Meine Begegnung mit Franz Josef Strauß liegt naturgemäß schon etwas länger zurück (ich bin schließlich kein Medium), trotzdem möchte ich nicht versäumen, sie für die Nachwelt festzuhalten.
Strauß begegnete mir Mitte der achtziger Jahre in Landshut. Auf das genaue Jahr kann ich mich nicht mehr besinnen, es muß so um 1985 herum gewesen sein, jedenfalls relativ kurz vor seinem Tod. Ich war mit meiner Familie auf der Landshuter Hochzeit, einer Folklore-Veranstaltung mittelalterlicher Machart im tiefsten Bayern. Es begab sich, daß Strauß am selben Tag wie wir das Spektakel besuchte, und da mein Vater zu dieser Zeit in der Bayerischen Staatskanzlei arbeitete, ergriff er die Gelegenheit und stellte mich dem Landesvater vor. Ich war damals ungefähr zehn Jahre alt und interessierte mich eher für Zuckerwatte und Ritterkämpfe als für Innenpolitik (ach ja, die Arroganz der Jugend), trotzdem war ich mir der Bedeutung dieses Momentes voll bewußt. Ich erinnere mich deutlich, wie mich mein Vater auf eine dichte MEnschentraube zuführte, die sich vor uns wundersam zu teilen schien, um dann den Blick auf IHN freizugeben, der mit dem Rücken zu uns am Buffet stand. Mein Vater sprach ihn an, woraufhin sich Strauß umdrehte, sich zu mir herunterbeugte und mir die Hand schüttelte. ICh glaube, er sagte auch noch irgend etwas, aber zu diesem Zeitpunkt hatte sich der Mantel der Geschichte bereits so fest um mich geschlungen, daß die Geräusche der profanen Welt nicht mehr zu mir hindurchdrangen. Ich verpaßte die Gelegenheit, ihn durch eine geistreiche Bemerkung für mich einzunehmen, so daß Strauß rasch das Interesse an mir verlor und sich von mir ab- und erneut seiner Schnitte zuwandte. Seiner enormen Aura tat dies keinen Abbruch.
Mit zunehmender politischer Entwicklung stehe ich Strauß heute deutlich differenzierter gegenüber, aber auf die Erfahrung, ihn getroffen und ihm die Hand geschüttelt zu haben, würde ich nicht verzichten wollen. Frei nach dem Film Schtonk: Wenn ich mir so meine rechte HAnd vor Augen halte und mir überlege, daß ER sie geschüttelt hat - irgendwie aufregend...
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Harry Palmer