Nun gut, ich muss zugeben, ich bin begeistert von der Idee dieser Seite an sich und insbesondere von den Beiträgen und dem humorvollen Umgang im Forum.
Meinen Einstand will ich in Form eines double-celebrity-features geben, wobei es sich wohl eher um Semi-Prominente handelt. Ich spreche von den Herren Sigmund Jähn und Waleri Bykowski. Für Leute, denen Begriffe wie ³Aktuelle Kameraã, ³Exquisitã oder ³Intershopã (nicht das start-up-fall-down-Unternehmen) nichts sagen, hier die kurze Erklärung: Der Genosse Jähn, seines Zeichens der erste und einzige (???) DDR-Bürger im All und berühmtester Sohn seiner Stadt Morgenröthe-Rautenkranz (kein Wunder!), und der Kameratschik Bykowski, der nun leider nur einer unter vielen Juri-Gagarin-Jüngern war, die Beiden waren waschechte Kosmonauten (jawoll, und keine Astronauten), die in abenteurlichen Konstrukten sowjetischer Ingenieurshände ins All geflogen sind und sogar wieder heil ankamen. Helden der Arbeit! Sternenbannerträger! Pioner-Idole! Genug des Palaverns, zum Punkt!
Es spielte sich im heissen Sommer 86 (plus minus 1 Jahr, mein Gedächtnis!) in der Stadt ab, die damals den Namen Karl Marx trug. Es ging um die feierliche Einweihung eines Tempels der Kinder- und Jugendkultur, das ³Pionierhaus Waleri Bykowskiã sollte seinem Zweck übergeben werden. Dafür hatten sich vor Ort versammelt: die SED-Kader erster bis fünfter Ordnung der Bezirksklasse, ein Kamerateam der AK (Aktuelle Kamera ö unser DDR-News-Format, Heute und Tagesschau in einem) sowie die Herren Kosmonauten. Was der Kollege Jähn dort sollte, ist mir unklar, schließlich soll das Haus ja den Namen seines sowjetischen Freundes tragen, na ja, vielleicht war er einfach mit in der MIR-Kapsel drin, die Herrn Bykowski zum Event befördert hatte oder der arme Waleri wollte abends seinen Wodka nicht alleine trinken.
Egal, die Altherrenriege musste natürlich noch mit einer Schar fröhlicher Jung- und Thälmannpioniere garniert werden. Und zwar beide Sorten Pioniere, wegen der Halstücher in rot und blau, das macht sich Fernsehen immer sehr gut. Ich komme langsam zum Kern der Geschichte. Nun denn, unsere Schule hat den Kampfauftrag erhalten, das Ereignis auszuschmücken und meine Klasse sollte Blumen an die Kosmoshelden überreichen und ja, ja, ich kleiner Pionier war mit meinen besten Freund und einer tollen Jungpionierin (auf die ich ziemlich scharf war, was für eine Djewotschka!) auserkoren, die Blumen zu kredenzen. Ging auch ziemlich schnell. Die beiden Herren waren sehr nett und haben sich sogar zu uns runtergebeugt und irgendwas gebrabbelt, was wir mit einem artigen Nicken quittiert haben. Gott, was warn wir aufgeregt. Sicher die zwo waren nicht Colt Seavers und Howie, aber wir waren die Helden des Tages. Anschließend ging es mit der ganzen Klasse in den Tierpark, es gab Eis und abends musste ich meine Familie überzeugen, doch mal DDR-Fernsehen anzukucken. Und für einen kurzen Moment, war ich in der Ewigkeit, ja ich war im Fernsehen, für immer, ein strahlender Stern. Ich konnte es nicht fassen. Der Ruhm war nach ein paar Tagen verblasst und ein paar Jahre später haben mein bester Freund und ich bei der ³Olympiade der Mathematikã, mittlerweile FDJottler, den PolyPlay-Automaten (1-Bit-Spielautomat in der Größe einer Zweifamilienhauses) in just jenem Pionierhaus aus Versehen kaputt gemacht und wir hatten ein schlechtes Gewissen, weil wegen solchen Leuten wie uns irgendwann der Sozialismus den Bach runtergehen wird....
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Pavel
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