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Thema: Trittin, Jürgen (tritt in ein Schaufenster)

  1. #13
    Avatar von Lenin
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    Goodwill, nachdem ich diese Geschichte gelesen habe, finde ich Deine Küchenlampe nicht mehr zu teuer.

  2. #14
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    applaus! und eine tiefe verbeugung!

  3. #15
    Hobel Avatar von Ignaz Wrobel
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    Der bebende Lampenladen, genau. Muß man erst mal draufkommen, obwohl es so offensichtlich ist, ich habe da auch schon oft vorbeigeschaut, bei ARNO. Das Herz der alten Westberliner Designer-, Architekten- und überhaupt Toscana-Fraktion. Erst zu den Lampen, dann ein Kunstbuch gekauft, in die Architekturgalerie und dann bei den zwölf Aposteln eine Pizza mit Lachs und Rucola gegessen. Trittin paßt dort atmosphärisch sehr gut hin. Wie auch zu den schwankenden Leuchten. 'Magersüchtige Stehlichter'.... 'tentakelnde Designobjekte'... Kunstlicht und Politik, schön.

  4. #16
    Kolkrabe Avatar von Doctor Subtilis
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    Wenn ich das als Berlin-Nichtkenner richtig verstehe, könnte also über den Savigny-Platz ein Waldlehrpfad zum Thema Ästhetik führen.

  5. #17
    Avatar von Goodwill
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    Im Grunde gibt es keinen besseren Ort für einen Ästhetik-Lehrpfad. Außer der Prostituierten (es ist offenbar immer nur eine draußen), die den jeweils aktuellen Schicksenschick von vor fünf Jahren zeigt und dem Lampenladen gibt es da tatsächlich eine Menge Stehkunstbuch- und Stehschneebesen-Handlungen. Außerdem ein japanisches Sitz-Lokal, in dessen ovaler Theke sushibeladene Schiffchen ihre Runden drehen, eine düstere Filmbuchhandlung und mindestens drei abgefuckte Kneipen, in denen die Wände voller Schwarzweißbilder hängen, auf welchen der Wirt eine Dauerwelle trägt und mit überbelichteten Seriendarstellern aus den 70-er Jahren posiert.
    (Beitrag wurde von Goodwill am 18.10.2001 um 20:03 Uhr bearbeitet.)

  6. #18
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    Unwild. Genauso habe ich den großen Anpasser in Erinnerung, als ich ihn 1999, während ich Eisschleckenderweise auf den Stufen vor dem Saturn Hansa saß, sah, während er wie ein Gockel, dem das Telefonieren mit dem Handy eine große Freude ist, über den Alexanderplatz stolzierte, Autogramme gab und schließlich mit einer zierlichen, blonden Frau im Kaufhof verschwand, um sich vielleicht, wer weiß das schon, ein gläsernes Pult zu kaufen.
    Zu dieser Zeit machte auch das Gerücht die Runde, das Doris Schröder Köpf fremd geht!

  7. #19
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    Ich muß mich berichtigen: Es war nicht 1999, sondern 2000.
    Man will ja keine Gerüchte in die Welt setzen.

