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Thema: Weihnachtsgrüße vom Rechtsanwalt

  1. #1
    Moderator Avatar von Ruebenkraut
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    Weihnachtsgrüße vom Rechtsanwalt

    Folgende Mail kursiert unter amerikanischen Rechtsanwälten, ich fands lustig:


    SEASON GREETINGS


    "From me ("the wishor") to you ("hereinafter called the wishee").


    Please accept without obligation, implied or implicit, our best wishes for

    an environmentally conscious, socially responsible, politically correct, low

    stress, non addictive, gender neutral, celebration of summer solstice

    holiday, practiced with the most enjoyable traditions of the religious

    persuasion of your choice, or secular practices of your choice, with

    respect for the religious/secular persuasions and/or traditions of others,or
    their

    choice not to practice religious or secular traditions at all..... and a

    financially successful, personally fulfilling and medically uncomplicated

    recognition of the onset of the generally accepted calender year 2002, but

    with due respect for the calenders of choice of other cultures or sects,

    and having regard to the race, creed, colour, age, physical ability,
    religious

    faith, choice of computer platform or dietary preference of the wishee.



    Note:
    By accepting this greeting you are bound by these terms that:

    *This greeting is subject to further clarification or withdrawal.
    *This greeting is freely transferable provided that no alteration shall be
    made to the original greeting and that the proprietary rights of the

    wishor are acknowledged.

    *This greeting implies no promise by the wishor to actually implement any
    of the wishes.

    *This greeting may not be enforcable in certain jurisdictions and/or the
    restrictions herein may not be binding upon certain wishees in certain

    jurisdictions and is revocable at the sole discretion of the wishor.

    *This greeting is warranted to perform as reasonably may be expected
    within the usual application of good tidings, for a period of one year or
    until

    the issuance of a subsequent holiday greeting whichever comes first.

    *The wishor warrants this greeting only for the limited replacement of
    this wish or issuance of a new wish at the sole discretion of the wishor.

    *Any reference in this greeting to "the Lord", "Father Christmas", "Our
    Saviour", or any other festive figures, whether actual or ficticious, dead

    or alive, shall not imply any endorsement by or from them in respect of

    this greeting, and all proprietary rights in any referred third party names
    and

    images are hereby acknowledged."


    yours sincerely

    Ruebenkraut

  2. #2
    Member Avatar von fabchief
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    Ich muss zugeben, ich finde die Mail auch ziemlich witzig. Wenns denn nur öfter vorkäme, daß sich Anwälte auch mal über sich selber lustig machen können...

    fabchief

  3. #3
    Avatar von Die Wucht
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    Nö, fand ich nicht so irre komisch, als ich die mail in meinem Postfach hatte (es kursierte nicht nur bei amerikanischen Rechtsanwälten).


    Das folgende Urteil ist das einzige mir bekannte, das zu Recht in der Sparte "Juristen und Humor" angesiedelt wird.

    Huftritte eines Brauereigauls gegen parkenden Pkw - Urteil des Amtsgerichts Köln vom 12. 10. 1984, Aktenzeichen 226 C 356/84 (s. auch: NJW 1984, S. 1266 ff.; hier gekürzt)

    1. Ein Pferdefuhrwerk ist, obwohl durch PS in Bewegung gesetzt, kein Fahrzeug i. S. der StVO.

    2. Auch wenn ein Brauereigaul am Straßenverkehr teilnimmt und nicht zu Hause wohnt, gehört er zu den Haustieren i. S. des § 833 S. 2 BGB.

    3. Ein Ausschluss der Tierhalterhaftung gem. § 833 S. 2. BGB kommt nicht in Betracht, wenn das Pferdegespann einer Brauerei zur Reklame ständig mit leeren Bierfässern durch die Stadt fährt (zumal dies dem Umsatz nicht gerade förderlich ist).

