Anja war beruflich in Berlin und ich sollte ihr die Hauptstadt zeigen. Man muss wissen, dass sie eine der Personen ist, die nicht unbedingt die Reichtagskuppel oder die alte Nationalgalerie sehen muss, sondern das WMF oder das 90° bevorzugt. Und da ich Letzteres auch noch nie von innen gesehen hatte, gingen in die Westberliner Promidisse, sprich ins 90°. So gegen 23 Uhr waren wir da. Und da es Samstag war, sollten wir zu den zehn ersten Gästen gehören, die den Laden an diesem Abend betreten hatten. (Im Nachhinein betrachtet war das wohl auch der Grund, weshalb wir überhaupt reingelassen wurden). Mit der Zeit füllte sich der Laden und mir fiel auf, dass man als weibliches Wesen wohl nicht wie ich Becks trank, sondern, dass hier Sekt auf Eis das Mindeste war, was man zu sich nehmen durfte. 1. Fehler. Viele ältere, nicht wirklich attraktive Männer standen neben vielen wirklich fantastisch aussehenden jungen Mädels, die doch eher leicht bekleidet waren. Ich lernte, dass Bikinioberteile anscheinend als Oberbekleidung durchgehen. Mein schwarzes Oberteil war zwar ärmellos, jedoch befand sich am oberen Ende ein Rollkragen. 2. Fehler. Ausserdem lernte ich, dass ich, die ich mich als schlank bezeichnen würde, in diesem Laden wohl als fett abgestempelt werden durfte. Alle gehörten irgendwie zu einer großen Familie, nur wir nicht, wir waren die Beobachter. Ariane Sommer schlenderte an ihrem Champagner nuckelnd an uns vorbei und auch Ayman ("Du bist mein Stern") war mit von der Partie. In irgeneiner Ecke stand auch Thomas Heinze. Oder Kai Wiesinger? Die beiden kann ich nicht auseinanderhalten. Trotz des Ausgegrenztseins hatten wir unglaublich viel Spaß daran, das Treiben zu beobachten. Was vielleicht unter anderem am Alkoholkonsum lag, der jedoch aufgrund der Preise in Maßen vollzogen wurde. Erstaunlicherweise waren die Promis relativ unscheinbar. Doch dann kam einer, der ja eigentlich nur durch seinen Vater bekannt geworden ist (warum eigentlich?). Oliver Juhnke betrat den Raum und ging ganz zielstrebig auf die reservierte Promiecke zu, im Anhang ein paar zehlendorfer Juppies, die jetzt Papis Geld ausgeben wollten. 3. Fehler (Ich zahle immer mit meinem eigenen Geld). Da Oliver Juhnke schon relativ alkoholisiert angekommen war, dauerte es nicht allzu lang, bis er als betrunken zu bezeichnen war (oder er war es nicht, aber ich kann mir sein Verhalten anders nicht erklären). Und dann stieg er allen Ernstes auf den Tisch und versuchte zu tanzen. Wir schauten ungläubig rüber und man muss uns wohl angesehen haben, dass wir das ganze relativ albern fanden. Denn ein Kellner (oder Barkeeper) sagte, als er an uns vorbei ging, unüberhörbar: "Hoffentlich fliegt er auf die Fresse". Wir hatten unverhofft einen Verbündeten gefunden.
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