es war der 31.dezember 1999. ich war in der nacht zuvor in berlin angekommen. dieses sylvester wollte ich nicht in meiner stadt verbringen. ich hatte keine gute zeit hinter mir, und verband viele unsinnige erwartungen mit diesem datum, wohlwissend, dass das neue jahrtausend natürlich erst im daruffolgenden jahr beginnen würde. aber es tröstete mich, diesem scheinbar magischen datum meine hoffnungen aufzuhalsen. hoffnung ist die gewissheit der hilflosen. dieser gedanke drückte auf meine stimmung.
über der stadt lag eine nervöse spannung. seit den frühen nachmittagsstunden strömten die menschen zum brandenburger tor. ich machte mit einer freundin einen spaziergang in die andere richtung. wir beschworen nochmals unsere guten vorsätze, dass ab jetzt alles besser würde. gegen 18.00 uhr liefen wir durch den prenzlauer berg, es war dunkel, man spürte, dass ein drittel der bevölkerung gerade aufwendige abendessen vorbereitete, das zweite drittel am brandenburger tor stand und der rest sich vor dem spiegel zurechtzupfte, in erwartung der nacht ihres lebens.
wir liefen eine weile schweigend nebeneinander her.
ein mann, der fluchend an der verschlossenen tür einer dunklen videothek rüttelte, ließ uns aufblicken. wir sahen ihn an, er sah uns an und ich erkannte ihn sofort. wolfgang lippert wollte den sylvesterabend, dem die ganze welt in hysterie entgegenfieberte, mit einem video vor dem fernseher verbringen.
ich verstehe sylvesterverweiger sehr gut, ich bin ab und zu selber einer. aber der gedanke, diesen jahreswechsel vor dem ferseher zu verbringen, allein natürlich, mit ranzigem kartoffelsalat, brühwürstchen und dosenbier, malte ich mir sogleich aus; der gedanke war für mich an tristesse kaum zu überbieten. und ich fühlte mich glücklich, freunde wie stu zu haben, mit denen ich eine angenehm unaufgeregte nacht verbrachte.
das neue jahr war überigens auch nicht so toll.
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