    4. Beschädigt ein Brauereigaul durch Huftritt einen geparkten PKW, hat sich damit die typische Tiergefahr i. S. des § 833 BGB verwirklicht. Der Beweggrund des Tieres ist rechtlich ebenso unbeachtlich wie der Umstand, dass auch Menschen sich gelegentlich so zu verhalten pflegen.

    5. Ein Bierkutscher, der diensteifrig dem Gebräu der eigenen Brauerei zugesprochen hat, verstößt gegen § 316 StGB, wenn er in fahruntüchtigem Zustand das Pferdegespann führt. Die Fahrerlaubnis kann ihm allerdings nicht entzogen werden.

    6. Ein "Führen" i. S. des § 316 StGB ist gegeben, wenn der Bierkutscher durch Zurufe (z. B. "Hüh" oder "Hott") auf die Gäule einwirkt. Dies gilt jedoch nicht für Zurufe des Beikutschers.

    Zum Sachverhalt:
    Der Pkw des Klägers wurde am 31. 1. 1984, einem Dienstag, in Köln auf der B-Straße vor der Postschänke von einem Pferd getreten und dabei hinten beschädigt. Die Beklagte, die eine Privat-Brauerei in K. betreibt, besitzt ein Pferdegespann mit 2 Pferden, das zu Werbezwecken sommers wie winters auf bestimmten Routen durch die Stadt fährt. Die Klägerin behauptet, es sei ein Pferd der Beklagten gewesen, das ihren Pkw beschädigt hatte. Die Beklagte behauptet, ihr Pferdewagen sei am 31. 1. 1984 in E. auf Tour gewesen, nicht aber in der Süd-Stadt.

    Das Amtsgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von 1.950,00 DM verurteilt.

    Aus den Gründen:
    Die Beklagte haftet als Halterin des Pferdefuhrwerks insgesamt, weil dieses das Auto der Klägerin beschädigt hat.

    Die Beklagte haftet allerdings nicht schon als Halterin des Fahrzeugs selbst. Ein Pferdefuhrwerk, das zweifelsfrei nicht zu den "Rodelschlitten, Kinderwagen, Rollern und ähnlichen Fortbewegungsmitteln" gehört, ist zwar ein richtiges Fahrzeug im Sinne der Straßenverkehrsordnung (§ 24 I StVO). Es ist nämlich ein zweispuriges, nicht an Gleise gebundenes Landfahrzeug, dessen Bauart die Gewähr dafür bietet, dass die Höchstgeschwindigkeit auf ebener Bahn nicht mehr als 6 km/h und die Drehzahl des Motors nicht mehr als 4.800 Umdrehungen pro Minute beträgt, weshalb es auch führerscheinfrei ist (vgl. § 4 I StVZO). Es wird jedoch trotz einiger PS nicht durch Maschinenkraft bewegt, so dass ihm rechtlich die Anerkennung als vollwertiges Kraftfahrzeug versagt ist (§ 1 II StVG).

    Die Beklagte haftet aber als Halterin des Pferdeteiles des Fuhrwerkes (§ 833 BGB). Das Pferd, rechtlich für sich betrachtet, ist nämlich ein Haustier, auch wenn es am Straßenverkehr teilnimmt und nicht zu Hause wohnt. Zu den Haustieren zählen nämlich alle die Tiere, die jemand "in seiner Wirtschaft" hält (vergleiche dazu Palandt-Thomas, BGB, § 833 Anm. 6a; insoweit genießt lediglich die Biene einen rechtlichen Sonderstatus, weil sie sich der Verfügungsgewalt des Imkermeisters entziehen kann, um Soldatenpferde zu stechen: RZG 158, 388). Das schließt die Haftung der Beklagten aber nicht aus, weil die Pferde ihr nicht "zum Berufe, der Erwerbsfähigkeit oder dem Unterhalt" dienen (§ 833 S. 2 BGB). Wie der Angestellte der Beklagten Z. bekundet hat, dienen sie nämlich lediglich der Reklame, indem sie leere Bierfässer herumfahren, was dem Umsatz nicht gerade förderlich ist. Die Pferde der Beklagten sind daher rechtlich ein liebenswerter Luxus, der wie vieles andere zum Kölner Lokalkolorit gehört.

    Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat auch eines der beiden Pferde mit einem der acht Hufe das Auto der Klägerin getreten. Damit hat sich die von dem Gesetz verlangte typische Tiergefahr verwirklicht. Dass sich auch Menschen ab und zu so verhalten (vergleiche dazu das Holzweg-Urteil des erkennenden Gerichts vom 4. 12. 1981 - 266 C 284/81 - Brigitte Nr. 18 vom 29. 4. 1982 sowie Express vom 7. 4. 1982) ist unerheblich, weil es hier auf die Unberechenbarkeit tierischen Verhaltens ankommt. Unberechenbar ist aber alles, auf das man sich leider nicht verlassen kann.

    Deshalb bedurfte es auch keiner Aufklärung, ob das Pferd gegen das Auto getreten hat, weil es als Angehöriger einer Minderheit im Straßenverkehr eine Aversion gegen Blech entwickelt hat oder weil es in seiner Einsamkeit sein Herz mit schönem Klang erfreuen wollte oder ob es seinen Huf als Warnblinklicht betätigt hat, damit es mit dem liegengebliebenen Fahrzeug rechtzeitig als stehendes Hindernis erkannt werden konnte (§ 15 I StVO).

    Die Pferde sind auch am 31. 1. 1984 pünktlich um 12.00 Uhr ("High Noon") vor der Postschänke zur Attacke angeritten, um das dort befindliche Auto der Klägerin einzutreten, auch wenn die genauen Umstände, wie sie dahin gelangt sind, im einzelnen nicht mehr restlos aufgeklärt werden konnten. Kutscher W. war nämlich als alter Fuhrmann der festen Überzeugung, dass er freitags mit den Pferden die Südstadt heimsuche, dienstags aber E. Der Zeuge Z. hingegen, der für die Beklagte den Fahrplan für die Pferdekutsche aufstellt, war fest der Überzeugung, dass die Kutsche grundsätzlich dienstags die Südstadt besuche und freitags nach E. fahre. Der Kutscher W. schüttelte darauf merklich seinen Kopf. Der Zeuge Z. fügte jedoch hinzu, am Dienstag, den 31. 1. 1984, sei der zweite Kutscher krank gewesen. Deshalb habe er dem Zeugen W. gesagt, er möge die kleinere Tour nach E. machen. Diese Anordnung erging auch völlig zu Recht, heißt es doch schon seit je: "2 Pferde, ein Kutscher, 4 Bestien" (vergleiche dazu Simrock, Die Deutschen Sprichwörter, gesammelt, Frankfurt, 1846, Nr. 7867). Andererseits heißt es aber auch, was der Angestellte der Beklagten vielleicht nicht genügend berücksichtigt hat: "Alte Gewohnheit soll man nicht brechen" (vergleiche dazu Simrock, Nr. 3642). Weiter heißt es auch: "Nimmt Gewohnheit überhand, kommt sie über all das Land" (Simrock, Nr. 3640).

    Deshalb und weil die Fähigkeit, an zwei Orten gleichzeitig in Erscheinung oder sonstwohin zu treten, auch bei Pferden nur selten anzutreffen ist, ist das Gericht zur Überzeugung gelangt, dass das Gespann der Beklagten bei seiner Reise über das Kölner Land am Dienstag, den 31. 1. 1984, auf der B-Straße an der Postschänke angelangt ist, wo es auch von dem zeugen S. deutlich wahrgenommen wurde, dem insoweit eine besondere Kölsche Sachkunde zugesprochen werden muss. Er erkannte nämlich nicht nur den Kutscher, sondern sogar auch die Pferde wieder, wobei allerdings die Möglichkeit nicht von der Hand zu weisen ist, dass ihm die Firmenaufschrift auf dem Fuhrwerk der Beklagten bei der einwandfreien Identifizierung geholfen hat. Der Zeuge konnte sich auch an den 31. 1. 1984 als einen besonderen Tag noch sehr gut erinnern. Es regnete nämlich, und er hatte sogar den Schirm auf. Er konnte auch nach vollbrachtem Arztbesuch den Rest des Tages unbeschwert von jeder Arbeit genießen, sodass seine Aufmerksamkeit durch nichts getrübt war. Das beweist schon die Tatsache, dass er in aller Ruhe "ein paar Minuten lang" zuschaute, wie das eine Pferd der Beklagten "immer wieder gegen die Stoßstange des Fahrzeugs der Klägerin trat", bis der Kutscher der Beklagten seinerseits zwar nicht gegen den Wagen, wohl aber vorzeitig in Erscheinung trat. Offenbar hatte der Kutscher den alten Rat befolgt: "Wer weiter will als sein Pferd, der sitze ab und gehe zu Fuß" (Simrock, Nr. 7871).

