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Thema: Allen, Woody

  1. #49
    Nomember Avatar von maki
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    Was Klaus Nü darüber schreibt, klingt wirklich grauenvoll:

    Die von vier Menschen wohl auch sehr eilig besorgte Übersetzung trägt zum Lektüremissvergnügen ein gerüttelt Maß bei. Sie ist von einer übersteuerten Humorigkeit, die man zuletzt in der Ehefrau-mit-Nudelholz-Bilderwitz-Ära angetroffen hat.

    Es wimmelt von "Döspaddeln","Tranfunzeln" und "Flitzpiepen", ständig haut wer auf die Pauke oder leiert sich was aus den Rippen. Wenn der Protagonist zögert ("I hesitated"), heißt es: "Ich hatte Muffe","to have a good time" bedeutet offenbar, sich "einen Bunten machen". Und dann wäre da noch folgender Oneliner: "She had an hourglass figure and all I wanted to do was play in the sand."

    Das schöne Wort "Stundenglasfigur" mag nicht das allergeläufigste sein, aber einen Witz dermaßen zu versemmeln, ist fast schon ein Kunststück: "Ich hatte einen Dackel, aber sie hatte zwei Möpse."

  2. #50
    Moderator_S Avatar von U_Sterblich
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    So ein Käse!

  3. #51
    Avatar von Alberto Balsam
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    (das sagen wir jetzt lieber alles Herrn Gärtner nicht, der hat wohl genug andere Sorgen grad, wir können ja so tun, als fänden wir Allen gar nicht mehr so gut, nach Zelig sind wir ausgestiegen, und hätten gar nicht mitgekriegt, dass es da so ein Buch gibt)

  4. #52
    Seniorita Avatar von elinor
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    Nach dem, was Maki da zitiert, könnte man fast annehmen, Rainer Brandt hätte beim Übersetzen mitgemischt.

  5. #53
    Moderatorin Avatar von Frau H aus B
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    Wollt grad sagen, Elinor. Was hat den Verlag da geritten? Allen macht "lustige“ Filme, also ziehen wir der Übersetzung Clownsgaloschen an, der Leser will es so?
    If you get in trouble, just go back in time.

  6. #54
    Avatar von Klaus Caesar
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    Ich würde Margarete Stokowski wirklich gerne gut finden, sie ist im Privaten vermutlich ein sympathischer und angenehmer Mensch, sonst wäre ein hochrespektables Forumsmitglied nicht mit ihr verbandelt. Aber ach, wären da bloß nicht ihre Texte. So auch wieder ihre neue Spiegel-Kolumne, eine launige Erklärung des Begriffs "Cancel Culture".

    "Cancel Culture" heißt also, manche Leute mögen manche Leute oder deren Arbeit nicht?
    fragt sie rhetorisch, und antwortet:

    Ja. Wobei "nicht mögen" hier heißt: Leute erkennen ein diskriminierendes Verhalten, etwa Frauenhass oder Antisemitismus, und kritisieren das.
    Wenn dem so wäre, wäre ja alles in Ordnung, denn wer, wenn nicht ein reaktionärer Depp, wollte etwas gegen Kritik an diskriminierendem Verhalten haben? Aber Stokowski hat in Woody Allens Autobiographie nichts Diskriminierendes erkannt, sie hat sie auch nicht kritisiert, sie hat sie augenscheinlich nicht mal gelesen. Sie hat - mit Sascha, Kathrin und anderen - versucht zu verhindern, dass andere sie auf deutsch lesen und ggf. kritisieren können. Genau das ist mit "Cancel Culture" gemeint: nicht offene Widerrede im freien Diskurs, sondern Entzug von Wahrnehmungsmöglichkeiten für die Gegenseite. Natürlich weiß Stokowski das selber, im Gegensatz zu Sibylle Berg ist sie ja nicht blöd, sie tut bloß so. Und bei der Gelegenheit macht sie auch noch auf unschuldig:

