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Thema: Hennig von Lange, Alexa (dat girlie-alexa hennig von lange)

  1. #337
    Moderator Avatar von rron
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    Fassen wir nochmal zusammen: Das Buch wird also Der gläserne Hammer heissen. Schon ganz gut, aber da wird mir noch zu sehr auf die kokainbedinge Impotenz des Protagonisten Bussi Podgorski angespielt. Very rich-kidesk, very Popliteratur des letzten Jahrhunderts. Da sollte man noch mal drübergehen.
    Eventuell ist die glamouröse Erzpowertrümmerfrau anfangs nur mit einem Dildo befreundet; den könnte sie ja Benji nennen, wie der nette Fernsehhund, auch der beste Freund des MenschenIn.

    Ich muss da nochmal drüber nachdenken!

  2. #338
    Member Avatar von christoph
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    Vielleicht "Wo der gläserne Hammer hängt"? Eine hochsensible Frau hinterfragt die Codes der Männerherrschaft und brennt mit ihrem Angorakater nach - Beijing durch, wo sie ein Vermögen mit dem Vertrieb von Antidepressiva macht, bevor sie ihr Mann wieder nach Hause holt, weil er allein nicht den Gasherd bedienen kann?

  3. #339
    Abebe Lowumbo Avatar von joq
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    Ich habe Angst. Große.
    More gin in teacups

  4. #340

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    wird von einem Pfleger mit starkem Griff willenlos zu ihrem Bett geführt, die Lobotomie war erfolgreich; weich und ausdruckslos wirkt nun ihr Gesicht, keine Spuren mehr von Schmerz und sinnlos selbstquälerischen Gedanken; alles ist jetzt gut, Friede ist eingekehrt in die gemarterte Seele, nur der Mund spricht leise und mechanisch

    Ne Pille? Ich soll ne Pille geschluckt haben? Kann mich gar nicht erinnern, ich hab doch keine Pille geschluckt. Ne Pille? Ich? Ne, wirklich nicht.

  5. #341
    Moderator Avatar von Ruebenkraut
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    Am Ende des Glamours

  6. #342
    Member Avatar von Lottmannhafter Kaputtbaer
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    DIESE LOCKEN!

    Die Antwort der Literatur auf die Spice Girls? Ein Wunderkind der Kulturadaption? Oder kommt Holden Caulfield im 21. Jahrhundert nochmal auf die Welt, diesmal als Mädchen? Die attraktive 24jährige Autorin des Jugend- und Drogenromans ´RELAX´ (Verlag Rogner & Bernhard) ALEXA HENNIG VON LANGE irritiert Fachwelt und Publikum: Wie kann man so gut leben, so gut aussehen, so guten Sex haben und dann auch noch brilliant darüber schreiben? Ein Interview ohne Sicherheitsabstand mit JOACHIM LOTTMANN.

    Wie soll man über so ein Girlie schreiben, als älterer Literaturkritiker mit strengen Maßstäben, das Kollegen bereits als ´Literatur-Sexbombe´ bezeichnen? Würde ein junger Raver mit Base Cap und Kapuze weniger korrumpiert werden durch die direkte Sprache übers Körperliche, durch den hemmungslosen, uncodierten Jugendlichensex, der ihm auf jeder Seite des Debut-Romans ´Relax´ (vor einigen Wochen bei Rogner & Bernhard erschienen) entgegengeknallt wird? Hier hat ja nicht der alte Nabokov einen Roman über eine frühreife Verführerin geschrieben, sondern: Lolita hat ihn selbst geschrieben. Und die PR-Arbeit gleich mitübernommen.

    Bekanntlich sah Lolita besser aus als der neurotische Ich-Erzähler; dieser Roman hier müßte wirklich ein Erfolg werden. Nun, um die Eingangsfrage zu beantworten: Ob Sex oder nicht, junge Menschen haben ein Recht auf das Hinhören der Älteren, der Pädagogen, der Kritiker. Was nützt die Emphase des Fans ("Ey, goil eh! Das iss DAS Buch, eh!"), wenn es um ein Werk von Bedeutung und Könnerschaft, vergleichbar mit Salingers Fänger im Roggen, geht? Das ist hier der Fall. Also muß der Fachmann vor Ort.