    Auch wenn man nicht der heute weit verbreiteten Rechtsansicht huldigt, Tiere seien bessere Menschen (vergleiche dazu schon Aristoteles, Politeia I, 2, wonach der Mensch nichts Besseres ist als ein geselliges Tier), wäre es von dem Kutscher natürlich zu verlangen gewesen, die Pferde, anstatt sie "herrenlos" allein im Regen stehen zu lassen, wenn schon nicht aus Gründen des "ethischen Tierschutzes" (vergleiche dazu OLG Frankfurt, WM 1984, 37), so doch wenigstens zur Beaufsichtigung (§833 S. 2 BGB) und um ausreichend auf sie einwirken zu können (§ 28 I 2 StVO), mit in die Postschänke hineinzunehmen. Das wäre angesichts der Kölner Verhältnisse im Allgemeinen wie auch für Pferde, die den Namen einer Kölner Brauerei tragen, durchaus nicht Ungewöhnliches oder Unzumutbares gewesen. Hat doch schon einmal eine Dame, die allerdings den Namen eines Konkurrenzunternehmens der Beklagten trug, dafür gesorgt, dass zwei Pferde in einem Hause die Treppe hinauf getrappelt sind, um vom Dachboden aus einen besseren Überblick über die offenbar schon damals wenig übersichtlichen Kölner Verkehrsverhältnisse zu gewinnen (vergleiche dazu Henßen-Wrede, Volk am ewigen Strom, 2. Bd., Sang und Sage am Rhein, Essen, 1935, Nr. 62 "Richmodis von der Aducht"). So weit hätte der Kutscher der Beklagten die Pferde nicht einmal laufen lassen müssen. Es hätte genügt, wenn er die Pferde mit an die Theke genommen hätte, wo sie sich als echte Kölsche Brauereipferde sicherlich wohler gefühlt hätten als draußen im Regen. Auch die Wirtin hätte sicher nichts dagegen gehabt. Denn die Rechtsregel "Der Gast geht solange zur Theke" bis er bricht", hat bis jetzt, soweit ersichtlich, in der Rechtsprechung auf Pferde noch keine Anwendung gefunden.

    Unter diesen Umständen konnte es offenbleiben, ob der Kutscher der Beklagten in der Postschänke tatsächlich "eine Tasse Kaffee" getrunken hat, "weil es so kalt war" und ob er dadurch arbeitsrechtlich gegen seinen Auftrag verstoßen hat, in jeder Lage für die Beklagte Reklame zu machen und den Umsatz zu fördern. Die Werbe-Slogans der Beklagten lauten eben, sowie das Gericht sie aufmerksam verfolgt hat, gerade nicht:

    Malzbier ist besser als Schäksbier.
    Zwischen Leber und Milz passt immer noch ein Pils
    oder gar:
    Ich trinke Jägermeister. Weshalb? Mir fehlt der Scheibenkleister!


