Zwecks Besichtigung allerhand in Formaldehyd eingeweckter Menschenteile verschlug es mich derzueinst mit Medizinern im ersten Semester in die Pathologische Sammlung eines Institutes in Basel. Nur Mediziner dürfen hier rein, aber der bucklige Pförtner erkannte nicht, dass ich ich einen alten, abgelaufenen Studentenausweis von einem der Anwesenden vorzeigte. Über knarzende Dielen gelangt man in Ausstellungsräume, in denen sich Hannibal Lector sicher nicht hätte entscheiden können, aus welchem Glas er zuerst naschen wollte. Eingeweckte, aufgeschnittene Kinder, eine halbe Frau im Liegen, diverse Eingeweide in allen Farben, gewucherte Geschlechtsteile und anderes, was einem hinterher den Cafe im angeschlossenen Institutscafe versaute. Natürlich nur mir, weil die Mediziner nichts lieber tun, als ständig damit anzugeben, wie niedrig ihre Ekelschwelle ist und das sie sich quasi ihr Butterbrot im offenen Brustkasten einer Wasserleiche schmieren könnten. Geparkt hatten wir direkt vor der Tür des Instituts. Einen orangefarbenen Golf I. Im Kofferraum befand sich absurderweise ein ganzes Blech Pflaumenkuchen. Bei einem der Studenten handelte es sich um einen selbstständig und ohne die laufende Versorgung der Mutter nicht lebensfähigen Volldeppen, der eben jenen Pflaumenkuchen als Wegzehrung mitbekommen hatte. Die Studenten öffneten also noch vor dem Institut den Kofferraum und machten sich - über Karzinome und offene Beine diskutierend - scheunendreschermäßig über das Blech her. Da mir auch schon alles egal war, tat ich ihnen gleich. Die Backen prall und hamstergleich gefüllt, beobachtete ich einen hageren Mann mit hochgeschlagenem Kragen und ohne Haare die Straße heruntereilen. Sofort war mir klar das es sich um Stephan Remmler handeln mußte, die alte Bremerhavener Kante, obwohl ich den zuletzt vor einem Jahrzehnt in einem Studio-Video mit 'Trio' bei 'Formel eins' mit Ingolf Lück gesehen haben mußte. Und noch ehe ich mir über seine beiden Enden einer Wurst Gedanken machen konnte und ob eine aufgeschnittene Wurst vielleicht auch etwas für die hinter mir gelagerte Pathologische Sammlung wäre, war Remmler auch schon auf Höhe unseres Pflaumenkuchenbackbleches. Mir fiel nichts ein, was ich hätte sagen können. Also sagte ich, unter dem ekligen Ausstoßen von speichelnassen Streuselbrocken: 'Mensch, das ist doch der Remmler!' Der Remmler sagte ohne eine Regung, in gleichem Tempo weitereilend: 'Ja, und jetzt?' Ich schluckte gerade schwer, als ihm die albernen Studenten im Chor ein 'DADADA' hinterher grölten.
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