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Thema: Flimm, Jürgen (führt mich zu Tom Waits)

  1. #13
    Avatar von Goodwill
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    Danke für den warmen, tastenklappernden Applaus.
    @Walter Schmidtchen: Ursprünglich wollte ich das Wrobelsche Erfolgsrezept (Ankündigungspaparazzismus) mit einer Fortsetzungsgeschichte (serieller Paparazzismus) toppen. Ich wollte mich anbetteln lassen, doch endlich den mit Spannung erwarteten nächsten Absatz ins Nezt zu stellen usw.. Aber toppen geht nicht. Und das ehrenwerte Lese-Publikum dazu aufzufordern, mich aufzufordern, schien mir unehrenwert.
    Der wahre Grund ist allerdings, dass es mir mit der Technik genau so geht wie Wolfgang Müller.

  2. #14
    Moderator Avatar von honz
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    Goodwill erstaunt mich immer wieder mit seinen präsizen lakonischen von vielen unbeachteten Geschichten, und diese ist ganz besonders gut, besonders die Beschreibung Tom Waits, die wirklich gelungen ist, denn ich glaube es ist sehr schwierig den Herrn Waits zu besachreiben, man kommt sachnell in so Gefilde wie sie Kracht bei den Waits Lurie Kaurismäki Bewunderern beschreibt.
    Das Goodwillsche Werk ist viel zu unbeachtet, was vielleicht an der Tatsache liegt, daß sein Pseudonym so heißt wie eine Tourikneile auf der Oranioenburger, aber dennoch es muss mehr gelobt und gepreiset werden, seht auch dazu Tex Rubinowirz

  3. #15
    Moderator Avatar von honz
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    und was ich vergessen hatte, man sollte mehr auf seine Tippfehler achten

  4. #16
    Moderator Avatar von honz
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    Weil Samstag ist.
    Für Spiegel-Online Leser
    Weil das goodwillsche Werk zu wenig beachtet wird.
    Wo ist Wieser?

  5. #17
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    Ich erlaube mir, eine kleine Tom-Waits-Geschichte an diesen schönen Strang anzuhängen:

    Im Sommer 2000 flog ich von München nach San Francisco, ohne Begleitung und daher vorsorglich mit ausreichendem Lesestoff versorgt. Alleine, das Lesen gelang mir nicht. Nachdem ich meinen Platz in der LH-Maschine eingenommen hatte, setzte sich ein junger Mann auf den Nebensitz, rein äußerlich betrachtet ein passabler Sitznachbar. Wir grüßten uns kurz und dann geschah es... ähnlich gehemmte Menschen wie ich und mein Sitznachbar kennen diese Situation: Wir hatten durch gegenseitiges Anschweigen über einige Minuten hinweg den richtigen Absprung für irgendeine Konversation verpasst und es herrschte ein unüberwindliches, peinliches, nur noch durch d e n Geistesblitz zu durchbrechendes Schweigen. Dieses Schweigen wurde so laut, dass ich in dem Roman, den ich sofort hervorgeholt hatte, um durch Vortäuschen konzentrierten Lesens von meiner Unzulänglichkeit abzulenken, die ewig gleiche Zeile immer wieder und wieder las, ohne den Inhalt zu verstehen. Da half nur noch das Überstülpen der bereitliegenden Kopfhörer. Ich habe bei diesem Flug tatsächlich 5 Spielfilme in voller Länge gesehen, wobei ich wenigstens den einmaligen Glücksfall erlebte, dass die Filmauswahl recht passabel war. Mit stierem Blick in den kleinen Monotor über dem Klapptisch verspeiste ich 2 oder 3 Mahlzeiten, die ganze Situation lies mich keinen Schlaf finden. Mein Sitznachbar, aus den Augenwinkeln beobachtet, verfolgte offenbar eine ähnliche Strategie, er schlief ebenfalls keine Minute und blätterte nur zwischen dem Filmschauen nervös in diversen a4-Blättern. Nach 12 Stunden Flug schließlich in San Francisco angekommen, erhoben wir uns zum Aussteigen aus den Sitzen, ließen uns nichts anmerken und verabschiedeten uns mit einem freundlichen Nicken „auf Wiedersehen“.