    Berlin, in einer luxusrenovierten Ex-Schmuddelwohnung. Lange Fragen, kurze Antworten. Das war zu erwarten. Die Sätze der Autorin sind Handkantenschläge, die des Fragers gesammelt-gestammeltes Bildungsgut deutscher Philologen: "Fräulein von Lange, die Sprengkraft Ihrer Prosa liegt darin, daß Sie WIRKLICH über Sex und Drogen schreiben, daß das ECHTE Erfahrungen zu sein scheinen aus einem WAHREN Alltag mit AUTHENTISCHEN Worten, etwa, ich zitiere: ´Pinkeln, Pissen, Puschern, Schwanzwaschen, Wichsen, Rattern, Fusseln, Feiern´ - was ist eigentlich ´Rattern´?"

    "Selbst-be-frie-di-gung." Sie lächelt gnädig. Diese Locken! Dieses Marlene-Gesicht. Ihr Unterarm streift die Wange, sie greift von hinten den eigenen Nacken. Sie trägt ganz neue Nike-Turnschuhe und einen hautengen, lila Samtpulli, der ihr, wenn sie den Kopf mit den vielen Haaren nach hinten wirft, weit nach oben rutscht und den makellosen Bauchnabel, tatsächlich ohne Ring, freilegt. Ja, sie ist nicht gepierced und nirgendwo tätowiert - welche junge Frau kann das noch von sich behaupten? Die nächste Frage: "Aha. Dankeschön. Jedenfalls ist Ihr Buch über den Sex- und Party-Alltag junger Menschen so direkt und obszön, oder formulieren wir so: dermaßen hocherotisch beschrieben, daß erwachsene Leser darin so wenig blättern sollten wie in den BRAVO-Aufklärungsseiten. Andererseits hat die Sprache den Drive und die Kraft und die Durchgängigkeit Hemingways. Nirgendwo hakt es, nie wird es langweilig, jeder Satz entwickelt sich zwingend aus dem Satz davor, alles ist rasend schnell und hundertprozentig subjektiv, dazu noch brüllend komisch und am Ende tragisch, was heißt am Ende: es zieht sich sehr linear ein roter Faden vom heiteren, banalen Beginn bis zum furchtbaren, banalen Ende, will sagen: wo haben Sie das alles her?" Sie schiebt die ineinander verschränkten Arme weit über die Tischplatte und stützt das vorgereckte Kinn darauf; sie ist immer in Bewegung, nein, das Gegenteil ist wahr: sie ist immer zur Pose erstarrt, aber alle zehn bis zwanzig Sekunden ändert sie die Pose. Kein Wunder, sie war früher Fotomodel. Nun sagt sie, sie habe schon als Kind für ihren siebenjährigen Bruder geschrieben: "Der hat gelacht und geweint vor Freude. Original. Das hat dem absolut gefallen. Die Eltern haben das erst gar nicht gepeilt..."

    Alexa erzählt auch heute noch spannend. Manche der Posen wirken selbstverliebt, wie eben der über die Tischplatte geschobene Oberkörper. Anthropologisch gesprochen müßte man es Balzverhalten nennen, was sie als Ex-Model da veranstaltet. Aber es ist natürlich sehr reizvoll. Alexa ist 24, sieht aus wie 19 und schreibt über Teenies, die gewiß noch jünger sind. Sie sagt also, sie habe als Kind für ihren Bruder geschrieben, als der noch nicht lesen konnte. Als ein Älterer einmal zuhörte, rief er aus: ´Hennich, das sind ja Geschichten für Erwachsene!´ Alexa sagt es knapp und nüchtern, im Stenogrammstil, zum Mitschreiben. Sie erhebt sich, geht zwei Schritte. Sie ist so schlank und muß nur die Hüfte lässig ausstellen, und es prickelt schon wieder. Zurück zum Thema. Frage drei.

    "Ja, der männliche Vorname für die Erstgeborene, eben ´Hennig´, deutet er die spätere Rollentransparenz an? ´Relax´ ist doppelperspektivisch geschrieben. Die stärksten Passagen sind die aus der Sicht des Jungen Chris." "Echt? Ja, ich hab´ zuerst nur aus der Sicht des Jungen geschrieben! Original. Das war endspaßig. Sich in andere hineinversetzen, das ist es doch..."

