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Thema: O´Toole, Peter lebt!

  1. #1
    Avatar von starlingM
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    Peter O´Toole lebt!

    Was mich am meisten während dieser Reise im Vor-Frühling erstaunte war, dass London so ganz anders aussah, als ich es mir vorgestellt hatte: Viel Grau, ja, weil viel Stein, viel Stadt und Abgase und viel feiner Regen ... so hatte ich mir das auch ausgemalt. Aber gleichzeitig war es ganz schön bunt: Rote Telefonzellen, klar, aber auch die Londoner selbst schmückten sich wohl gerne mit leuchtenden Federn - egal ob es die Banker in der City waren, die, wenn die Sonne mal kurz rauskam, ihre Mittagspause in einem kleinen Park hielten, hemdsärmelig und die kakadufarbene Krawatte gelockert, oder die Punks, die mit ihren knallgrünen oder türkisen Haaren vor dem World`s End rumhingen. Selbst der U-Bahn Plan sah aus wie ein PopArtGemälde aus den 60ern.
    Mir machte die Stadt ziemlich gute Laune. Ich war mit meinem damaligen Freund hergekommen, und obwohl unsere Beziehung sich zu der Zeit ihrem Ende zuneigte, und oft nur noch eine einzige gegenseitige Quälerei war, war in dieser Woche so was wie ein Waffenstillstand mitten im Krieg zwischen uns eingetreten. Woher so eine plötzliche Harmonie rührt ist schwer zu sagen, vielleicht ahnten wir den nahenden Abschied, vielleicht waren wir auch nur müde vom Kämpfen Ich jedenfalls war nicht wie sonst eifersüchtig und unglücklich, wenn er mit den hübschen Mädchen im Café, oder im Plattenladen flirtete, sondern wie er hingerissen von Ihrem Lächeln, und ausserdem voll Anerkennung für ihren Stil, so gekonnt und sexy, relaxed und intelligent ... in München sah das, was zu der Zeit als Mode aus England kam, oft so gewollt unvorteilhaft aus, dass ich gedacht hatte, darum würde es eigentlich gehen: sich möglichst krass, extrem und hässlich darzustellen. An den jungen Frauen hier wirkte das jedoch auf einmal attraktiv und hatte Glamour - auf eine ganz entspannte Art.
    D. hingegen nervte mich nicht wie sonst mit seinem dogmatischem Qualitäts- und Anspruchs-Terror: wenn ich Hunger hatte gingen wir in ein Pub an der Ecke, ohne dass dafür erst drei Stunden lang der Guide Michelin gewälzt wurde. Oder er liess sich ohne grosses Getue zu einem Konzert von World Party überreden, die er eigentlich indiskutabel weil uncool fand, einfach weil sie in einem der seltsamen, schönen alten Concert-Halls in der Vorstadt mit Tischtelefonen und lila Teppichen an den Wänden spielen sollten. Er vermiesste mir auch nicht wie sonst in so einem Fall durch seine gönnerhafte und herablassende Haltung den Abend, sondern tanzte mit mir und wir hatten richtig Spass.
    Eines Nachmittags konnte ich ihn sogar dazu bewegen, mit mir durch die Boutiquen bei Nottinghill Gate zu stromern, ohne Kaufabsichten, weil eh zu teuer, einfach so, um mitzubekommen, was los ist, was geht, andere Leute gehen in Galerien, aber da waren wir ja auch gewesen, in der Tate Gallery z.B. mochte ich besonders gerne die Mondrians, sie schienen mir so gut zum Gefühl de Stadt zu passen, leuchtendes Rot und Blau und Gelb...
