die achtziger: ein kalter, rauher wind weht zwischen ost und west,
breschniew und reagan stehen sich mit ihren ss 20 und pershing 2 und unsäglichen feindbildern gegenüber. menschen, die mit diesem klima nicht einverstanden sind, gehen auf die straße und marschieren oder bilden menschenketten. meine mutter trägt zu dieser zeit lila latzhosen, mein vater kleidet sich in selbstgestrickten schurwollenen pullovern.alle tragen birkenstockschuhe.wenn wir nicht gerade mit diesen mitmaschieren, hocken wir auf unseren lammfellen vor dem kamin in unserem haus und singen pazifistische lieder.zu essen gibt es müsli, rohkostplatten und körnerauflauf mit tofu. noch so ein relikt aus dieser zeit, an das ich mich erinnere: buttons und aufkleber: eine friedenstaube auf dem auto, ein anti-atomkraft-button auf der jutetasche.
man kann wählen zwischen softies und machos in diesem außenpolitisch kalten jahrzehnt und vor allem enstehen "beziehungskisten". bei uns wird permanent diskutiert und politisiert. nachts liege ich wach in meinem dachgeschoßzimmer und habe angst vor einem atomaren weltkrieg, plane heimlich mit meiner besten freundin nach australien auszuwandern, während ich die hiroshima-bilder vor mir sehe.
nun gut. wo geht der urlaub hin? nachdem wir jahrelang in die bretagne gefahren sind mit unserem familienbus, darin hannes wader gehört haben bis zum verrecken oder livemitschnitte von irgendwelchen kundgebungen, meine mutter die nackten füße an der autoscheibe rieb, ihre hand aus dem fenster in die sonne räkelte, und wir dort in frankreich mit unseren französischen freunden buttons und aufkleber getauscht hatten, bei ihnen hieß es nämlich "touche pas mon pote", mach meinen kumpel nicht an, was in der praxis so aussah, daß ich meinen ausländischen mitschülern kostenlos deutschnachhilfe geben mußte... also, engagement bis zum anschlag.
naja, ein ander mal fuhren wir dann ins salzkammergut nach österreich um uns von den freizeitpolitischen aktivitäten auszuruhen bzw. uns dort dafür neue inspirationen zu holen. wir wohnten in einem schloß mit einem integrierten kinderweltmuseum, die leiterin davon hochgebildet und im dirndl und ebenso öko wie meine eltern. wir machten unter anderem von dort aus einen ausflug nach kärnten in ein kommunistische kommune namens "longo mai", die lebten da ganz autonom mit selbstgehälkeltem jeglicher art.
eines tages rief meine engagierte mutter ihre guru-köchin barbara rütting an, durch sie hatte sie die vollkornküche entdeckt und sie hatte sich nicht unweit von unserem alternativen schloß niedergelassen. barbara rütting hatte nichts gegen unseren besuch und so kam es, daß wir mit kind und kegel eines nachmittags bei ihr anrollten. wir brachten ihr selbstgemachtes brot mit.
barbara rütting, die ex-schauspielerin und nun gnadenlose verfechterin einer ökologischen küche und autorin einiger vollwertbücher empfing uns grauhaarig, aber herzlich und kerngesund. sie zeigte uns ihre katzen, mit denen meine schwester alsbald spielte, zeigte uns ihren gemüsegarten, ihren mann und ihre getrennte müllsammlung inklusive des komposthaufens.
meine eltern waren überglücklich auf eine gleichgesinnte in der österreichischen pampa zu treffen.
ps:
wieso mir diese uralte promi-geschichte überhaupt wieder eingefallen ist, liegt nur daran, daß ich barbara rütting neulich nämlich neben alexa von der henning lange in einer talkshow gesehen habe, die mich zu dieser "girlie"-geschichte animiert hatte. so kommt eins zum anderen.
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