    Sie hat die Hand immer in den Haaren. Es ist nicht zu begreifen, daß ein so kleiner Kopf so viele Haare haben kann. Es geht um Erzählperspektiven, Creative Writing Workshops, Kuluradaption (sie erarbeitet mit dem jungen Theater- und Techno-Wilden Stefan Pucher Bühnenshows für ihre Lesungen), Literaturwissenschaft und, last but not least, Friedrich Nietzsche. Der taucht an prominenter Stelle in ´Relax´ auf.

    "Nietzsche, so steht dort, ist der Lieblingsphilosoph Ihres Helden, der doch eher wie ein ins Positive gewendeter Holden Caulfield wirkt. War Nietzsche nicht viel zu dunkel für diesen ewig Extasy schluckenden Glücksritter?" "Nietzsche war ein Rockstar! Original." Sie lacht hell auf. Man soll es aber gar nicht als Witz verstehen. Sie wirft die hübsche Stirn in Falten und führt aus: "Chris kommt aus einem Bildungsbürgerelternhaus, er kennt die Bücher, aber seine Eltern sind geschieden. Seine Eltern lieben ihn, kümmern sich aber nicht um ihn. Sie weisen ihm nicht den Weg. Und so hat er eben diese Nietzsche-bücher und blättert manchmal drin rum." "Und Ihr eigener Lieblingsphilosoph?" "Descartes. Original. Der Mann, der zum Beispiel gesagt hat: ´ich denke, also bin ich´. Aber ich mag auch Sartre gerne, Camus, die Existentialisten." "Und was lesen Sie gern?" "Natürlich hat mich Salinger sehr beeinflußt damals. Max Frisch noch mehr. Bukowski, Thomas Bernhard... Joyce habe ich quergelesen, Thomas Mann auch... aber eigentlich ist mir das nicht so wichtig." "Die Literaturszene", sagt sie einmal sehr entschieden in einem Radiointerview, "will ich nicht!" Sie erzählt lieber, wie sie den NDR-Wettbewerb ´Kinder schreiben für Kinder´ gewann... Sie wohnte damals in Hannover. Beide Eltern waren angesehene Architekten. Eine Kindheit im Grünen voller Glück. Fernsehen war den Kleinen streng verboten. Die bürgerliche Hochkultur in ihrer letzten Blüte in norddeutscher Abgeschieden- und Geschütztheit, in der einzigen Provinz, in der dialektfreies Deutsch gesprochen wird: was konnte dabei anderes gedeihen als ein Wunderkind? Alexa macht früh Abitur, moderiert die Kindersendung ´Bim Bam Bino´, wird Sprecherin und Moderatorin bei Kabel 1, geht zu RTL und schreibt die Dialogtexte für ´Gute Zeiten, schlechte Zeiten´, schreibt nebenher Romane und verdient Geld als Model. Sie ist: perfekt. Und sie ist: frech. Auf Lesungen spielt sie mit dem Publikum, erzählt Witze, drückt die sauertöpfischen MitautorInnen an die Wand. Sie wirft die Haare zurück und lacht so laut und penetrant, daß auch der letzte Kulturschmock begreift: Ein neues Zeitalter hat begonnen. Ihre Pressetermine erledigt sie nebenbei und mit Freude. Ihre eigentlich zuständige Verlagsmanagerin Birgit Politycki - die Frau des großen Matthias Politycki, gefeierter Neubegründer des deutschen realistischen Romans - kriegt nichts zu tun. Sie lenkt natürlich trotzdem behutsam die Karriere aus dem Hintergrund. Sie könnte ja auch nicht so hübsch die gespreizte Hand an die Stirn legen, als gelte es, gegen die Sonne zu blinzeln, wie Alexa es gerade tut. Dabei erzählt sie wieder von ihrer Kindheit. Junge Menschen reden über ihre Kindheit so virtuos wie alte Menschen über ihre Jugend... Nun gut: Sie ist schließlich kaum 20, als sie Markus Peichl kennenlernt und für ihn und den noch neuen Sender ´Premiere´ die erste deutsche Daily Soap schreibt. Und alles über Bildaufbau, Schnitt-Technik und Regie lernt.