    Schon im Bus vom Flugzeug zum Terminal versuchten wir – endlich – größeren Abstand voneinander zu gewinnen, dann bei der Gepäckausgabe, platzierten wir uns offenbar beiderseits bewusst an den entgegengesetzten Enden des Förderbandrunds. Koffer um Koffer stapelte sich schon am Förderband, ich versuchte, einerseits Ausschau nach meiner Tasche, andererseits nach ihm zu halten, damit ein neuerliches Zusammentreffen vermieden werden könnte, da wurde ich unsanft zur Seite gerempelt, weil jemand versuchte, einen riesigen Koffer vor mir herauszuwuchten. Dieser jemand kam mir bekannt vor, alleine, er sah zu echt aus. Neben mir stand jemand mit dem Aussehen von Tom Waits und riss einen immensen beigebraunen, mit einem verschlissenen Band zusammengehaltenen Lederkoffer vom Gepäckband. Er trug einen Mantel, der so aussah, als würde er intensiv nach Mottenkugeln riechen, die weitere Bekleidung ist mir nicht mehr erinnerlich, nur der Eindruck, dass Tom Waits so authentisch aussah, dass ich an seiner Echtheit zweifelte. Dann aber rief er seiner Beleitung etwas zu, offenbar ging es um weitere vorbeikreisende Gepäckstücke, die herausgefangen werden wollten – und die Stimme, gepaart mit einer ganz offensichtlichen schlechten Laune, lies keinen Zweifel daran, dass es sich um Tom Waits handelte. Mir blieb – der geneigte Leser hat sicherlich schon erkannt, dass Eloquenz nicht meine Stärke ist – nichts als schauen und staunen, und so war nach dem recht lautstarken, von den restlichen Passagieren aber völlig unbeachteten Gepäckeinsammeln Tom Waits bald aus meinem Blickfeld verschwunden.

  6. #18
    Member Avatar von Grover Watrous
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    Völlig neurotisches Anhängsel! Mir gefällt´s, vor allem der erste Teil, der Begegnung selbst mangelt es meines Erachtens ein wenig an Pfiffigkeit.



    __________
    So what?
    Geändert von Grover Watrous (26.02.2002 um 03:42 Uhr)

  7. #19
    Moderator Avatar von Klede
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    Ach, Pfiffigkeit.

    Mir hat die Geschichte sehr gut gefallen. Dieser kleine Trick, die Irrefuehrung, dass der Sitznachbar doch nur Sitznachbar ist und nicht mehr, das finde ich schoen. Auch, dass Tom Waits dann unerwartet in die Handlung reinplatzt gefaellt mir.

    Abgesehen davon finde ich es schoen, dass nicht nur eine neue lesenswerte Geschichte hier steht sondern gleich noch Goodwills wunderbare Flimmgeschichte mithochgewuchtet wurde. Sehr angenehmer, hoeflicher Einstand, Quispel, freue mich schon auf mehr.

  8. #20
    Embedded Senator Avatar von DerCaptain
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    Ja. Geil!

    Digital Immigrant

  9. #21
    Avatar von Lenin
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    Ich mag nach einem - am Ende zufälligen - Sehen von Tom Waits seine Musik nicht mehr

    Tom Waits hatte Sommer 1999 im Berliner Metropol-Theater zwei ausverkaufte Konzerte an aufeinanderfolgenden Tagen. Ein Freund bot mir an, meine Karte zu bezahlen, wenn ich auch eine für ihn für den zweiten Tag auftreiben konnte. Mein Ehrgeiz war geweckt und ich telefonierte alle Konzertkartenkassen ab. Bei einer der letzten auf meiner Liste erhielt ich die Auskunft, sie hätten noch vier Karten für den besagten Tag. Ich fuhr sofort quer durch die Stadt und erwarb diese für 80,- DM/Stk., zweite Reihe Mitte.

