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Thema: Fischer, Joschka (kämpft Wahl-)

  1. #1
    Abebe Lowumbo Avatar von joq
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    Joschka Fischer kämpft Wahl-

    Der kleine hässliche Lufthansa-Automat spuckt eine mit "15A" bedruckte Bordkarte aus. Und ich weiß schon jetzt, dass ich neben einer 60 Jahre alten Frau sitzen werde, die Keuchhusten hat und als erstes nach dem Platznehmen im Flugzeugsessel die Kotztüte rausholen wird, um sie den ganzen Flug lang zitternd festzuhalten.

    Kollege Matthias hat - ganz altmodisches Kerlchen - am Schalter eingecheckt, weil er Angst vor diesen Checkin-Automaten hat und glaubt, dass die Bordkarten aus diesem Automaten minderwertig sind. Er hat 21 A bekommen. Das klingt wie ein Nachteil, ist aber ein Vorteil, weil man ganz hinten eher zu trinken kriegt als in Reihe 15. Wer in Reihe 15 sitzt, kriegt nämlich zuletzt, weil die eine Flugbegleiterin ganz vorne in Reihe 1 anfängt zu servieren und die andere ganz hinten in der 23 (Lufthansa) oder 44 (Germania Airlines).

    Was mich schon bei der Annäherung an den Teghafen Flugel gewundert hat, war dass vor der Tür ein hinreißend altmodischer olivgrüner Mercedes Benz mit drangeflanschtem Blaulicht vor Gate 4 stand. Sah wichtig aus.

    Unser Flug wird aufgerufen. Matthias knufft mich in die Seite und sagt etwas zu laut: "DER JOSCHKA!"

    Fischer, flankiert von drei Daniel-Hechter-Anzug (das Kombimodell von Peek&Cloppenburg, anthrazit, Bauchgröße 27) tragenden Bodyguards, schaut müde auf. Sein Gesicht ist faltig, man könnte Fischer auf den Rücken legen, Sekt in die Falten gießen und dann kleine Streichhölzchen wie putzige Boote in Fischers Gesichtsfalten herumbrausen lassen. Das macht man natürlich nicht mit einem Außenminister, noch dazu einem, der von der Agentur ZUM GOLDENEN HIRSCHEN derzeit so trefflich vertreten wird.

    Wir besteigen das Flugzeug. Als die Reiseflughöhe erreicht ist und es "Prung" macht, gehe ich nach vorne zum Klo, Pipi machen. Natürlich ist das ein Vorwand! Ich will Joschka sehen. Drehe mich also um und kucke doof in die erste Reihe. Joschka Fischer "widmet sich dem Aktenstudium". Das ist einer meiner Lieblingssätze. Man liest ihn immer, wenn Stern-Reporter für die große Donnerstagsreportage Politiker begleiten. Grobporige Schwarzweißfotos von aktenstudierenden Politikern werden in diese Reportagen reingedruckt. Fischer blickt auf, sein Blick ist freundlich-bohrend wie der von einer kleinen gemütlichen Schlange. Ich blicke etwas verlegen zurück und sage "Guten Tag Herr Fischer", es rutscht mir so raus. Fischer antwortet ganz freundlich mit dieser herrlichen schnarrenden Stimme "Guten Tag" und WIDMET SICH DANN WIEDER DEM AKTENSTUDIUM.

    Ich bin so aufgeregt, dass hinterher auf dem Klo gar kein Pipi kommt. Beschämt gehe ich wieder zu meinem Sitz und höre der 60 Jahre alten Sitznachbarin beim Keuchhusten zu.

    Später, nach dem Köln/Bonner Flughafentaxiballett (das geht so: Man springt in ein Taxi, der Taxifahrer schreit: "SIE MÜSSEN DA VORNE HIN", dann läuft man nach vorne, da ist inzwischen voll, also läuft man zurück und geht dann doch wieder in das Taxi in das man anfangs einsteigen wollte, lacht verzweifelt und wird nochmal beschimpft) überholen wir Joschka Fischers Wahlkampfbus. Die Scheiben sind verdunkelt. Wie sich Joschka wohl dadrin fühlt?
    More gin in teacups

  2. #2
    Moderator Avatar von Ruebenkraut
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    Bis auf "Teghafen Flugel " astrein. Und topaktuell dazu. Chapeau jockel.

  3. #3
    Member Avatar von roger
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    schon komisch daß man sich in gegenwart von politikern immer aufgefordert fühlt, 'etwas zu sagen'. dabei ist das doch quatsch! ein daumen hoch oder runter sagt mehr als tausend worte. hätt ich mich nur bei schröder daran gehalten...

    Sein Gesicht ist faltig, man könnte Fischer auf den Rücken legen, Sekt in die Falten gießen und dann kleine Streichhölzchen wie putzige Boote in Fischers Gesichtsfalten herumbrausen lassen.
    und blöde sachen fallen einem dann ein. das "guten tag" kommt dann wie eine lüge rüber, denn eigentlich hätte man fragen wollen, ob man nicht gemeinsam streichholzschiffeversenken spielen kann.

    so, das machst du gleich nochmal!



  4. #4
    Kosmonaut Member Avatar von Yvonne Caldenberg
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    Schön.
    Die Verlegenheit entfiehle vielleicht, wenn alle Politiker ein bisschen so wären, wie Schäuble oder mit Kinderwagen daherkämen (hat eigentlich schon einmal jemanden einen Politiker oder eine Politikerin einen Kinderwagen schieben sehen? Ich nicht).

    Man könnte dann ganz nett sagen: Kann ich ihnen helfen? Und die könnten dann sagen "Wenn sie mich wählen, würde ich ihnen auch einmal helfen."

    Und gleich wäre so ein politiknahes Gefühl entstanden.

  5. #5
    Avatar von Lenin
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    Meine 5-jährige (!) Patentochter Carlotta heute, auf die Frage, was sie am Wochenende denn so gemacht hat: "Ich hab' den Bundeskanzler gesehn! Un den Fither!". Sie meinte den außen minister, innen grün.
    Gehört eigentlich in das "Paparazzi aus 2. Hand - urbane Promi-Mythen"-Forum".

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