Wien heute. Die Stadt platzt vor Hitze und mehreren unverständlich trommelnden und blökenden Demonstrationen. Heute abend liest Max Goldt in Wien, und bevor ich mich in die Hitze warf, dachte ich nebenbei - vielleicht sichte ich ihn ja. Ich schätzte ihn jedoch eher als einen die Hitze Verschmähenden ein und vermutete ihn eher im kühlen Museum. Dann vergaß ich Max Goldt, kaufte ein Buch über die Geschichte der mitteleuropäischen Landschaft, einen Wanderführer, ein "Gwand", wie man hier jede Art von Kleidung nennt, ein Eis, und ein Mobiltelefon. Dieses wollte ich dann im Park zusammenbauen.
Auf dem Weg zum Park, an einer sehr heißen, steinigen, lauten Strassenkreuzung, stand dann neben mir tatsächlich Max Goldt. Er hatte einen Begleiter mit einem Stadtplan, und offensichtlich Probleme, sich zu orientieren.
Sein Gesicht war gerötet, er wirkte sehr genervt, er trug zwei schicke kastenförmige Papiertüten, eine rot, eine weiß, was sehr gut mit seinem rotweiß karierten Hemd und seiner Gesichtsfarbe harmonierte. Der Begleiter trug nur den Stadtplan.
Immer noch entnervt sagte Max Goldt diesen wunderschönen Satz zu seinem Begleiter: "Also, diesen Ring habe ich noch nie kapiert!"
Mit diesem Satz im Ohr überquerte ich meine Ampel, die beiden entschlossen sich schließlich für eine andere Richtung, und ich wunderte mich, was man an der Wiener Ringstraße nicht verstehen kann. In Form und Funktion entspricht sie weitgehend ihrem Namen, sie trennt fein säuberlich das innere hübsche vom äußeren hübschen Wien - was ist daran schwer zu kapieren?
Ich überquerte den Ring, setzte mich in den Park, baute mein Telefon zusammen, und bestellte meine Karten für heute abend.
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