  8. #20
    Moderator Avatar von honz
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    Der Savignyplatz. Ihr habt Lucinka vergessen, Lucinka Wichmann, die dicke Wirtin des Cafe Hegels.
    Lucinka ist eine Institution, sie ist Russin, ca. 65 Jahre alt, aus Petersburg, ihrer Familie ursprünglich aus Armenien, sie ist schon seit den 50-er Jahren in Berlin, und hat zwei bildhübsche Töchter, ohne die sie nicht leben könnte, denn wo Lucinka ist herrscht Chaos.
    Sie ist ziemlich lange Taxi gefahren, war unter den Kutschern bekannt wie ein bunter Hund, weil sie sich immer die Haare rot färbte und kein Blatt vor den Mund nahm, man nannte sie die rote Luzie.
    Auch unterhielt sie eine Salon, sie kommt aus dem russichen Bildungsbürgertum, ist sehr belesen, spielt Klavier, gehört also zu jener Klientel von Russen, die aus Charlottenburg schon in den zwanziger Jahren das legendäre Charlottograd machten, zu diesem Salon muss damals auch beträchtliche kulturelle Prominenz erschienen sein, ich weiß das alles allerdings nur vom Hörensagen, denn es war weit vor meiner Zeit.
    Ich kenne Lucinka als sie Wirtin des Cafe Hegel am Savigny-Platz war, und ich Theaterprogramme, Plakate, Flyer und schwule Stadtmagazine mit einem kleinen Lieferwagen ausfuhr. Bei Lucinka machte ich immer Pause, denn sie war eine der ganz wenigen Wirte in Berlin, die kleine Flyerstudenten nicht wie die letzen Kretins behandelte, sie gab mit immer einen aus, meistens zwei oder drei. Das Publikum bei Lucinka war eher bäh, akademische Literaturschnarchies hauptsächlich, ein bischen Klischee alles, auch der russische Pianist Giorgi mit der dicken Hornbrille, der leidenschaftslos jeden Abend seine Salonmusik herunterklimperte, dessen einzige Leidenschaft Pferdewetten und Traber waren, er ist manchmal sogar selbst als Jockey bei Trabrennen in Mariendorf mitgefahren.
    Jeden zweiten Donnerstag im Monat war Turboklischee, denn dort trat Sascha auf, ein Russe aus Moskau, Ende 30, er sang russische Lieder und spielte dazu Gitarre, doch diese Abende waren orgiastisch, denn Sascha hatte Fans und Groupies, ca. 25 russische Frauen zwischen 30 und 75 , sie waren immer da, sie kannten jedes Lied, sie summten jedes mit, und wenn er eins ausließ wurden sie böse, und wenn er aufhören wollte, fingen sie an zu betteln, und wenn er gewollt hätte, er hätte jede einzelne haben können, sofort.
    Die Abende mit Sascha hatten eine eigene Dramaturgie, er sang alte russische Liebeslieder, die Melodien schwermütig, die Texte teilweise von ihm neu geschrieben, oft auch nur mit schweinischen Bemerkungen ergänzt, Lucinka übersetzte deren Inhalt für die Nicht-Russen meist vor der Darbietung und schrie bei den versauten Stellen 'Pfui Sascha', der Weibersalon krisch vor Vergnügen, die wenigen Deutschen in der ca. 30 mÓ großen Kneipe blickten amüsiert aber verständnislos.
    Die Russinnen selbst waren ganz großes Kino: sie waren teils Alt-Charlottenburgerinnen, sichtbar verarmt, wahrten aber eine großbürgerliche Kontenance, teils auch Ehefrauen von neureichen Mafiapaten, sie trugen unverbrämt Pelz und Klunker und sahen dabei atemberaubend aus, aber was sie alle an diesen Abenden einte war ihre absolute Hingabe an Sascha, den blondgelockten Barden mit der samtenen Stimme. Je weiter der Abend voranschritt desto aufgeheizter wurde die Stimmung, Sascha soff nebenher wie ein Loch und sang sich schwer künstlerisch bebend in Trance, die Frauen tranken relativ wenig um mal ein Vodkaklischee zu durchbrechen, aber sie hingen an seinen Lippen und beteten ihn an, das war kein erotisches Knistern , keine liebestrunkene Schwermut, das war purer Sex, gesungener Porno, und wenn sie zum Schluss alle gemeinsam sangen, war das Ekstase.
    Das waren die Nächte bei Lucinka. Hin und wieder kam auch eine bunte Truppe von Musikern, ein Russe, ein Pole und ein Ungar von einem Veranstaltung zurück, sie spielten auf Hochzeiten, und nahmen dann noch gewaltige Mengen zum Absacken zu sich, auch sie fingen manchmal an zu singen , nicht immer, um wieder ein Klischee zu vermeiden. Sie sangen dann mehrstimmig ohne Instrumente, doch wenn sie sangen, dann war es so wie nur Osteuropäer singen können, schwermütig, hingebungsvoll und leidenschaftlich, und wer auch nur ein wenig übrig hat für Musik den haut es um wie eine Bombe, man sitzt da und fängt hemmungslos an zu heulen.
    Es gäbe auch eine Prominentengeschichte von Lucinka zu erzählen, wenn man denn die Nachtigall von Ramersdorf zur Prominenz zählte. Die Nachtigall , eine tragische aber penetrante knapp sechzigjährige Tunte hatte bei Lucinka absolutes Singverbot, er konnte ja auch nur noch krächzen, aber sie fütterte ihn durch, er kam zwei bis dreimal die Woche und bekam immer einen großen Suppenteller mit Pelmeni, die eine befreundete Babuschka am heimischen Herd für Lucinka kochte, denn das Hegel hatte nur Teilküche. Diese Suppe wurde mit feingehackten Zwiebeln zubereitet, und die spuckte die Nachtigall auf den Boden, wenn Lucinka gerade nicht hinschaute, denn die Nachtigall hatte eine Gebiss, die Zwiebelstückchen blieben ihm immer darin hängen. Meist erwischte sie ihn aber und dann zeterte sie quer durchs ganze Lokal, was die anwesenden Gäste auf das Ekel erst aufmerksam machte.
    Jetzt ist das Hegel geschlossen, Lucinka hat keinen Pfennig mehr, Ihr Herz war zu groß und ihr Portemonnaie zu offen, requiat in pacem.

  9. #21
    Hobel Avatar von Ignaz Wrobel
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    Dramen am Savignyplatz. Warum nur hab ich das Hegel nie betreten? Ich glaube, weil in irgend einem Führer stand, dort diskutierten Philosophiestudenten über Hegel. Ich Idiot.

  10. #22
    Moderator Avatar von honz
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    Die haben das meistens auch dort getan, das machte den Laden sonst auch eher unerträglich.

  11. #23
    Hobel Avatar von Ignaz Wrobel
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    Kennt jemand die Galerie NIL um die Ecke in der Grolmanstrasse? Da könnt' ich kontern. Aber erst noch den honz ein bischen sacken lassen. Ich bin ja kein Unmensch.

  12. #24
    Moderator Avatar von honz
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    Nein , schieß los, aus der Hüfte, aber ich geh jetzt ins Bett. Aber morgen ist die Geschichte da!

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