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Thema: Mock, Alois

  1. #1
    Avatar von Elli Kny
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    Dr. Mock, Alois

    Also früher, in meiner Kindheit, im Mostviertel, ereigneten sich häufig kleinhäusliche, politische Szenerien. Meine Mutter, erklärte streitbare Sozialistin, mein Vater, Frauenheld, konservativ, niemals in der Kirche, am Küchentisch streitend. (Bei uns wurde viel gegessen.) Ich, völlig unpolitisch und kindlich überfordert, speicherte in meinem Hirn: Kreisky ist super, Mock ist uncool.
    Wann immer wir Ausflüge in die nähere Umgebung machten, erinnere ich mich an die Besuche von Euratsfeld. Es hieß dann: "Wir sind jetzt in Euratsfeld, hier ist der Mock geboren." Ein sehr bedeutsamer, prägender Satz.
    Jahre später, als ich meinen Kater von einem Bauernhof in Euratsfeld abholte, dachte ich mir: "Aha, mein Kater ist aus Euratsfeld, hier ist der Mock geboren."

    Heute nahm ich mein Mittagessen in der Pizzeria "Roma" im 18. Bezirk in Wien ein. Ausnahmsweise hatte ich schon zur Mittagszeit mein tägliches Achtel Rot bestellt, durchschritt das Lokal in Richtung Klo. Obwohl ich schon einige Male in diesem Restaurant war, war ich nicht so ganz sicher wo es sich befinde und vermutete es hinter einer mit dicken Vorhängen verhangenen Türe. Ich schwang den Vorhang zur Seite, öffnete die Tür und erschrak ziemlich, als ich einen Mann, klar, ich mache es gar nicht spannend, es war Mock, vorfand und erstarrte. Meine Augen wanderten verstört hin und her um herauszufinden, ob ich im Männerklo gelandet war. Dabei fiel mir auf, wie der Mann, den ich in diesem Moment natürlich nicht als Dr. Mock erkannt hatte, wild gestikulierend die Hände wusch. Ich dachte in Sekundenbruchteilen: "Temperamentvoller Herr, so viel Bewegung, nur um sich die Hände zu waschen." Sein Gesicht sah ich im Spiegel, eigenartiger Mann, mehr fiel mir nicht ein.
    Gottlob entdeckte ich die Aufschrift: "Signora" und verschwand. Aber von da an hatte ich eine Ahnung, ich kannte dieses Gesicht. Und ich ließ in meinem photografischen Gedächtnis die allein sitzende Dame am Tisch vor den Klos auftauchen. Ja, ich würde diese nachher genauer anschauen und etwas feststellen. Ich stellte fest: Die Frau im Steirerkostüm war Ehefrau Edith, sie hantierte an einem weinroten Nokiahandy, Dr. Mock saß, nein, er lungerte in Schräglage auf der Bank.
    Schon kurz darauf verließen die Mocks, er nun burberrybehutet, das Lokal. Meine Begleiterin meinte: "Schau, der Mock, er tut mir leid." Dann erzählte sie mir den Niedergang eines ihr verwandten Nationalratsabgeordneten.

    Ich trank meinen Wein aus, dachte ein klein wenig an Euratsfeld, meine verstorbenen Eltern, das Mostviertel. Meine Tante Marianne wird heuer 109 Jahre alt, wohnt dort, wurde erst mit 107 wunderlich und trinkt täglich ein Achtel Rot.

  2. #2
    Remember
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    Habe ihn gegoogelt, da der Name mir unbekannt war. Beim ersten Treffer gibt es ein Bild. Er hat eine Physiognomie, die kein anderes Urteil zuläßt als Mitglied der ÖVP zu sein. In Deutschland wäre seine Heimat die CSU, keine andere Möglichkeit ist denkbar.

    Eine schöne Geschichte, Elli Kny und der Schluß stimmt mich ganz wunderzart an einem grauen Großstadtsonntag.

  3. #3

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    Frau Kny, wie apart!

    Ich war übrigens auch schon einmal mit meiner Großmutter in Wien bei ihrer Freundin und deren 105-jähriger Mutter zum Tee eingeladen. Es war noch keine vier Uhr, als das Mütterlein ihre Resi ermunterte, ein Fläschchen Wein aufzumachen, allerdings weißen. Nun, es wurde nicht gerade ein turbulenter Nachmittag, aber doch ein sehr angenehmer, der Wein war gut, wir unterhielten uns nett und lächelten oft. Irgendwann stand das Mütterlein auf und legte sich schlafen. Die Resi betrachtete mit wehmütiger Liebe ihre schlafende Mutter und wurde still. Ganz leise gestand sie uns, dass sie einen Traum habe:
    Einmal, wenn ihr Mütterlein nicht mehr sei, endlich wieder tun und lassen zu können, was sie wolle. Dann würde sie nach New York fliegen, in abgerissenen Kleidern herumlaufen und verrückte Jazz-Musik höre. Das würde sie, sagte sie, und ihre Augen glänzten während sie so phantasierte. Dann hörte man das Mütterlein schnarchen. Sie atmete laut und unruhig, und Resi sprang auf, nachschauen, ob alles in Ordnung sei.
    Geändert von Lilaxista (13.01.2002 um 19:25 Uhr)

  4. #4
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    WQarum er lungerte und wild gestikulierend sich die Haende wusch liegt daran, dass er diese Krankheit hat, deren Namen mir nicht einfaellt, es sieht leider komisch aus, wenn Mocky Maus (selten) im Fernsehen gezeigt wird.
    "beruehmt" wurde er ja, als er bei einem Staatsbesuch in Syrien oder so, in seiner Eigenschaft als Aussenminister in kurzen Hosen erschien, der arme Mann.
    Deine Tante ist 109?
    Unwirkliches Alter, blueht mir glaub ich auch

  5. #5
    Avatar von Hilde
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    Schön!