    Der Werbespruch der Beklagten zielt vielmehr schon vom Wortlaut her imperativ darauf ab, dass ein Mensch namens "Bester" ihr Gebräu trinken soll. In diesem Zusammenhang hat das Gericht es allerdings noch nie recht verstanden, warum die Beklagte ihre Werbung auf den Familiennamen "Bester" beschränkt, von dem im 1104 Seiten umfassenden Telefonbuch für Köln nur vier Männer, aber keine einzige Frau verzeichnet sind (vergleiche Telefonbuch 11 der DBP, 1984, S. 93, 2. Spalte von rechts). Insgesamt jedenfalls könnte die Beklagte mit einer gewissen Berechtigung ihrem Kutscher entgegenhalten, dass "dasjenige Bier, das nicht getrunken wird, seinen Beruf verfehlt" (Abgeordneter Alexander Meyer am 21. 1. 1880 bei der Beratung des Gesetzesentwurfs betreffend der Steuer von Vertriebe geistiger Getränke). Die von der Beklagten vertriebene Getränkeart vermag, insbesondere zur Winterzeit, wie das Gericht aufgrund eigener Sachkunde feststellen konnte, ohne dass die Hinzuziehung eines Sachverständigen für Alkoholfragen notwendig gewesen wären, durchaus auch anstelle von Kaffee eine gewisse wärmende Wirkung zu entfalten, wobei allerdings rechtlich ein mäßiger Gebrauch anzuraten ist. Die alte Verkehrsregel nämlich "Wenn die Kutscher besoffen sind, laufen die Pferde am besten" (vgl. Simrock, Nr. 7861 a), kann heute rechtlich nicht mehr uneingeschränkt Gültigkeit beanspruchen.

    Auch wenn es für Kutscher noch keine ausreichenden wissenschaftlichen Unterlagen für die Festlegung von Promillegrenzwerten gibt (Jagusch-Hentschel, § 316 StGB Rdnr.18), können diese bestraft werden (wenn auch nicht ihres Führerscheins verlustig werden), wenn sie nachweislich alkoholbedingt fahruntüchtig ein Pferdefuhrwerk führen. Zum Führen eines Pferdefuhrwerks gehören dabei im Rechtssinne nach herrschender Meinung "die Ausübung der für die Fortbewegung wesentlichen Verrichtungen, wie Zügelführung und Betätigung der Bremsen, aber auch die Benutzung der Peitsche und die typischen Zurufe zur Einwirkung auf die Pferde" (Hentschel-Born, Trunkenheit im Straßenverkehr, 3. Aufl. (1984), Randnummer. 321; gemeint sind offenbar "Hüh" und "Hott"). Wenn man dem Gebräu der eigenen Brauerei diensteifrig zugesprochen hat, könnte es daher möglicherweise geraten sein nach dem Motto "Das Pferd ist klüger als sein Reiter" (Simrock, Nr. 7868), den Zügel völlig schleifen zu lassen, wenn man es nicht von vornherein vorzieht, hinten auf den Wagen zu kriechen. Denn: "Wer kriecht, kann nicht stolpern" (alte Lebensweisheit).

    Allerdings muss man sich dann "gegen Herabfallen und vermeidbares Lärmen besonders sichern" (§ 22 StVO). Auch die Rechtsposition des Beikutschers bietet in dieser Lage einige Vorteile. Wer nämlich an den oben erwähnten typischen Zurufen sich lediglich beteiligt, um die Pferde anzutreiben, soll noch nicht an der verantwortlichen Lenkung des Fuhrwerkes teilnehmen (so Hentschel-Born, Randnummer 321 mit Hinweisen auf OLG Hamm, VRS 19, 367).

    Eine allgemein verbindliche Bier-Kutsch-Regel lässt sich jedoch nicht aufstellen. Deshalb weiß man auch von vornherein nie so genau, wie die Gerichte entscheiden. Eher wäre ganz allgemein auch für Kutscher ein komplettes Jurastudium der Trunkenheit im Straßenverkehr zu empfehlen, bevor sie sich in den juristischen Fallstricken des eigenen Zügels verfangen. Denn: "Wer zwei linke Hände hat, sollte die Rechte studieren" (Sponti-Spruch).

