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Thema: Kracht, Christan (trinkt sieben Budweiser)

  1. #1
    Member Avatar von Manfred Mustermann
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    Eine ganz kleine, unwichtige Geschichte:
    Als Christian Kracht am Samstag in Heidelberg war, gingen nach der Lesung die lokalen Wichtigkeiten noch zum benachbarten Italiener. Früher hieß er noch ³Da Elioã, aber nach einem Relaunch nennt er sich nun ³Stadtparkã, da drei Blumenrabatte und eine Hundewiese in der Nähe liegen. Früher war auch noch jedes Gericht mit Erbsen verziert, auch diese Zeit ist vorüber. Das einzige, das geblieben ist: das schlechte Heidelberger Bier und die leicht gelangweilte Bedienung, die mit melancholischen Augen die Tischdecken betrachtet.
    Dort sitzen also unter anderen Jakob Kollhöfer, Leiter des Gastgeberorts DAI, leicht angestunken, da Kracht ihm seine einleitende Rede (die immer so anfängt: ³Ein wunderbares Buch. Ich hab es gestern Abend im Bett gelesen: leicht und doch tief ...ã) nicht erlaubte und eine 20-Punkte-Liste einreichte, vom richtigen Mineralwasser über das adäquate Hotel bis zur korrekten Beleuchtung. Rebecca Casati, leicht überdreht, weil Sie gut gelesen hatte und ihr sehr junger Freund dabei war, den sie sehr liebt. Eckhart und Anne Nickel, das Vorzeigeehepaar aus Heidelberg, schön anzusehen und beneidenswert braun gebrannt (³Portugal!ã). Der RNZ-Kritiker Franz Schneider, der Tags darauf einen furchtbaren Verriss schreiben sollte, den niemand lesen würde. Schneider, der ewig verzweifelte, an seiner Unwichtigkeit, an seinem Alter, an der Eleganz der anderen Menschen, an der Welt.
    Und Christian Kracht, Vorspeisen probierend, sofort wegschiebend. Apfelsaftschorle nippend, sofort zurückweisend. Ein Bier erfragend, kopfschüttelnd, ein Mineralwasser bestellend, angewidert trinkend. Wieder die Karte betrachtend, wortkarg, säuerlich ein Pastagericht ordernd, dieses kostend und zur Hälfte tatsächlich essend. Mürrisch an einem Grappa festhaltend die dämlichen Fragen Kollhöfers (³Ist das nun das Ende des POP? Wann haben sie das geschrieben? Was wird ihr nächstes Buch?ã). Dann bald gähnend und sich höflich verabschiedend ö mit drei Zwinkern in Richtung Nickels und zwei anderen jungen Menschen ö das Weite suchend. Das Weite, das war eine Bar in der Altstadt, die bis drei Uhr Morgens Tuborg Pils und Budweiser anbietet. Und Christian Kracht wurde glücklich und vergaß den Italiener am Schlossbergtunnel, fing an zu lachen. Christian Kracht trank schließlich sieben Budweiser.

    ³Die Liebe ist ein zerbrechliches Ding, und was einmal zerbrochen ist, sollte man nicht mehr versuchen zusammenzukleben. Außer es handelt sich um Knochen oder so, aber das führt jetzt zu weit.ã
    (Sven Regener)

    (Beitrag wurde von Manfred Mustermann am 13.11.2001 um 10:56 Uhr bearbeitet.)

  2. #2
    Moderator Avatar von honz
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    Der wohlerzogene und sicherlich auch wohlriechende Herr Mustermann entwickelt sich zum Forumspunk, ebenso wie diese wohlfeile Geschichte über eine gänzlich nebensächlichen Auftritt im hiesigen Literaturbetrieb.
    Ich fürchte nur, sie werden damit schwer punkten, verehrter Manfred (Vorname + Sie, wohlmeinend), denn der dernier cri hier im Paparazziforum sind schwermütige und melancholische Geschichten über Petersburg oder Vendedig, da hätten sie den guten Kracht schon von der nebelummantelten Brücke in den stahlgrauen Neckar springen lassen müssen oder ihn zumindest eine Kontrahage mit einem ortsanssässigen Corpsstuden einfangen lassen('Brockhuisen Vier, mein Name, Sie haben mich fixiert!')