    Und erst mit 107 wunderlich werden, was für ein Leben!

  6. #6
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    Leider bin ich JETZT schon wunderlich.
    Ich will ein mail wegschicken, und das geht nicht, und die chinesische Drueckerstubenaufsicht hier in der chilenischen Hauptstadt kann mir nicht helfen, sie lacht immer nur, diese Pfeife.
    Wieso kann ich ein mail nicht wegschicken, warum geht das nicht? Es ist recht lang, hab ja auch 2 stunden dran geschrieben, und zwar schon zum 2ten Mal, vor 4 Tagen hat es mir eine Drueckerstuben"fachkraft" zum Mond geschickt oder so, mir ist ploetzlich sehr warm geworden. Ich hol mir jetzt ein Bier

  7. #7
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    Wer mir hilft, bekommt das geflochtene Armband mit der Aufschrift
    JESUS
    das ich mir eben gekauft hab

  8. #8
    Member Avatar von chuck
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    Schön, wenn man mitten im Hildegard-Massaker und den diversen Neben-Scharmützeln diese Greisen-Oase findet. Wunderlich mit 107! Mehr als den Lalixta-Text muss man zum Thema Wandel eigentlich nicht sagen. Herrn Mock kenne ich nicht. Schön auch das übers ganze Forum versprenkelte Schmidtchen-Reisetagebuch, auch wenn das permantente "treffe mich doch gleich um acht in der soundso-Bar in Santiago" ein bisschen fies-kokett rüberkommt. Kann ich aber gut aushalten, weil ich dieses Jahr auch noch drei Monate reise. Wenn Du zwei Stunden an der Mail geschrieben hast, Schmidtchen, musst du sie in vier Mails teilen, dann geht sie durch.

  9. #9
    Moderator Avatar von honz
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    Knypsilasnti, hat sich der Bretschneider mal bei dir gemeldet?

  10. #10
    Avatar von Wilfried Wieser
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    Hervorragende Geschichte. Nach und nach werden die alten Forumsträume wahr, damals in der grauen Studentenbude auf .de träumte der Hausmeister von einer hellen Neubauwohnung im schicken .net-Bezirk und Sie, liebe Kny, träumten von wilden Männern, denen Sie aufs Klo zu folgen gedachten. Nun hat anko dieses arschcoole Appartement hier gekauft und Sie haben, wenn schon nicht Jonas Almquist, so doch zumindest Alois Mock am Abort getroffen, wild gestikulierend, immerhin, wenngleich auch letzteres nur durch diese Krankheit verursacht wird, die mir eventuell ebenfalls blüht, bin ich doch verwandt mit Mock, weitschichtig.

    Einen Kater aus Euratsfeld kenne ich übrigens auch, der ist mittlerweile so klug und geschickt, dass er denselben Zahnputzbecher benutzt wie sein Cat Walker.

  11. #11
    Avatar von Elli Kny
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    @ honz:
    Zeitgerecht für eine Bretschneidererscheinung unterwegs gewesen in den dafür in Frage kommenden Gassen und Hauseingängen, jedoch Bretschneider hält sich bedeckt seit Wochen. Wie bedauerlich. Welche Bartlänge er inzwischen hat, interessiert mich. Welche Haarlänge er inzwischen hat, ist ebenso nicht uninteressant.
    Bretschneider, erscheinen Sie!

  12. #12
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    Fürstin Kny, d i e geborene Paparazza! Einmal, so stelle ich mir vor, würde Durchlaucht vor den Spiegel treten und für uns ihre Spiegelwelt paparazzen, und in diesem Augenblick käme jemand durch die Tür in den Spiegel und wäre vielleicht gar ein weiterer ... nein.
    Zwei gezählte Mockverwandte jedenfalls bis jetzt in diesem Strang. Da möchte ich mit meiner Mockbekanntschaft nicht zurückhalten: Herr Mock war in mein Arbeitszimmer getreten und sagte anspielend auf meinen Kaffee am Tisch, ihm sei Joghurt zu Mittag lieber. Herr Mock privat war mir bis dahin lediglich aus jener Kolportage bekannt, wonach er mit sensationellen zwei bis drei Stunden Schlaf durchkäme und deshalb - damals war er einer der höchsten Politiker des Landes - ein Spät- und ein Frühsekretariat täglich beschäftigte. Und nun der elende Parkinson. Zäh wie er ist, schafft er womöglich trotzdem 109 Jahre?

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