Letzten Sommer stand ich vom Schreibtisch im Büro auf, da ich fand, es sei jetzt an der Zeit wieder eine Zigarette zu rauchen. Außerdem benahm sich das Wetter, draußen, im Freien, schön. Und ich schlappte also nach oben, auf den Balkon, um dort mein kleines Rauchwerk abzuleisten.
Auf dem Firmenbalkon standen, - seltsam, gerade wie meist bei schönem Wetter - wieder mal einige Leute und rauchten. Zwei, drei Kollegen hatten sich dazu sogar hingesetzt. Mein Kollege M. hingegen stand an der Brüstung und unterhielt sich mit Cem Özdemir. Özdemir war ich zuvor schon begegnet, also nicht so interessant.
Ich stellt mich trotzdem dazu, die Stühle waren ja auch alle besetzt. Ö. war gerade in Fahrt und erzählte, wie die türkischen Medien gegen ihn hetzten, er sei ein Abtrünniger, der 'wie die hald emmer schreibed, gäg'ads Muddrland hedsd.'
Ich hörte zu: Manchmal höre ich gerne von Problemen, die ich nicht habe und von denen ich denke, dass es eher unwahrscheinlich ist, dass sie je meines Weges kommen werden. Und selbst wenn: Mutterland ganz bestimmt nicht.
Er erzählte dann noch von den Orten, die er in letzter Zeit besucht hatte, dienstlich und privat. Das wurde sofort völlig uninteressant; ich dachte nur ungefähr: 'Diese Manager und Politiker, immer sind sie wo gewesen, auf dem Weg wohin, wie öde. Ein uninteressantes Problem, das glücklicherweise nicht meines Weges kommen wird. Ich bin gerne da wo ich bin, ob ich gerne da wäre wo ich hinfliegen könnte, weiß ich nicht. Da bin ich lieber mal auf die potenzielle Reise gar erst zu sehr nicht versessen.'
Dann wurde auch ein Stuhl frei und ich setzte mich für eine zweite Zigarette lieber in die Balkonecke.
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