs Ende der Siebziger darüber reflektiert hat, dass einem auch Geld und Gold den sehnlichsten Wunsch nicht erfüllen können, durch die Abbildung auf einem Plattencover ein Fitzelchen vom Ruhm der Berühmten zu erhaschen. Kennt jemand noch "Auf der Hülle von den Rolling Stones" (Original von Dr. Hook?), mit dem schönen, aber etwas holperig übersetzten Refrainteil "Hätt ich nur ein Foto auf dem Futter, schicke fünf Kopien meiner Mutter" ?
Sonstige Paparazzi-Begegnungen meinerseits auf Konzerten beschränken sich auf kurze unfreiwillige Körperkontakte in untersten Regionen: Grant Hart ist mir in seiner Nach-Hüsker-Dü-Zeit, als er sein Publikum wieder fast per Handschlag begrüßen konnte, mal auf dem Weg zur Bühne vor dem Konzert versehentlich auf den Fuß getreten, Billy Bragg wiederum bin ich nach einem Konzert, als er sich mit seiner Band unter die Leute mischte, auf den Fuß getreten; sowohl Grant als auch ich haben uns höflich entschuldigt. Exemplarisch zeigt sich hier übrigens der Generationswandel: Während unsereiner Grant Hart oder Billy Bragg auf die Füße tritt oder von ihnen getreten wird, ist der einzige Prominente, dem mein Vater wissentlich in seinem bisherigen Leben bei einer Tanzveranstaltung auf den Fuß getreten ist, der 70er-Jahre-Pionier der deutschen Fernsehköche, Max Inzinger.
Hm, jetzt bin ich wohl ein wenig vom Hölzchen aufs Stöckchen gekommen, aber sei´s drum.
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