In meiner Jugend, so zwischen 20 und 25, war ich gern und gern gesehener Gast im Pink Schampaigne, einer wundervoll diversen Bar in Kölns Friesenviertel.
Ging man zur rechten Zeit hin, war die Bar ein schönes gesellschaftliches Panoptikum der Stadt Köln.
Leichte Mädchen kamen nach getaner Arbeit noch auf einen Absacker vorbei. Schwere Jungs versuchten, mit Ihren Revolvern anwesende Mädchen zu beeindrucken. (Naja, einer hat's mal versucht. Die Polizei kam. Ich fühlte mich dann besser). Alles Strandgut, welches die Nacht überlebt hatte, traf sich ab 3.00 Uhr im schönen rosa Licht. Viele jung verliebte Pärchen waren auch dabei, wild knutschend wie früher mit 16. Alle waren voll. Die Musik war laut. Es war ein schönes Beieinander.
Ging man zur falschen Zeit hin, war die Bar die häßliche Fratze der Medienstadt Köln.
Eines Abends waren wir aus unerfindlichen Gründen schon früh da, um 12 schätze ich. Natürlich war niemand da bis auf Barfly und ein Pärchen, dass sich in der Ecke lümmelte. Wir langweilten uns ein wenig; so begannen die Blicke zu wandern, und da Barfly ein besoffener Typ Mitte 50 war, blieb nur das Pärchen. Ein junges blondes Mädchen, stark frisiert wie Autos aus Bottrop, und ein widerlicher alter Sack. Der Typ war quasi die Definition von widerlicher alter Sack. Blau getönte Brille, Dreitagebart, Sacko mit unpassender, zu enger Hose. Mein Begleiter, der einer ausgesprochen willenlosen Blondfixierung erlegen ist, begann sofort durch rythmisches Zucken mit den Augenbrauen Interesse und Sympathie zu signalisieren. Alter Mann und Junges Mädchen plus Junger Mann gibt Junger Mann und Junges Mädchen plus Alter Mann, so sein Kalkül.
Alltag in Köln. Nichts Neues auf den Gipfeln der Verzweiflung.
Während ich so höflich zurückhaltend rüberlugte fiel mir auf, dass es sich um Aleksandra Bechtel handelte. Der Mann war Herr Rainer Laux, seines Zeichens Oberekel und Produzent von Big Brother, wie ich später erfuhr. Tuscheltuschel. Ihm war es gestattet, das junge Mädchen zu herzen, zu umarmen, zu betatschen. Niemals jedoch ließ sich das blonde Ding küssen. Herr Laux reckte seinen angedickten Körper, zog und zerrte, er spitzte und schürzte die Lippen, doch er küsste stets nur Haare oder Tisch. Eine Stunde dauerte dieser merkwürdige Ringkampf, der zunehmend verbissener geführt wurde. Dann gingen die beiden, weil schon die ersten Gäste kamen und man sich seiner bedeutenden Stellung in der Gesellschaft bewußt zu sein schien. Ausserdem stand der Start der zweiten Staffel kurz bevor.
So enden die Dinge: Big Brother: abgesetzt. Pink Schampaigne: verraten und verkauft. Ich: naja, so halt. Nummer zwei davon ist wirklich schade.
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