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Thema: Goldt, Max schenkt mir einen hübschen Adressen-Abknibbel-Aufkleber

  1. #1
    MaybachMember Avatar von Herr Uffelmann
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    Goldt, Max schenkt mir einen hübschen Adressen-Abknibbel-Aufkleber

    Max Goldt schenkt mir einen hübschen Adressen-Abknibbel-Aufkleber

    Vor vielen Jahren, ich war noch ein ganz junger Hase und ganz neu in Hamburg, kehrte ich nach einer ebenso einsamen wie erfolglosen „ich suche Spaß und neue Freunde“-Tour auf ein letztes Bier in den Golden Pudels Club ein.
    „Das ist DER Laden in Hamburg, da mußt du hin!“ hatten mich meine allwissenden Berliner Freunde zum Abschied verschwörerisch in die Pflicht genommen.
    Da war ich nun, Sonntagmorgen halb vier, der Laden halb leer, um mich herum trommelte und basste es ganz fürchterlich, und auch der Umstand von Schorsch Kamerun Höchstselbst ein Bier geöffnet zu bekommen, mochte keine wahre Freude aufkommen lassen. Neben mir, zählte ein auch nicht sehr fröhlich wirkender Herr, konzentriert die Luftblasen seines Bierschaums. Er sah, wie ich fand, dem von mir schon damals sehr verehrten Max Goldt zum verwechseln ähnlich. Weil ich schon viel Bier getrunken hatte und sehr einsam war, tippte ich das fremde Max Goldt Double an: „Guten Morgen, ich bin Herr Uffelmann und finde Sie haben eine geradezu bemerkenswerte Ähnlichkeit mit dem von mir sehr verehrten Max Goldt.“ Das höre er oft, sprach das Max Gold Double, ja ein wahrer Fluch sei das mit der Ähnlichkeit, gerade sei er nach Hamburg gezogen, denn in Berlin, da war es Ihm zuletzt ganz und gar unmöglich in Ruhe Bierblasen zu zählen.
    Ganz nüchtern wurde ich plötzlich und eine, mir seit Teenagertagen überwunden geglaubte Aufregung erfasste mich. Ich sprach wirklich mit Max Goldt.
    Hier ist nun, zum bessern Verständnis meiner Aufregung, einzufügen, das ich zu jenen Menschen gehöre, die „Familie, Pubertät und Haarwuchs“ für einem Meilenstein lyrischer Sangeskunst halten und auf die ewige Nervfrage: „wie geht’s?“ gerne fröhliche krähe:“ungeduscht, geduzt und ausgebuht!“. Nicht verheimlicht werden, sollen hier auch meine jahrelangen Versuche zu schreiben wie Max Goldt, ich bin nämlich der Meinung, gut kopiert ist besser als selbst gestammelt.
    Nachdem ich mich wieder etwas beruhigt hatte, wurde es noch ein sehr schöner Morgen mit geistreichen Gesprächen über Berlin, Umzugsunternehmen, Beatmusik und Lieblingsessen. Als Max Goldt von meiner Freude am Kochen erfuhr, spekulierte er sogleich auf ein opulentes Mahl. Zum Zwecke der Herbeiführung dieses schönen Abends fischte Max (inzwischen waren wir beim Du angekommen) einen hübschen Adressen-Abknibbel-Aufkleber aus seiner Börse. Sorgfältig hatte er die Adressen auf Adressen-Abkleber-Etikettenbögen gedruckt oder drucken lassen und diese einzeln, sehr ordentlich ausgeschnitten. Soviel Pragmatismus erstaunte und rührte mich.
    Als der Michel zur Sonntagsmesse rief, versicherten wir uns unserer gegenseitigen Sympathie und wurden von gnädigen Taxikutschern in unsere jeweiligen, neuen Hamburger Heime gefahren.
    Ich habe Max nie angerufen, ich bin ein höflicher Paparazzi und möchte Ihm weiter Umzüge ersparen. Zuhause aber habe ich die Adresse unter M in mein Adressbuch eingeklebt. Gerne lade ich mir, auch heute noch, am liebsten im Anschluß an eine Max Goldt-Lesung, Freunde ein und protze mit dem hübschen Adressen-Abknibbel-Aufkleber.
    PS:
    Das Wort Adressen-Abknibbel-Aufkleber habe ich erfunden. Überraschenderweise macht mir das Rechtschreib,-und Grammatikprogramm meines Computers dazu folgende Vorschläge:
    1. Adressen-Abkribbel-Aufkleber
    2. Adressen-Abkibbel-Aufkleber
    3. Adressen-Abnibbel-Aufkleber
    Letzterer ist mein Lieblingsvorschlag, denn er erinnert an ein schönes Dialektwort aus dem Schwäbischen. Stirbt dort ein wenig geliebter Mensch, oder stürzt in dieser Region ein Computer ab, dann erzählen sich die Schwaben:
    „der isch abgnibbeld“, bzw. „etz isch dia Scheißkischt scho wieder abgnibbeld“