    Anlässlich des hier zu entscheidenden Falles bleibt nicht zuletzt mit Betrübnis festzustellen, dass die Gleichberechtigung der Tiere untereinander in der juristischen Fachliteratur noch nicht hinreichend Berücksichtigung gefunden hat. Insbesondere das Rindvieh wird von den Autoren, wie die folgende Auswahl beweist, offensichtlich bevorzugt. Das kann aber rechtlich fürderhin nicht hingenommen werden. Der weiblichen Form dieser Spezies ist sogar nach Heinz Erhardt mit ein eigener Buchstabe im Alphabet gewidmet:

    Die Q ist allgemein betrachtet,
    derart beliebt und auch geachtet,
    dass einst ein hochgelehrter Mann,
    für unsere Q das Q ersann" (Das große Heinz-Erhardt-Buch, 12. Auflage (1970), S. 66).

    Des Weiteren wird das Rindvieh von Eugen Roth verherrlicht:

    "Der Stier bemüht sich nicht wie Du, oft hoffnungslos um eine Kuh" (Das Eugen-Roth-Buch, 1966, S. 135).

    Demgegenüber ist das folgende Nilpferd in der Literatur völlig vereinsamt:

    "Das Nilpferd trabt herum im Nil
    und hätte gerne Eis am Stiel.
    Jedoch - damit verlangst's zu viel."


    Das Brauereipferd ist in der Fachliteratur, soweit ersichtlich, bislang überhaupt noch nicht gewürdigt worden, obwohl schon sein schöner Rücken sowie auch die von ihm gezogene Last einiges Entzücken verdient hätte.

    "Das Sesterpferd heißt Sesterpferd
    weil's in die Südstadt sich verfährt",


    vermag in diesem Zusammenhang noch nicht völlig zu befriedigen.

    Trotz der offensichtlichen rechtlichen Bevorzugung der Kuh kann das Gericht der Beklagten nicht empfehlen, ihr Fuhrwerk auf den Kuhbetrieb umzustellen. Einmal ließ sich auf einer Konferenz "sämtlicher zivilisierter Nationen Europas, sowie Bayerns" (Ludwig Thoma) eine Verordnung zur Einführung eines allgemeinen Kuh-Bier-Kutschenbetriebes politisch nicht durchsetzen. Die Beklagte würde sich auch weiter durch die Benutzung von Milchkühen für ihre Werbung sozusagen selber Konkurrenz machen. Denn:

    "Zum Rindviehstamm gehört die Kuh,
    ein End macht Milch, das andere Muh" (Ogden-Nash),


    was sich vom Pferd nicht ohne weiteres sagen lässt.

    Schließlich sprechen auch einige Bedenken gegen die Verkehrstauglichkeit und Verkehrsgängigkeit des Rindviehs insgesamt. Einmal bleibt ein Ochse vor jedem Berge stehen (Simrock, Nr. 7631). Er weist zwar weiter mehr als die erforderliche Zahl von "Einrichtungen für Schallzeichen" auf. Er besitzt nämlich zwei Hupen bzw. Hörner (§ 55 StVZO). Diese sind jedoch nicht funktionstüchtig:

    "Ein jeder Stier hat oben vorn
    auf jeder Seite je ein Horn;
    doch ist es ihm nicht zuzumuten,
    auf so 'nem Horn auch noch zu tuten.
    Nicht drum, weil er nicht tuten kann,
    nein, er kommt mit dem Maul nicht dran" (Heinz-Erhardt-Buch, S. 89).


    Daher ist kein echtes Bedürfnis erkennbar, das Rindvieh im Straßenverkehr zu vermehren. Die Einführung einer allgemeinen Betriebserlaubnis für Kühe ist daher bislang weder vom Bundesminister für Verkehr noch vom Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ernsthaft in Erwägung gezogen worden, obwohl letzterem selbst seine Gegner ein negatives Verhältnis zu Ochsen und Kühen nicht nachsagen können . . .