    Sagt sie. Und steht dabei einfach nur so da. Wie Kate Moss im ´Just be´-Video. Selbst wenn die Haare nur so herunterfallen, ist es wie eine aktive Pose. Weil die Schultern gerade, das Kinn gereckt, das Kreuz durchgedrückt sind. Der doch höchst ungewöhnliche Wunsch, eine lebende deutsche Autorin mit den eigenen Händen anzufassen, den nur angedeuteten, leichten Babyspeck rund um ihren schönen Bauchnabel zu berühren: er könnte einem weniger sittlich gefestigten Berichterstatter durchaus kommen. Doch selbst dann, politisch inkorrekter Super-G.A.U. des alten Denkens, würde Alexa Hennig von Lange schlagfertig reagieren und einen weiteren Punkt machen. Ihre Biographie springt doch vom 19ten ins 21te Jahrhundert, von "Nichts ist doofer als Hannover" zum 400-Kanal-Spartenfernsehen. Da kann sie über die alten Verklemmtheiten und Geistesnöte des späten 20ten Jahrhunderts nur lachen. DIE ZEIT? Ist das nicht diese Tageszeitung, die viel zu links ist? Egal, jeder darf kommen! Sie knickt ein Bein ein, legt den Kopf schräg, zeigt Grübchen. Dann, Kopf gesenkt, Blick von unten: "Trotzdem. TV (gesprochen Tii-Wii) nervt mich oft. Original. Ich seh manchmal gar nicht fern. Gute Zeiten, schlechte Zeiten würde ich nie anschalten, wenn ich nicht dabei wäre. Also absolut." "Lieber ein gutes Buch lesen?" "´Jack der Bär´ könnte ich nochmal lesen" (lacht), "Nein, die neuere deutsche Literatur ist nichts für mich. Brett Easton Ellis vielleicht, der soll ganz interessant sein. Fernsehen kann ein sehr interessantes Handwerk sein. Wie die Bild Zeitung. Da sid große Künstler am Werk. Man muß aus Nebensachen eine Schlagzeile machen können, aus Versace wurde umgebracht oder jemand hat im Halteverbot geparkt. Und jeder liest heimlich die Bild Zeitung. Wahrscheinlich guckt auch heimlich ab und zu ´Gute Zeiten, schlechte Zeiten´. Weil es DRAMATISCH ist." "Original." "Es ist, wie wenn gute Handwerker aus gutem Holz ordinäre Möbel bauen. Es gibt sechs Gruppen à vier Mann, jede Gruppe entwickelt drei bis vier Handlungsstränge, die dann jeden Freitag miteinander verwoben werden. Daraus entstehen die Vorgaben für die Stories und Szenen, 300 Stück pro Woche, die dann natürlich blitzschnell geschrieben werden müssen." "Krass! Dagegegen ist der Bau eines Möbels ja endeinfach. Aber ist dabei nicht Ihr aktiver Wortschatz von 200 000 auf 400 Worte geschrumpft?" "Weiß ich nicht. Ich nutze das Wissen um das dramaturgische Schreiben für meine Bücher. Ich meine: Was ich beim Fernsehen mache, ist einfach sehr, sehr kreativ. Ich hasse dieses Wort. Ich suche Symbole, Bilder, um Sachverhalte zu verdichten. So schädlich kann das nicht sein. Und manchmal sitze ich mit so wunderbaren Menschen wie Xenia Seeberg zusammen. Wo könnte ich das sonst?" "Zurück zur Literatur. Es heißt, sie hätten auch Hermann Hesse gelesen. Merkt man Ihrer Prosa nicht an." "Narziß und Goldmund, Steppenwolf, naja. Das war mit zwölf, 13 Jahren. Geblieben ist vielleicht, daß es mir in der Literatur um Emotionen geht. Ich mag deswegen die sogenannte Literaturszene nicht. Diese alten Leute mit Schuppen und grauen Haaren, die auf Lesungen gehen und alles