    Allerdings sind die allermeisten Menschen, die als Teil der "Cancel Culture" betrachtet werden, nicht in der Lage, irgendetwas zu verbieten, sondern sie kritisieren einfach bestimmte Werke, Kunstschaffende oder Institutionen (...)
    Ich hege großes Misstrauen gegen Menschen, die ihre vorgebliche Machtlosigkeit als Argument anführen. Denn es spricht wenig dafür, dass sie ihre Grundsätze ändern, sobald sie in eine tatsächliche Machtposition gelangen. Aus all dem spricht ein autoritärer Geist, der unter vielerlei Misständen leidet; zuvörderst unter dem, anderen nicht so das Maul verbieten zu dürfen, wie er es gerne täte. Ich habe den Verdacht, dass manche sich den Kampf gegen Diskriminierung nur deshalb auf ihre Fahnen schreiben, weil das edler klingt als "Ich will, dass ich das Sagen habe und du nicht". So, und des reescht misch uff, und des wollt isch Ihne grad emal saache.
    Geändert von Klaus Caesar (13.08.2020 um 13:38 Uhr) Grund: misch, nicht ma

  7. #55

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    Vor paar Tagen in das Buch mal vorab reingelesen und in mir bis dato kaum bekannte Auftritte bei YouTube reingeschaut und noch gedacht: das ist so eine Idee von provokant um jeden Preis, aber auch schal eben. Und dass was darüberhinaus mir irgendwie fehlt: z.B. die Anarchie von Sargnagel oder der gute Analysekopf von Stokowski. (Heute dann beide mit Wortmeldungen dazu, hihi. Stokowski allerdings hier auch bisschen schwächer empfunden aus vielleicht ähnlichen Gründen wie Klaus.)

  8. #56
    Avatar von Die Wucht
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    Ich habe die Kolumne von Stokowski nicht gelesen, finde es aber gut die Möglichkeit zu haben sie zu lesen. Gut finde ich auch, dass der Mann aus Flottbeck offenbar Anschluss gefunden hat.

    Sorgfältig lesen und bei Bedarf mit gut begründeten Argumenten in Grund und Boden verreißen scheint mir die Strategie, die mit den Ideen der Aufklärung eher in Einklang zu bringen ist.
    Und wie war jetzt die Autobiografie von Allen, KC?
    "Mir läuft ein metaphysischer Schauer über den Rücken."

  9. #57
    Avatar von Klaus Caesar
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    Wie bereits gesagt: Mir ist Woody Allen ziemlich egal, ich habe auch nicht vor, sein Buch zu lesen. Und ich darf vermelden, dass es mir in der Zwischenzeit gelungen ist, mein Nichtvorhaben in die Nichttat umzusetzen. Ansonsten habe ich das Argument in #56, sollte es ein solches enthalten, nicht verstanden.

  10. #58
    Avatar von Die Wucht
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    Da sind keine Argumente drinnen, die kommen gleich. Ich habe nach Deiner Einschätzung der Biografie gefragt, da sie mich interessiert. Dass Du expressis verbis Dein Nichtlesen angekündigt hast, habe ich im Laufe der Monate, seit Du es schriebst, schlicht vergessen. So, wer liest jetzt die Biografie und setzt sich damit auseinander, wobei ich mir doch wünschen würde, die Einblickstiefe möge etwas über "Schlechte Übersetzung" - "Nee, gute Übersetzung!" hinaus gehen? Keiner, wa?

    Zu den Argumenten:

    Ich weiß nicht, was cancel culture ist und weiß es noch weniger, je mehr ich in den letzten Monaten darüber gelesen habe. Es scheint, jeder arbeite mit seinem eigenen, oft nicht klar dargelegten Begriff von cancel culture. Als Leserin muss man dann erst sieben und Puzzleteile zusammenlegen, eines davon heißt immer "Identitätspolitik". Vielleicht habe ich aber auch einfach noch nicht den entscheidenden Artikel gelesen. Hinweise, links, Lektüreempfehlungen sind willkommen. Bis dahin wurschtelt ich mich mit meinem Begriff von cancel culture durch und der geht so:

