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Thema: Janssen, Horst

  1. #1
    Sir Avatar von yellowshark
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    Horst Janssen

    Zu jenem Heiligabend, den meine Eltern, mein jüngerer, 6 - jähriger Bruder und ich damals im Rahmen eines größeren Familientreffens in Hamburg bei meinen Großeltern verbrachten, kam auch meine Tante, die Kunst studierte, mit Bekannten zu Besuch, darunter der geniale, versoffene Zeichner Horst Janssen, der, so war es heimlich ausgemacht, sich später zur Bescherung als Weihnachtsmann verkleiden würde, um meinen Bruder zu überraschen.
    Während alles noch organisierend umherlief, hatten wir Kinder Türdienst und begrüßten die Ankommenden.
    Als Horst Janssen eintraf, entnahm er einer Manteltasche eine Flasche Schnaps und trank einige Züge, bevor er sich zu meinem Bruder, der wegen der Fahne fast unmerklich zurückwich, hinunterbeugte, um ihm zur Begrüßung die Hand zu geben.
    Als es später endlich so weit war und feierlich wurde, kam Horst Janssen perfekt verkleidet herein, ging auf meinen Bruder zu, beugte sich hinunter und reichte ihm die Hand, die mein Bruder leicht zurückweichend ignorierte und kühl bemerkte: "Wir sahen uns bereits."
    Geändert von yellowshark (24.12.2001 um 02:34 Uhr)
    ys

  2. #2
    Large Member Avatar von vir
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    Ewig schade um den Mann. Aber wenigstens bleiben uns die funkelnden Miniaturen von ys.
    Die, hogenpops, die!

  3. #3
    [Member] Avatar von Herr Cohn
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    Yellowshark, ich lache immer noch. Ihr kleiner Bruder ist bestens!

  4. #4
    Hobel Avatar von Ignaz Wrobel
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    Hey, ein neuer yelloshark! Da bleiben kein Fragen offen! Weihnachtsmänner stelle ich mir eigentlich immer versoffen vor. Woher hätten sie sonst die roten Nasen?

  5. #5
    Moderator Avatar von Ruebenkraut
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    Ja Ignaz, Zustimmung.

    Auf dem hiesigen Weihnachtsmarkt (Christkindlmarkt geheißen) schwärmte am Tage der Eröffnung (zur Info: wir sind da nicht extra hin, wir wohnen da) eine ganze PR-Truppe, ca. 20 männliche Weihnachtsmänner im Vollornat und 20 weibliche Christkindl-Engel (irgendsowas bayrisches) aus und verteilte Flugblätter, auf denen Werbung für ihre tollen PR-Aktionen gemacht wurde ("Überraschen Sie ihre Mitarbeiter mit einem dingsbums-Fest, wir organisieren alles")
    Es war der Weihnachtsoverkill.

    Die Weihnachtsmänner, die da im Haufen herumstanden, waren alle von unterschiedlichem Alter und Statur, den meisten konnte man ihrem 20jährigen Milchgesicht den Weihnachtsmann einfach nicht abnehmen, die Bärte baumelten mehr schlecht als recht an ihnen dran. Niemals hätte ich mir so einen Weihnachtsmann für meine Kinder nach Hause bestellt, selbst wenn ich daran glauben würde.
    Aber da kam einer auf uns zu, streckte meinem 2jährigen seine kurzfingrige, dicke Hand entgegen. Er war ca. 60 jahre alt, inmitten seines durch den Bart zusammengedrückten Gesichtes prangte eine echte rote Kartoffel-Säufernase, aus dem darunterliegenden Mund quoll noch ein bisschen Restalkohol von dem vorher genehmigten Pullenschluck.

    "Das war aber der echte" sagte mein anderer Sohn.

  6. #6
    Avatar von Lenin
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    Der Vater einer Ex-Freundin war in gehobener Stellung für die Hamburger CDU tätig und kannte Janssen ganz gut. Einmal - wahrscheinlich noch in den siebzigern - wollte er ihn morgens besuchen, da war das Gartentor zu. Als er sich überlegte, was er tun sollte, kam zufällig die Konkurrenz in Person von Hans-Ulrich Klose (SPD), der auch zu Janssen wollte. In einer Neuauflage der großen Koaltion sind die beiden dann über den Gartenzaun gestiegen. Ich glaube, die Geschichte endete so, dass Janssen die Haustür von innen nicht aufkriegte und beide ohne Plausch und Zeichnungskauf wieder abschwirrten. Aber seine Sammlung ist trotzdem beachtlich.