  3. #3
    Avatar von Herr Genista
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    Ach Quack, wenn ich Heidelberg und Schloßbergtunnel lese wird mir auch ganz melancholisch und schummrig, das muß, wenn ich mich nicht irre, einer der traurigsten Winkel der Welt sein dort.
    Was mich interessiert: wie ging die Verabschiedung vonstatten? Ging Herr Mustermann unaufällig mit Herrn Kracht zusammen, stand man unschlüssig vorm Italiener ('was jetzt, Scheißheidelberg?'), oder waren Abgang und Altstadt abgesprochene Popliteratur?

  4. #4
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    hey hey hey. das aufhebens um die längst abgeschmierten 'popliteraten' macht schläfrig.
    ------------------
    'Na, mein Wonnemäuschen?'
    'Ich bin kein Wonnemäuschen, bin Barbarella!'

  5. #5
    Moderator Avatar von honz
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    das stimmt nu auch wieder nicht.

  6. #6
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    Lieber M. Mustermann,
    Rückenschmerzen ignorierend sich die Nacht im Internet um die Ohren zu schlagen, und doch hat es sich wieder einmal spontan gelohnt. Ihre Geschichte machte also spontan Lust zu antworten, sei es auch nur, um sich des Lobes zu entledigen. Eine von den Geschichten, die man gern ausschneiden und irgendwo ablegen möchte (auch wenn das keinen Sinn macht, denn wo sollte man es hinlegen und die Zeit finden, es wieder zu lesen? Aber ich schweife ab, genug der Selbstdarstellung) Jedenfalls wegen ihrer Charakterisierung der Anwesenden beim Italiener, die ich äusserst genossen habe.

    ------------------
    millions long for immortality who do not know what to do with
    themselves on a rainy sunday afternoon.

  7. #7
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    (ich hoffe, das war jetzt nicht zu unvoreingenommen voll des lobes, so dass man es nicht mehr für voll nehmen kann)

  8. #8
    Member Avatar von Manfred Mustermann
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    Ja, ja, natürlich ist heidelberg einer der melancholischsten orte der welt. vor allem wenn man hilde domin am theaterplatz in die luft lauschend sieht, die dann den kopf schüttelt und langsam weiterschlurft, hektisch um sich blickend, wer sie erkennt. Wenn hg gadamer mit dem alten wurzelstock in der weinstube hin- und herfuchtelt und mit einem seiner jünger über rheumaunterwäsche philosophiert und der mond über der heiliggeistkirche steht, fahl die schlosstrümmer beleuchtet und dann im neckartal verschwindet. wenn vor der max bar das letzte bier getrunken wird, im prinz friedrich der letzte toast hawaii serviert wird und ein semieleganter kleinverleger am tresen eine junge frau am arm berühert und 'prinzessin' sagt. dann zieht es mir das herz zusammen ... möchte dich mir zur lust mutter nennen ... das war auch heidelberg mit christan kracht am letzten wochenende. ein anderes heidelberg. ein vergangenes.

  9. #9

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    In Heidelberg sollen aber mal welche gevögelt haben. (Ist allerdings nicht verbürgt.)

  10. #10
    Member Avatar von Manfred Mustermann
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    natürlich vögeln immer irgendwelche menschen in heidelberg. das ist dann allerdings so traurig, dass sie danach weinen und sich an den händen halten. lustige menschen vögeln in tollen hip-städten wie berlin oder auch münchen. nur da.

  11. #11
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    Die Geschichte ist wundervoll erzählt, aber diese ganzen jungen Schriftsteller sind doch wirklich eine Pest, eine ekelhafte. Kracht, Nickel, Illies, wie sie alle heißen. Lauter so Strebertypen, spießig, dämlich, grundlos arrogant, meistens auch noch hässlich wie die Nacht.

  12. #12
    Member Avatar von Manfred Mustermann
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    die herren kracht, nickel und illies in einem atemzug zu nennen: das ist wie blur, rialto und olive zu mischen. herr kracht sieht sehr gut aus und kann schreiben, wenn er will. was man im 'gelben bleistift' lesen kann. herr nickel kann gut aussehen und hat eine schöne geschichte geschrieben: über eine schwäbische koksparty. ob jemals mehr kommen wird? weiß der himmel. und herr illies kann nicht gut aussehen und schreibt befriedigend, er wird sogar stetig schlechter. außerdem ist er entsetzlich langweilig. furchtbar. und: illies ist nun millionär (durch arbeit), kracht war schon immer einer (durch herkunft), nickel wird nie einer (durch lebensart). ergebnis: menschen sind so different. das ist die wahrheit.

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