    Wie ich erwartete, fanden sich unter meinen Freunden noch zwei weitere Interessenten und am Abend des zweiten Konzerts erschienen wir vier leicht verspätet und gut gelaunt an dem schönen Gemäuer des Admiralspalasts, der das abgewickelte Metropol-Theater beinhaltet. Kartenkontrolle, Leibesvisitation, an der Tür zum Parterre werden unsere Tickets nochmal geprüft. Die Reihen sind schon besetzt, sogar unsere Plätze! Ich mache unsere Sitze ausfindig, um die dort Sitzenden zu verscheuchen. Kurze Diskussion in der Sitzreihe, ich zeige meine Karte, die drei anderen stehen ungeduldig hinter mir.

    Die Sitzenden ziehen ungläubig ihre Karten aus der Tasche, wir vergleichen die Karten: Wir haben beide die gleichen Reihen, die gleichen Sitzplatznummern! Wer hat die echten Karten? Ich werde unruhig. Da sagt der Mann, mit dem ich debattiere, dass meine Karte für den vorhergehenden Abend ist! Ich schaue nach: Er hat recht! Ich bemerke, wie sich in mir Panik ausbreitet. Unser Konzert war am Vorabend über die Bühne gegangen, ohne uns! Schon nahen Ordner, das Konzert soll beginnen, aber ohne uns stehend Debattierenden in der zweiten Reihe, bitteschön. Alle Plätze sind besetzt.

    Ich dirigiere unsere kleine Gruppe aus der Reihe und zu den hinteren Reihen, zahle im Geiste schon 240,- DM zurück und überlege, alle zum Essen einzuladen. Meine Freunde sind verwirrt, können nicht verstehen, was los ist. Ich zeige auf das Datum der Karten und sie schauen erst die Karten dann mich ungläubig, dann mich auch abfällig bis feindselig an. Die Kartenverkäuferin hatte mir am Telefon das falsche Datum gesagt und ich beim Kauf und auch danach nicht mehr überprüft. Katastrophe!

    Die Ordner sind jetzt verschwunden, wir stehen neben der letzten Reihe, da erspähe ich noch vier freie Plätze, direkt vorm Mischpult! Dieses liegt nämlich auf deren Rückenlehne auf und deshalb hatte man die Plätze nicht verkauft. Aufrecht sitzend oder unter das Mischpult gekrümmt geht es und wir lassen uns schnell nieder. Das Konzert beginnt, der Sound ist ideal, alles geht relativ schnell vorbei und Tom Waits wirkt auf mich wie ein Schauspieler seiner selbst.

    Es kam nichts `rüber. Vielleicht haderte ich zu sehr mit meinem Malheur, vielleicht sollte er wieder Drogen nehmen. Ich weiß den Grund nicht. Seitdem höre ich kein Tom Waits mehr.

    Danke für Ihre Geschichte, Quispel, schöner Jungfernflug. Ich habe meine jetzt auch einmal drangehängt. Das ist hier so üblich, wie sie ja schon gut erkannt haben.

  10. #22
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    mit leicht geröteten wangen und glänzenden augen...ich bedankte mich für den netten empfang!

  11. #23
    Member Avatar von Sabeta
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    dreimal tom waits in einem strang, das ist schön, denn seit ich ende der achziger in dem kleinen programmkino am kotbusser tor in kreuzberg zum ersten mal down by law sah, und zum ersten mal tom waits stimme hörte, habe ich glaube ich bis anfang der neunziger nichts anderes mehr gehört. das war der verflucht kalte winter und tom waits gab ein konzert in berlin, ich wohnte bei einer freundin und habe gegenüber vom cafe kranzler werbezettel für den secondhandladen garage verteilt, um mir die konzertkarte kaufen zu können.
    quispel, tolle geschichte.

  12. #24
    Member Avatar von christoph
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    Auch ich habe Goodwills Werk bislang zu wenig beachtet. Das wird sich jetzt ändern. Danke, Quispel. Auch Sie sollte man im Auge behalten.

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