  2. #2

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    Abnibbeln gibts in Hamburg auch, das habe ich auch gesagt. Meine Lieblingssynonyme für die beschriebene Tätigkeit waren als Kind 1. abkratzen, 2. schrägen ("den hats geschrägt") und 3. zerlegen, wobei ich mich zum ersten Mal wundere, was das heißt. Zerlegen ist klar; bei schrägen fällt es mir zum ersten Mal auf; aber was abkratzen sein könnte, wüßte ich zu dieser betrunkenen Stunde doch gern. Hat es vielleicht etwas mit Bestattungspraktiken zu tun? Oder mit neurologischen Tests? Wird man, wenn man tot ist, vom Neurologen auf Reflexe abgekratzt? Und was ist abnibbeln?
    Geändert von Stimmen (03.04.2004 um 19:52 Uhr)

  3. #3
    [Member] Avatar von Herr Cohn
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    Abnibbeln, mittelniederdeutsch 'niffelen', kommt von 'nach Niflheim gehen', also in die Unterwelt eurer teutonischen Altvordern abtauchen. Und uffeln?
    _________________
    um diese heidnische Uhrzeit glaub ich das auch fast

  4. #4

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    Ein alltägliches Goldt-Erlebnis

    Goldts Omnipräsenz ist frappierend. Gestern erst: Ich mit neuer Liebe und langjährigem besten Freund im schicken Restaurant lecker essen. Bester Freund und ich sprechen sowohl streckenweise als auch selbstverständlich in Goldtzitaten und nässen darob fast unsere Höschen. Liebe versteht nur Bahnhof. Bester Freund, vor Jahren von mir mit Goldts Schrifttum infiziert, und ich entfalten sowohl unverzüglich als auch automatisch den an dieser Stelle angebrachten missionarischen Eifer.

    Bester Freund spricht heute im Außenministerium vor, will einen fetten Job abgreifen. Versonnen sichte ich die Reiselektüre des von fern Angereisten. Neben einem Werk zur iranischen Innenpolitik, einem Koran und diversen Aufsätzen zu außenpolitischen Themen fällt mir "Ä" auf die Knie. Wieder einmal versichern wir einander unseres exquisiten Geschmacks. Das tun wir nun schon über zehn Jahre, ist immer dasselbe...

  5. #5
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    Ich frag mal ganz doof: Kann man eigentlich auch aus Max Goldt rauswachsen? Wie aus einer Hose. Oder wie aus Hermann Hesse, oder Tarkowskifilme, oder Walter Kempowski? Dass man bei dem Wort Hubschraubereinsatz die Augen rollt? Kann dass sein?
    Oder ist Max Goldt zeitlos?

  6. #6
    Comandantina
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    @Abknibbelmann: Warum will bloß jeder von Euch Kupferklopfern so schreiben wie Max Goldt? Und warum müsst Ihr Eure peinlichen Begegnungen mit dem Idol auch noch veröffentlichen? Geht's Euch dann besser? Ich verstehe das nicht. Da ist ja Pferdepostersammeln noch kreativer.

    Schreiben ist silber, kupfern ist Goldt?

  7. #7
    Camembert Avatar von Edding Kaiser
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    Ruhig, ganz ruhig, Andrea...

  8. #8
    MaybachMember Avatar von Herr Uffelmann
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    Andrea Maria,
    da haben Sie mich aber ganz schön erschreckt, so sehr, das ich sofort in Ihren alten Postings stöbern mußte. Jetzt bin ich wieder beruhigt.
    Sie sind immer eine Frau solch klarer Worte, der Kanzler hat schon zu Ihnen gesprochen und das Wichtigste: sie haben recht.
    Noch mehr erschreckt hat mich allerdings Matthias Altenburg mit "Kampf den Flaneuren !", das ich mit 10 jähriger Verspätung in seinem neuen Buch gefunden habe. Jetzt werde ich selber mir den Goldt austreiben und, so ich hier nicht vorzeitig unehrenhaft entlassen werde, lesen Sie vielleicht eines Tages auch mal was Ansprechendes von mir.


    hofft,

  9. #9
    Embedded Senator Avatar von DerCaptain
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    Hoh, Fury!

    Digital Immigrant

  10. #10
    sqm
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    (auch hier: Kupfer = ganz ganz schlecht, Bronze und Messing sind dann auch nicht besser)

  11. #11
    Camembert Avatar von Edding Kaiser
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    Der Uffelmän, der hat sowas... sowas... Souveränes.

  12. #12
    Avatar von Wilfried Wieser
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    Rauswachsen, ja, letztlich wird man aus ALLEM rausgewachsen sein, auch aus sich selbst, so läuft der Hase. Kurt Gödel ist aus Bertrand Russell rausgewachsen, Werner Heisenberg aus Albert Einstein und Toni Innauer aus Karl Schnabel, alle lassen immerzu alles zurück.

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