    Wenn man auf dem Dorf im Supermarkt einkaufen war und da wurde man von der Verkäuferin/Inhaberin/Putztruppe nicht freundlich gegrüßt, dann ist man da nicht mehr hingegangen. Selbstverständlich sucht man in Nachbarn, Bekannten, Kolleginnen persönliche Intrigenberater, die sich ebenfalls empören, die Kunde verbreiten und nicht mehr in den Supermarkt gehen. Stattdessen geht man in einen Supermarkt im Nachbardorf, in dem alles viel besser ist. Bis man beim Kaffeetrinken die gute Bekannte trifft, die haarsträubende Geschichten über den für gut befundenen Supermarkt berichtet. Auf einmal müssen neue Intrigenberater her, ob man die gute Bekannte noch zum Kaffe einladen kann, wird überlegt und insgesamt, man kann's nicht anders sagen: Hat man den Salat, ums's mal auf Deutsch zu sagen. Eine ignore-Liste würde helfen, aber die gibt's im echten Leben nicht. Wobei auch das natürlich cancel culture wäre.

    Nun taucht der Begriff cancel culture in einem sehr speziellen Zusammenhang auf, nämlich mit einem weltberühmten Filmemacher, der sich möglicherweise des sexuellen Kindesmissbrauchs an seiner Tochter schuldig gemacht hat und erwiesenermaßen ein Schweigekartell für dieses Thema in der Presse errichtet hat. Was macht man jetzt. Googeln, natürlich. Irgendwie will man ja wissen, "was dran ist oder nicht". Nun findet man viele Artikel dazu, und geht noch ahnungsloser als zuvor aus der Googlei wieder raus. Ich teile da U's Einschätzung, weiter oben. Ob das Geld für Anwälte, Detektive, geheime Non Disclosure Agreements vergebens ausgegeben wurde (so wie Ebbe es im Strang anführt), kann niemand von uns wissen. Die Geschichten sind im Giftschrank von Zeitungsredaktionen. Das und mehr ist nachzulesen bei Ronan Farrow, Catch and Kill. Farrow erhielt dafür den Pulitzer-Preis, der Preisvergabe ging (wie offenbar bei jeder Pulitzer-Preisvergabe üblich) umfangreiches Fact Checking voraus.

    An der Stelle ist man also einen Schritt weiter: Allen errichtet ein Schweigekartell. Er macht exakt das, was Du, KC, bei Stokowski kritisierst
    nicht offene Widerrede im freien Diskurs, sondern Entzug von Wahrnehmungsmöglichkeiten für die Gegenseite
    . Läuft hier jeder Mann Gefahr, schutzlos dem Vorwurf des sexuellen Kindesmissbrauchs ausgeliefert zu sein, bedroht mit der Aussortierung aus der zivilisierten Welt? Nein. Männer, die im Zusammenhang mit dem sexuellen Missbrauchsvorwürfen Schweigekartelle errichten, müssen mit Kollegenschelte und Verweigerung der Zusammenarbeit rechnen. Das war die Strategie der Hachette- und Rowohlt-Mitarbeiter, die ihren Verlag zur nicht-Veröffentlichung der allen-Biografie bewegen wollten.

    Ob die Strategie richtig war, weiß ich nicht. Ich bin mir aber sicher, dass es im Umgang mit sexuellem Kindesmißbrauch zu wenig legale und wirksame Mittel gibt. Laut WHO ist pro Schulkasse von ein bis zwei betroffenen Kindern auszugehen (Quelle). An den bisher bestehenden Grenzen von Gesetz und gesellschaftlicher Konvention zu rühren um Kinder zu schützen, ohne in die Falle der Selbstermächtigung, Lynchjustiz oder Vorverurteilung zu tappen, tja, muss man sehen, wie das gehen wird. Mit Zensur-Getröte und Moralkeule-Einwänden kommt man jedenfalls nicht weiter (das kam nicht von KC sondern anderen).
    Geändert von Die Wucht (12.08.2020 um 19:21 Uhr)
    "Mir läuft ein metaphysischer Schauer über den Rücken."

  11. #59
    Hühnergott Avatar von Freewheelin_Biller
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    KC, soll der letzte Satz hessisch sein? Dann müsste aus dem ma ein misch werden.

  12. #60
    Avatar von lacoste
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    Ich freu mich auf den Moment, an dem ich Wucht zum ersten Mal mit ernstem Blick irgendwo im Fernsehen bei einer Anwaltsserie sehe. Schwadronierend.

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