    Es nieselte, als wir eine Seitenstrasse entlanggingen auf der Suche nach dem joseph-tricot Laden, der sollte hier irgendwo in der Nähe sein. Neben uns zog sich eine ziegelrote halbhohe Mauer entlang, über die sich mit vom Regen schweren Blättern, dunkelgrüne Büsche neigten, mit kleinen, weissen Blüten drin, die süss und irgendwie exotisch dufteten.
    Zwei Passanten kamen uns entgegen, beide grauhaarig, der eine schlank, fast hager und um einiges grösser als der Andere, so dass er sich beim Gehen zu seinem Gefährten hin gebeugt hielt, um nichts von dessen Rede zu verpassen, dann mit weiter Geste diesem antwortend, sich plötzlich aufrichtete und jetzt schon ziemlich nahe gekommen, mir direkt ins Gesicht sah. Wow. Ist das nicht Peter O´Toole?... schoss es mir durch den Kopf. Muss er sein, diese Augen, was für eine Farbe, so hell und strahlend und intensiv... kann ja gar nicht sein, gleich der nächste Gedanke, der ist doch tot, bei einem Motorradunfall ums Leben gekommen ...und neugierig drehte ich mich um, um ihn mir noch mal anzusehen, und er, schon ein paar Schritte weiter, drehte sich genau in diesem Augenblick auch um und schaute mich neugierig an. Dann zwinkerte er mir zu, drehte sich zurück und ging seines Weges.
    Oh Mann, das gibt’s doch nicht! Kannst Du mich bitte mal zwicken? Hast Du das eben auch gesehen, das war Peter O´Tool! Wahnsinn. Aber der ist doch tot!
    Mein Freund, der beruflich viel mit Stars und Berühmtheiten zu tun hat, war leicht irritiert darüber, wie sehr die Sache mich mitnahm. Ich könnte ihm ja hinterher rennen und um ein Autogramm bitten, bitteschön. Aber ich war viel zu aufgeregt und durcheinander. Ausserdem: würden Sie Lawrence of Arabia um ein Autogramm bitten? Na also..
    Das mit seinem Tod klärte D., der viel von Film versteht, dann für mich auf: am Anfang (oder Ende?) des besagten Filmes von David Lean, sieht man Lawrence nämlich auf seinem Motorrad durch England fahren. Wagemutig schnell natürlich, so wie er später im Film dann auch auf seinem Kamel durch die Wüste galoppiert. Nur das ihm in dieser Szene der Wagemut zum Verhängnis wird, und er durch einen Unfall stirbt. Lawrence nämlich, aber natürlich nicht Peter O´Tool, da hatte meine Fantasie was durcheinander gebracht.
    Übrigens soll es eine Verfilmung von Joseph Conrads „Lord Jim“ mit ihm in der Hauptrolle geben, kennt die jemand? Ich habe sie nie gesehen, aber während ich das Buch gelesen habe, stand er mir klar vor Augen: „Eines schönen Sommermorgens sah ich seine Gestalt in der gewöhnlichsten Umgebung einer Hafenstadt des Ostens vorübergehen – einnehmend – bedeutsam – im Zwielicht – vollkommen still. Wie es auch sein sollte.... Er war einer von uns.“
    Zu viel Romantik? Egal. Und um ehrlich zu sein: so richtig erstaunt war ich eigentlich nicht, als Sir Lawrence mir zugezwinkert hat. Für einen kurzen Moment erschien es mir sogar ganz normal.