  7. #7
    Avatar von Lenin
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    Ich habe nochmal nachgefragt: Es ging bei den Besuchen nicht nur um Plausch und Zeichnungskauf, sondern auch um Alkosauf. Der Papa von meiner Ex hat zwar beim Rumstehen vor dem Janssenzaun noch auf große Koalition gemacht, aber diese angesichts des Rüberkletterns von Hans-Ulrich Klose aufgekündigt. Ob aus mangelnder Sportlichkeit oder überflüssiger Gesetzestreue, ist nicht mehr nachvollziehbar, wahrscheinlich eher ersterer.

  8. #8
    Sir Avatar von yellowshark
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    Janssen hat auch geschrieben. Ich erinnere mich vage an ein Fernsehinterview, in dem er eine seiner Geschichten vorlas. Darin beschrieb er, wie er eine Hauptperson seines Lebens, ich glaube, es war eine Tante, beim Sterben begleitete, ihr die Hand hielt, am Krankenhausbett, in der von den Ärzten prophezeiten letzten Stunde. Es war ihm auch deshalb eine heilige Pflicht, dort zu sein, weil er sein Versprechen, die alte Dame nicht in einem Krankenhaus, sondern zu Hause sterben zu lassen, nicht hatte halten können. Er hatte sich drei Flachmänner Korn eingesteckt und war ans Krankenbett geeilt, um die Hand der Sterbenden zu halten. Es stellte sich aber heraus, daß die Ärzte sich verschätzt hatten, und damit auch er, was die Bevorratung mit Schnaps betraf. So saß er nun, seine Hand fest in der der lieben Frau und merkte mit ansteigender Panik, daß sein Schnaps zu Ende ging, während sich der Griff der alten Dame gar nicht lockerte.
    Geändert von yellowshark (24.12.2001 um 21:19 Uhr)
    ys

  9. #9
    Avatar von ingwer
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    mein 1000 posting widme ich hiermit dem großartigen yellowshark, der ohne zweifel mit weiteren so großartigen geschichten gemächlich auf sein eigenes jubiläumsposting zuschreitet.

  10. #10
    Remember
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    Als erstes möchte ich Oliverkschweinoch für diesen unglaublichen Sampler danken, welchen er mir heute in den Briefkasten warf, feinste Ware.

    Dann yellowshark für die Geschichte. Mit 6 baute ich aus Duplosteinen ein Osternest, füllte Papierschnitzel rein und erklärte meinen Eltern, dass nur ein wahrer Osterhase dieses Nest im Keller (Osternester wurden immer im Keller gefunden) füllen könnte. Mein Trick: es gab keinen Boden. Wenn der Osterhase also tatsächlich meine Eltern waren, wie ich damals mutmaßte, dann würden sie das Nest hinunter zum Keller tragen wollen und sich beim Anheben schön wundern, dass die ganzen Papierschnipsel aus dem Nest unten rausflögen, und dann mal viel Spaß beim Aufsammeln und nachträglich wieder im Keller in das Nest reinwerfen, zumal so ein Duplonest auch nicht ohne Schaden über diese Entfernung zu transportieren sei, das hatte ich selbst ausprobiert. Soweit meine Überlegungen. Tatsächlich befand sich das Nest dann mitsamt Schnipseln am nächsten Morgen im Keller, was mich bezüglich der nicht-Existzenz des Osterhasens zweifeln ließ.

    Nächstes Nikolaus legte ich dann einen Zettel neben den Stiefel, darauf ein Bild des Nikolaus gemalt, unten drunter die Bitte um ein Autogramm. Nächster Morgen Unterschrift "Nikolaus". Harte handschriftliche Vergleiche ergaben: eindeutig Schrift des Vaters, alles Schwindel, schon lange geahnt.
    Geändert von Elpenor (30.07.2003 um 02:01 Uhr)

  11. #11
    Mumbah Avatar von bastifantasti
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    Für yellow. Aufgeschrieben wie morgens um fünf erzählt, auch wenn es etwas länger gedauert hat.


    Wie mein Vater Kunst kaufte.

