der kudamm. fast wäre ich auf dem bürgersteig an ihm vorbei geradelt: otto schwanz. einst stadtbekannter bordellier, später café-gastronom unterm wasserklops mit dem hang, die konzessionen bargedlich zu erwerben. antes heißt immer noch der ex-stadtrat und hieß seinerzeit die affäre, die von der cdu halberlei genial unter den teppich gebügelt wurde. otto aber blieb immer der mann mit dem koffer. dafür mochten ihn seine parteifreunde weniger und schlossen ihn aus. er aber war ein aufrechter ganove. verriet keine namen, keine hintermänner. und tauchte folgerichtig für ein paar jahre ab in den knast.
wieder an der frischen luft, lernte er leute kennen, die zwar selten mit der bvg fuhren, dafür aber gerne tickets vertickerten, die von echten nicht zu unterscheiden waren. am tag, als die bullen kamen, lagen dramatischerweise auch noch etliche bündel nicht ganz handelsüblicher dollarscheine herum. für otto hieß das vier jahre und drei monate.
in kürze ist auch das ausgestanden. das leben in der kleinen zelle mit dem hohen fenster und der küche ein paar schritte weiter, in der er sich am abend die drei spiegeleier braten kann, die er in originalhülle mit in das ummauerte zuhause bringt. denn freigang gestatten sie ihm schon seit einem jahr. das herz macht nicht mehr mit und er wartet auf einen spender.
du darfst nicht gierig sein, war immer sein motto. gierig ist er heute nur noch auf das leben außerhalb der mauern. das auto für 200 euro und mit zwei jahren tüv ist bei einem alten kumpel bestellt. eine wohnung wird sich finden, zur not reicht für die ersten tage ein bett bei einer der töchter. es muß nicht der kudamm sein. ein paar wochen noch, dann ist er endgültig draußen.
ein mann über 60 schlendert über den kudamm, die haare ein wenig zu lang, der bauch prall und wenn er lacht, fehlen ein paar zähne. die windjacke, die hose, das hemd - so alt wie das urteil. in der hand eine tüte mit bild und bz und der schachtel mit den eiern. am adenauerplatz steigt er in die u-bahn. richtung norden,um sieben muß er sich wieder beim pförtner melden. wenn ich draußen bin, gehen wir zu mercedes essen.
eine perspektive.
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