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Thema: Minogue, Kylie - Im Jahr der Kylie

  1. #1
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    Minogue, Kylie - Im Jahr der Kylie

    1988 - das war das Jahr der Kylie. Kylie war da und rüttelte und schüttelte sich durch die zusehends konfuser werdende Berichterstattung. Die Kulturereignisverwertungsmaschinerie stockte, stotterte, der Film riss und kam nicht wieder in Gang. Ihr Bild verschwand nicht. Die Zeitungen Europas, die Fernsehgeräte und die Plakate - sie alle mussten es wieder und wieder zeigen. Aber sie zeigten es nicht, wie sie es sonst tun: als Beweis, als Indiz oder als Propaganda. Sie druckten es als Steckbrief.

    Zum Auftauchen Kylies gehört der jaulende, gleichlautende Ton des Entsetzens, den bürgerliche und alternative Presse mit der Regelmäßigkeit einer Bundestagswahl von sich gaben. Oft tarnte sich Entsetzen auch als tolerante Verwunderung.

    In Hamburg gibt es seit den sogenannten Pioniertagen des Fernsehens eine Sendung, die sich "Aktuelle Schaubude" nennt. Hier traten und treten meistens die übelsten Kretins des deutschen Schlagers auf, und Fußballspieler und Theaterschauspieler erklären in zwei Minuten ihre Zukunftspläne. Der Clou der Sendung war (und ist?) der, dass sie live ausgestrahlt wurde. Die Behauptung, dass dem so sei, wurde immer wieder dadurch untermauert, dass alle Fußballer und Schauspieler ganz außer Atem vor Hetze dasaßen und beteuerten, gerade von der Probe/Spiel/Training gekommen zu sein.

    Hier trat auch Kylie Minogue auf. Eine Verkettung wunderbarer Zufälle und eine plötzlich gewonnene Fähigkeit zum Operieren außerhalb der Legalität verschaffte einem Freund und mir Einlass zu dieser Veranstaltung. Ein riesiges Festzelt war auf dem Heiligenstiefel aufgeschlagen. Glücklich über unser Glück taumelte ich ein paar Schritte in die Vorräume des Zeltes und prallte mit einem Herrn mit rotem Jackett zusammen, der wie der leibhaftige Adamo aussah. Zwei mittelalte Engländer mit Eiskunstläufercharme flüsterten uns schweinische Witze von Prince Charles und Lady Di ins Ohr. Rex Gildo flatterte vorbei. Noch war Probe. Die Alkoholiker des Showgeschäfts prallten nervös auf den Gängen zwischen den Biertischen aneinander. Es war eine Panik im Bewusstsein des sicheren Todes, der uns alle mal ereilen wird. Im nahegelegenen Schlachhof erlitten diverse arme Schweine einen Herzinfarkt aus Angst vor der Hinrichtung.

    In einer Ecke saßen zwei Kylie Minogues rittlings auf einem Tapeziertisch. Kylie 1 war ihr Manager, Kylie 2 war sie selbst. Sie erklomm den Laufsteg. Stand vor dem Publikum, sang ein paar Ministerpräsidenten an, die dort saßen. Die aus entspannter Biertischlaune unvermittelt in schreckstarren Ernst verwandelten Mienen der drei Politiker, die plötzlich in ihrer abgesteckten Welt der fortgesetzten Lüge von dem erotischen Schauer der Wahrheit berührt wurden, war einer der größten politischen Erfolge staatsfeindlicher Bewegungen.

    Zwei Tage später begegne ich Kylie zufällig im Foyer des "Interconti". Nebenan gibt es ein getüfteltes Essen, man serviert dröges hanseatisches Flaschenbier. Kylie beugt sich mit einer Vier-Sterne-General-Bewegung über den Tisch und tauscht mit ihrem Manager die Lammlenden. Sie kriegt die rosa Lenden, der Manager die grauen. Wenn Kylie lacht, bleiben die Kellner mit ihrem Tablett "Goldfasanenbrust mit Pfauenfedern garniert" stehen und blicken erstaunt. Die Air Condition unterbricht ihr müdes Surren und die maschinell geplätteten Kunstfasern des Teppichbodens richten sich für einen kurzen, rebellischen Moment zu voller Größe auf.

  2. #2
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    Sehr schön, Herr Lotterbeck, sehr schön! Auch wenn ich Sie im Verdacht habe, den entrüstet aufjaulenden Ton der bürgerlichen Presse ein wenig übertrieben darzustellen, um ihren kleinen Augenstern, die talentlose singende Schlampe da, auf dieser Folie heller erstrahlen zu lassen. Andererseits haben Sie mit 64 Jahren möglicherweise ganz andere Vorstellungen von Erotik als wir 22jährigen - und davon zu erfahren, fand ich ebenfalls schön.

  3. #3
    Sir Avatar von yellowshark
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    Dass Frau Minogue sogar unbelebte Materie zur Erektion befähigt, ist doch aber sicherlich nur Ihrem ganz persönlichen Wunschdenken zuzuschreiben, Herr Lotterbeck, oder? Mal ehrlich!
    ys

  4. #4
    Member Avatar von DerSchorsch
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    Materie, Materie! Materie ist vom Geist abgefallenes Zeug, also erstarrter Geist. Ich würde nicht soviel Aufhebens darum machen.

  5. #5
    Moderater Avatar von Tobi Wahn
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    Ich möchte an dieser feinen Geschichte noch positiv hervorheben, dass weder ein Wort über Frau Minogues Größe (klein) noch über Frau Minogues Hintern (geil) fällt.

    Allerdings habe ich den Teil mit den zwei Kylies nicht verstanden, wo eine sie selbst und die andere ihr Manager sein soll.
    Ihr Manager war klein und hat 'nen geilen Arsch?

  6. #6
    Member Avatar von christoph
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    Ist diese Geschichte wirklich fein? Wo kaum ein Hauptwort ohne pompöses Adjektiv daherkommt? Wo die Pioniertage des Fernsehens "sogenannt" sind? Wo anläßlich einer flüchtigen Sichtung die Regelmäßigkeit der Bundestagswahl und das Gefühl des sicheren Todes herbeizitiert werden? Was genau Eiskunstläufercharme ist, wüßte ich auch - naja, nicht wirklich gerne. Kylie ist ein Schnuckel, aber so einen Hügel Verbalschlagsahne hat sie deswegen erst recht nicht verdient.

  7. #7
    attention whore
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    Ich hätte gerne, dass christop sich in "Boobie Scholz" umbenennt.

  8. #8
    Member
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    Diese Griechenlandfahrer-Ideologie, dass ein alter Schäfer, der in seinem Leben nur zwei Worte gesprochen hat und ansonsten seinen Mund von seinem weißen Bart hat zuwachsen lassen, viel weiser sei als wir kopflastigen Zivilisationsmenschen, ist mir ja eigentlich ein Greuel. Aber bettyford ist wirklich weise. Kommt mir jedenfalls so vor, wenn sie mit gewinnendem Lächeln breit über den Tisch lehnt, während ihre Jungs wie Trick, Trick und Track im Forum rumalbern und sich Wodka-Orangensaft in Plastikbecher schütten.

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