analytisch aufnehmen, mit dem Verstand statt mit dem Herzen. Sobald es um Literatur geht, kramen sie alle Fremdworte heraus, die ihnen noch einfallen. In ihrem ganzen ödigen Leben geht es um Intellekt und nicht um Spaß." "Maxim Biller hat darüber gerade eine gute Glosse geschrieben, über den schlechten Geruch bei Lesungen." "Wirklich?" "Original." "Ist ja krass." "Der hat das echt gepeilt. Wie ist es denn mit deinem Helden Chris: was liest der? Man stellt ihn sich irgendwie als Analphabeten vor und seine anderen Jungs auch." "Ooch... er liest Magazine. ´Brigitte Young Miss´, ´BUNTE´, vielleicht sogar einmal FOCUS, nein, also was so rumliegt, ne Motorradzeitschrift oder so." "Kann er denn schon lesen?" "Logisch." "Kann man mit solchen Leuten später einmal Deutschland vor dem Untergang bewahren?" "Nein. Das kann niemand mehr. Deshalb sind die ja so. Wenn die die Nachrichten sehen würden, würden sie es mit der Angst zu tun kriegen. Die sind doch total alleingelassen von der Elterngeneration. Die haben da den Haß, sag ich dir. Darauf, daß sie durch die Alten irgendwie sich schuldig fühlen an den Judenverbrennungen. Das ist nicht unwichtig. Und dann diese Sachen: Aids, Umweltkatastrophen, Arbeitslosigkeit und so weiter: denen gehts scheiße, die haben Angst." "Warum haben sie immer soviel Geld?" "Arbeiten kann man immer. Du kriegst immer einen Job. Die Kohle fließt - natürlich nicht, wenn du auf Akademiker machst." "Und die letzte Zuflucht heißt dann Sex?" "Ach Quatsch. Sex ist eben imer da, genauso wie du essen mußt. Ich beschreibe das eben." "Sex wie er wirklich abläuft. Frei von diesen redundanten Bildern in Spießerhirnen. Du machst das sehr gut. Fast möchte man sagen: du gibst den Sex den Menschen zurück, entreißt ihn der Porno-Ästhetik. Kein Tag ohne Rattern. Die Kids haben in dieser Hinsicht ein gutes Leben. Trotzdem gehen sie durch die Drogen drauf. Warum?" "Warum nicht?" "Na, in ´Gute Zeiten, schlechte Zeiten´ passiert das zum Beispiel nie." "Stimmt. Dort trinkt man nicht, nimmt keine Drogen, zeigt keinen Sex. Für den Drehbuchautor ist es ja gerade interessant, Ersatzsituationen dafür zu schreiben, etwa für Schmerz. Das ganze ist überhaupt krass, also absolut, diese virtuelle... also diese RTL-Welt. Privat lebe ich natürlich ganz anders. Ich sehe eigentlich nie fern. Ich rede lieber mit Freunden." "Und schreibe alles, was RTL verbietet, in ein Buch namens ´Relax´?" Die Antwort erübrigt sich. Sie setzt sich wieder auf die gemeinsame Couch, schlägt die Beine übereinander, fährt sich mit der Hand über Wange und Mund. Sie holt einen kleinen Spiegel aus dem Nichts und einen Lippenstift, Dunkelrot, fast schon Schwarz, zieht die Farbe nach. Das muß Antwort genug sein. Oder noch einmal Lachen? Sie lacht frei heraus, es ist ansteckend. "Ich hätte trotzdem gern eine Antwort." "Also gut. Ich habe ´Relax´ für meinen Freund geschrieben, weil der mich verlassen hat. Beim Abschiedsgespräch las er nämlich zufällig die ersten Seiten und fand das ziemlich heftig. Dann ist er immer wieder gekommen, um die nächsten Seiten zu lesen. Der war süchtig danach, der fand das endgut. Original."