  2. #2
    Member Avatar von christoph
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    Stark, Starling! Janz, janz jute Jeschichte, sehr schön, sehr farbig, wunderbar zum Anfassen berichtet, und wenn ich mir nicht vorgenommen hätte, diesbezüglich ein wenig kürzer zu treten, würde ich sie sogar in unser aller Digest hieven. So überlaß ich das erstmal Berufeneren. Das ändert allerdings nichts daran, daß dies ein supergelungener Weitwurf unter den Paparazzungen ist (auch, wenn natürlich die Begegnung selber noch etwas länger hätte sein dürfen, aber das Leben spielt halt manchmal nicht mit). Ich freu mich auf weitere Erzählungen von Ihnen!

    Logisch kenn ich auch die Lord Jim-Verfilmung mit Peter O´Toole - bislang nahm ich an, die hätte jedes Menschenkind schon mal gesehen. Meiner Wahrnehmung nach kann man Peter überhaupt nur aus zwei Filmen kennen: aus dem Lawrence oder dem Jim ("Peter O´Toole? Ist das nicht der aus Lord Jim?").

  3. #3
    Avatar von starlingM
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    Dear Christoph, danke für die Blumen, you`re almost to kind!

    Dass ich "Lord Jim" nicht gesehen habe, ist leider typisch - genausowenig wie "Taxidriver", "Wilde Nächte", "Das Schweigen der Lämmer" und "Titanic". Die Liste liesse sich noch um einige wichtige Filme fortsetzen, und dabei liebe ich Kino wirklich!
    Böse Wissenslücken also, aber so kann ich mich immerhin noch darauf freuen..

  4. #4
    [Member] Avatar von Herr Cohn
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    Wirklich, versuchen Sie mal ins Kino zu gehen. Dann wüssten Sie, dass O'Toole mit der Titanic unterging und im "Schweigen der Lämmer" ein Opfer von Dr. Lecters Begierde wurde, sich in den Wilden Nächten verausgabte und vom Taxidriver überfahren wurde. Soviel Einsatz geht auf keine Kuhhaut. Herr O'Toole starb daran. Sie haben in London also nicht ihn, sondern jemand Anders gesehen. So.

  5. #5
    Avatar von starlingM
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    Aber wer war es dann?

  6. #6
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    Als ich so um die 6 war, wollte ich unbedingt ein Junge sein und spaeter so aussehen wie Peter O'Toole. Den Wunsch hat mir das Schicksal dankenswerterweise nicht erfuellt, denn sonst wuerde ich in 20/30 Jahren ausschauen wie ein schwuler , melancholischer Alkokoliker, muesste in schlechten Jeanne d'Arc Filmen mitspielen und wuerde auf der Strasse erkannt:
    Geändert von DREA (25.02.2002 um 08:09 Uhr)

  7. #7
    Member Avatar von Philostrat
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    @ Drea:

    Deine Respektlosigkeit bedrückt mich. Ich hatte mehrmals die Gelegenheit,
    Peter O´Toole persönlich zu treffen. Ich besitze ein Gründstück in Conne-
    mara, West-Irland, nahe dem Dorf Clifden. Peter O´Toole lebt ein nur ein
    paar Meilen entfernt und betreibt eine Pferdezucht. Ob auf dem monatlichen
    Cattle-Market oder fast jeden zweiten Abend im Pub ("E.J. Kings"), O´Toole
    nimmt sehr rege am öffentlichen Leben teil. Er ist ein sehr offener, netter
    und interessanter Zeitgeselle, der übrigens für irische Verhältnisse weit
    unterdurchschnittlich Alkohol zu sich nimmt. Homosexualität und Melancholie
    sind ja eigentlich beides keine schlechten Eigentschaften, dennoch fand ich
    Deinen Kommentar beleidigend.

  8. #8
    Moderater Avatar von Murmel
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    Homosexualität - Hobby oder schlechte Eigenschaft?

  9. #9
    Member Avatar von Mr. Knister
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    @Philostrat
    Genau. Ich freue mich jedes Mal, wenn ich Gesichter à la O'Toole im TV sehe. Sogar in schlechten Jeanne d'Arc-Filmen. Von den glatten, jungen, gesunden Yuppiehackfressen a la Cruise & Co. (im "Schöne-Frauen"-Strang sind die weiblichen Äquivalente zu bestaunen) habe ich den Kanal voll. Echt.

  10. #10
    Moderator Avatar von Klede
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    Also, ich kann verstehen, dass DREA in 20/30 Jahren nicht wie ein schwuler, melancholischer Alkokoliker aussehen will.

  11. #11
    Member Avatar von hofbauerova
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    Ganz wertneutral halt, klar!

  12. #12
    Avatar von starlingM
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    Habe die Sache noch mal überschlafen: auch wenn es schon ein paar Jahre her ist, ich bin mir sicher: es war Peter O´Toole.
    Und er sah klasse aus.

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