    Meine Eltern sind redlich zu ein wenig Reichtum und einem Hauch von Geschmack gekommen, meine Mutter zu mindesten, denn ihr Bruder hat einen Designermöbelgeschäft. Nun hingen zu der Zeit als ich noch bei meinen Eltern wohnte die üblichen Poster und Bilder in unserer Heimstatt, Miro und Kandinsky im Wohnzimmer, diese üblen Obst- und Gemüsefressen im Esszimmer neben Postern mit Nudeln drauf. Mit meinem Auszug kehrte der Reichtum ein und mein Vater entdeckte das Internet und dort hauptsächlich ebay. Neben einer Unmenge von gefälschten Uhren und 21Kilo Geleebananen ersteigerte mein Vater, dem Wunsch meiner Mutter entsprechend, Bilder für den Flur.
    Weil er ein guter Mensch ist, steigerte er nicht einfach so beliebig im Internet herum sondern kaufte zehn Werke eines Künstlers, der laut Beschreibung dem Hungertode nahe war. So hingen bei meinem nächsten Besuch mehrere Kokosmatten, bläulich bemalt und mit kruden Eingeborenenstrichzeichnungen verziert, im Flur.
    Ich konnte meine Häme nicht für mich behalten und bald lachten meine Mutter und ich herzlich über den neugeborenen Stern am Mäzenhimmel. Schlußendlich brachte es meine Mutter allerdings nicht über das Herz alle Kokosmatten zu entfernen und so schmücken noch immer zwei Stück einen schlechte einsehbaren Teil des Flurs.
    Die Rolle als Mäzen gefiel meinem Vater und so kaufte er alsbald einige naive Zeichnungen der Freundin einer Kollegin. Diese zeigten Lebensmittel und sollten die Küche schmücken. Keine Frage, das Bilder auf denen man was erkennen konnte ungleich mehr kosteten als ein paar Kokosmatten. Meine Mutter hingegen mochte dieser Tage die Bilder eines traurigen Fotographen und so bildeten die großformatige schwarzweisse Friedhofsbilder einen feinen Kontrast zu kleinformatigen knallbunten Äpfeln und Birnen. Wieder Häme. Meine Mutter gewann und die Großeltern wurden reich beschenkt mit den Orginalen einer aufstrebenden jungen Künstlerin.
    Es dauerte wiederum nicht lange, da befand die Mutter die Wand des elterlichen Schlafzimmers für zu kahl. Da die Zeit ihres Geburtstags nahte, wünschte sie sich wider besseren Wissens, Schmuck für eben diese von meinem Vater.
    Ausdrücklich warnte sie ihn vor Experimenten in denen ebay oder Kolleginnen eine Rolle spielten.
    Zum großen Glück meines Vaters erfuhr er von einer Kunstauktion, die Freunde der Familie am Tag des Geburtstage besuchen wollten. Sie könnten ja von dort aus ein frisch ersteigertes Kunstwerk mitbringen und so die Überrraschung des Vaters für die Mutter perfekt machen.
    Also blätterte der Vater den online-Katalog der Auktion und grübelte lange über pixeligen thumbnails bis er sich letztendlich für einen signierten Kunstdruck des Malers

    Horst Janssen

    entschied, der den Namen "Tod und Eros" trug. Die Geburtstagsfeier fand draussen statt und war sehr erfolgreich und lustig und fand ihren Höhepunkt als gegen 22:30 die Auktionsbesucher eintrafen und das langersehnte Geschenk überreichten. Echte Kunst von einem echten Künstler. Das Bild wurde auf der Terasse im Dämmerzwielicht von allen begutachtet und gelobt und dann an einen bereits vorhandenen Nagel im Schlafzimmer gehangen.
    Dort hing es zwei Tage, bis meine Mutter bei eingehender Betrachtung bemerkte, dass das Skelett welches das Bild neben einer jungen Frau zeigte, diese im unteren, bisher nicht näher inspizierten Bereich des Bildes, heftigst penetriert.
    So etwas wolle Sie als Frauenrechtlerin nicht im Schlafzimmer haben sprach sie und der Janssen verschwand in den unteren Flur, wo er entweder von der Flurtür oder der Klotür, verdeckt und somit vor feinsinnigen Gästen versteckt blieb. Als dann meine katholische Großmutter, die Mutter meiner Mutter, ihren Besuch ankündigte, waren die Tage von "Tod und Eros" gezählt und das Bild verschwand in dem Raum, in dem auch der "englische Telefonzelle aus Plastik" Kleiderschrank (sehr günstig im Baumarkt erstanden) steht und der nur den engsten Mitgliedern der Familie bekannt ist.
    Was auch immer.

  12. #12
    Sir Avatar von yellowshark
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    Endlich, basti, danke!
    ys

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