    Der vorliegende Fall beweist auch, dass die Pferde der Beklagten trotz ihrer äußerlich robusten Statur innerlich nicht einer gewissen Sanftmut im Verkehr entbehren. Sie sind nämlich mit dem Auto der Klägerin einigermaßen zartfüßig umgegangen. Das Ergebnis ihrer Beinarbeit ist jedenfalls nach den Erfahrungen des Gerichts relativ preisgünstig ausgefallen.

    Rechtlich bestehen also letztlich keine durchgreifenden Bedenken dagegen, dass die Pferde der Beklagten, wenn auch offenbar weniger von Ben Hur oder gar vom Teufel gelenkt als von ihrer eigenen Erfahrung, weiterhin ihre Touren durch die Kölner Stadtteile ziehen. Wenn sie dabei ab und zu ein Auto eintreten, so erfreuen sie sich vielleicht gerade dadurch der Sympathie bestimmter Wählerschichten (vergleiche dazu die Umfrage des Forsa-Instituts zur Verdrängung der Autos aus dem Kölner Zentrum, Kölner Stadt-Anzeiger vom 15./16. 9. 1984). Für die übrige Bevölkerung wird solches Verhalten neben einer alsbaldigen Zahlung des Schadens durch die Beklagte insbesondere dadurch aufgewogen, dass die Pferde sehr umweltfreundlich sind. Das beweist schon die Tatsache, dass selbst die derzeitige Bundesregierung die Einführung eines Abgaskatalysators für Pferde nicht in Erwägung zieht. Sie hätte auch ökologisch wie ernährungspolitisch nur das unerwünschte Ergebnis, dass unsere Möschen (=Spatzen) noch mehr als bisher auf manche warme Mahlzeit verzichten müssten (vergleiche dazu Sommer, Traktoren mit Ohren, in: Die Tage vergehen, 1972, S. 133).

    Die Beklagte möge also die Blötsche (= Eindellungen) am Fahrzeug der Klägerin bald möglichst bezahlen. Weil die Post heute ja bekanntlich nicht mehr so schnell ist wie früher, hätte es durchaus seine Vorzüge, wenn das Geld mit Hilfe der Bierkutsche der Beklagten zur Klägerin transportiert würde. Rein vorsorglich wäre jedoch dabei zu empfehlen, dass diesmal der zweite Kutscher mitfährt, weil das rechte Pferd das Auto der Klägerin möglicherweise wiedererkennt.

    Ob auf dem Fuhrwerk dabei diesmal ausnahmsweise ein volles Fässchen mitgeführt wird, sozusagen als Schmerzensgeld für die Beulen, bleibt allerdings dem freien Ermessen der Beklagten überlassen. Mit einer entsprechenden Verurteilung würde das Gericht seine Befugnisse überschreiten, weil die Klägerin keinen entsprechenden Antrag gestellt hat (vergleiche dazu § 308 ZPO). Desgleichen kann das Gericht die Frage nicht entscheiden, ob die Beklagte die Schadensersatzsumme als Werbungskosten von der Steuer absetzen kann. Zusammenfassend ließe sich sagen:

    "Es war ein Mond nach Silvester,
    da stapften die Pferde vom Sester
    verwirrt durch des Kutschers Menkenke
    im Süden von Schänke zu Schänke:
    Der trank nämlich Kaffee statt Sester.
    Der Regen ward zwischendurch fester,
    die Pferdehaut folglich durchnässter,
    weshalb dann ein Pferd mit der Pfoten
    ein Auto, das dastand, getroten.
    Wer ruft da: Tritt fester mein Bester!?"

    Um das Urteil auch formaljuristisch abzurunden, sei darauf hingewiesen, dass die Nebenentscheidungen auf den § 291 BGB, §§ 91 und 709 ZPO beruhen (falls dies noch jemand ernsthaft interessiert).



    - Leider ist nicht angemerkt, ob das Urteil in Rechtskraft erwachsen ist. -
    "Mir läuft ein metaphysischer Schauer über den Rücken."

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