Schreiben Sie doch mal eine Geschichte, ermuntert Herr Cohn immer, wenn er Fanny die Leviten liest, und man muß ihn dann vertrösten. Ja, Herr Cohn - Strindberg, und Ja, Herr Cohn - Prinses Juliana. Bald, doch nicht jetzt! Aber es nagt. -
Heute im Auto, an nichts Böses denkend und auch nicht ans Forum, auf der Rückfahrt vom Kindergarten, begegnet uns Wolfgang Frenz, der V-Mann. Wie gerufen für Herrn Cohn.
Gänzlich unerwartet kommt die Begegnung nicht, denn auf jeder dieser morgendlichen Fahrten bilden sich unmerklich kleine Gedanken an Herrn Frenz, obwohl wir ihn nicht kennen. Seit seiner Enttarnung als V-Mann des V-Schutzes und der daraus resultierenden Startschwierigkeiten des NPD-Verbotsprozesses aber kennen wir aus der Zeitung sein Photo und das Photo seines zeitweilig pressebelagerten Wohnhauses - ganz dicht an unserem kürzesten Weg zu unserem Kindergarten gelegen, irgendwo am Rande der kilometerlangen Route. Meist und auch heute sind die kleinen Gedanken auf dem Weg zurück bereits versickert, Herr Frenz spielt dann keine Rolle mehr.
Diesmal aber, wie bisher noch nie, kommt er uns in seinem Auto entgegen. Erkennen und Benennen sind eins, und sofort fällt die Harmlosigkeit des Autos auf, hinter dessen Steuer das Zeitungsbild sich verlebendigt hat: kein schwarzer Opel Astra (? was früher der Rekord war) mit brutalen Winterreifenfelgen, sondern ein kleiner, vielleicht mausgrauer Zweitürer. Ein "schmales" Auto in der Terminologie von Fannys Tochter und ein Auto für Heilpraktiker wie Frenz, vermutlich hier auf dem Weg in seine Praxis.
Das Bild hat nichts Böses, Frenz steuert sein Auto und könnte mit seinem Festlandkapitänsbart auch der ältere Türke von nebenan sein.
Als nach einer Weile auch im Rückspiegel weder unauffällige Eskorten (V-Schutz) noch verratvergeltende Rollkommandos (NPD) zu bemerken sind, beginnt sich die Erinnerung an diesen Wolfgang Frenz bereits zu zersetzen.
Hieß er eigentlich Wolfgang ? Ja, da haben wir es - zu Hause in der Zeitung Neuigkeiten von der Vertagung des NPD-Prozesses, und ein Bild des hiesigen V-Mannes darf nicht fehlen. Gesichtsvergleich positiv. Können wir reinstellen: echte Sichtung, Prominenzgrad mäßig, dafür vorbildliche Nachbereitung durch die Presse. Nicht spannender als eine Fahrt zum Kindergarten.
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