    Sie erzählt aufgeräumt, daß sie sich viele Kinder wünsche und an die Liebe glaube, ein Bekenntnis, das so gar nicht in die Slam-Poetry-Szene, in der sie meist liest, zu passen scheint. Dort, wo alle dieselben Sportswear-Sachen, Uwe Seelers Adidas-Turnhosen und diese blöden Jogging-Anoraks tragen und den trotzigen Ghetto-Blick dazu... nun, vielleicht immer noch besser, als in Sendungen aufzutreten, in denen Stefan Beuse aus seinem neuen Roman ´Wir schießen Gummibärchen zu den Sternen´ liest, ein guter Autor übrigens, der für diesen Titel nichts kann, und diese Sendungen werden ja auch samt Alexas kieksender Pubertätsstimme ins Internet eingespeist, aber, wie auch immer: DORT eine Kleinfamilie gründen? "Doch, absolut. Da ist die Natur da, die bestimmt hat, daß die Frau Kinder kriegt und ein Nest baut." "Und als das Buch fertig war? Was tat der Freund und wunschmäßige Familienvorstand dann?"

    Die Haare fallen wieder ´nur so´ herunter, aber diesmal wirkt es nicht wie eine Pose, weil das Kreuz nicht durchgedrückt ist und das Kinn nicht wie bei Kate Moss gereckt. Auch sind die Augen nicht herausfordernd kalt. Und auch nicht endlustig. Ein Mensch sitzt da, gebeugt. Sie holt tief Luft und sagt stirnrunzelnd, daß sie schließlich nicht anders gekonnt habe, als das nächste Buch anzufangen. Eine Liebesgeschichte. Noch besser als ´Relax´. Aber das sei auch schon wieder fertig. Und der Verlag ist verzweifelt: allein das Lektorat braucht zwei Jahre, um einen Text überhaupt zur Kenntnis zu nehmen. So ist das mit den unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Eine Autorin des 21. Jahrhunderts ist einfach zu schnell für die Buchdruckerkunst des 15. Jahrhunderts. Am Anfang war es eine alte Olivetti, auf der sie vor zehn Jahren ratterte. Jetzt geht sie mit einem eleganten, lautlos-leichten Power Book ins Bett, der Ort, an dem sie sich am liebsten aufhält. Möge sie nicht dafür bestraft werden, im falschen Land zu leben. Möge sie, wenn alles weiter so langsam läuft, zu langsam für sie, Trost im Physischen finden, wie der Philologe nun wohlwollend zu konzidieren vermag.

  7. #343
    Avatar von Lenin
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    Offensichtlich mag kaum einer noch etwas dazufügen. Der obige Text stammt übrigens von hier, zumindest seine wörtlichen Zitate, wie jeder leicht ergoogeln konnte.

    Dieser Strang hat an Länge und Dynamik alle bisherigen Paparazzi Stränge in den Schatten gestellt. Es fragt sich, ob das auf seine inhaltliche Qualität zurückzuführen ist.

    Platz 1 Thread: dat girlie-alexa hennig von lange Autor: julia mantel Antworten: 341 wie oft gelesen? 6685

    Platz 2 Thread: Böhm, Karl-Heinz im "Steirerhof" (Der Gottfried-Angeli-Strang) Autor: Gottfried Angeli Antworten: 248 wie oft gelesen? 419 (seit Einführung der --> neuen Software)

    Platz 3 Thread: Dylan, Bob von Conchitta Dill (Hier ist sie: Die Mutter aller Paparazzi-Geschichten) Autor: Conchitta Dill Antworten: 231 wie oft gelesen? 1209 (seit Einführung der --> neuen Software)
    Geändert von Lenin (26.01.2002 um 19:53 Uhr)

  8. #344
    Moderater Avatar von Murmel
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    Puh. Fertig. Kaputt.

  9. #345
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    @ Lenin

    Der Beitrag von Julia hatte den berühmten dreckigen Finger in einer offenen Wunde. So muß man ihn wohl lesen und werten. "Hannah" ist ein Psychogramm dieses Forums, und gehört als Strang verfilmt, in s/w, von Jarmusch. Mit Originaldarstellern.

    Bei dem Gedanken könnt' ich mir ein Loch in den Bauch freuen.

    (Waltex, das mit der Indiomütze war nicht böse gemeint. Es war nur wegen des Bildes. Und eine Schiffermütze hätte das Akkordeon bedingt - das wollte ich dir nicht antun.....)

    g.
    Geändert von graumauser (27.01.2002 um 12:31 Uhr)

  10. #346
    Moderator Avatar von Klede
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    Hier herrscht so eine postkoitale Ruhe. Wobei mir einfaellt: natuerlich muss das Post universalgobalfusionsnachdenkkampfprunkpunkliteratur heissen, weil Julia Mantel den ganzen Quatsch hinter sich lassen wird mit ihrem Buch.
    Geändert von Klede (27.01.2002 um 01:42 Uhr)

  11. #347
    Large Member Avatar von vir
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    Nachbarin: "Was macht eigentlich Ihre Julia"
    Mutter Mantel: "Die studiert Hughes"
    Nachbarin: "Das ist gut, Anwälte brauchts immer."

  12. #348
    Moderator Avatar von DonDahlmann
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    Frau Sterblich könnte Photos machen. Ist direkt bei ihr neben an, sozusagen im Hinterhof.


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    Pop-Literaten-Hochzeit

    Die beiden Pop-Literatur-Stars Joachim Bessing ("Tristesse Royal", "Wir-Maschine") und Alexa Hennig von Lange ("Relax") heiraten. 16 Uhr.

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