Heute habe ich sie das erste Mal in echt gesehen. Oft liest man von ihr, der Bauchnabelschau, denkt sich dann aber nur: Pah, was für ein ödes Klischee alkoholkranker Journalisten.
Deswegen auch glaubte ich schon gar nicht mehr, dass es diesen Bauchnabel (ich sehe von meinem eigenen Mal ab) überhaupt gibt, so an und für sich.
Aber dann sah ich ihn - heute, gestern.
Im von Herrn Maigret angezettelten Strang begann es. Ich war kaum eingetreten, wollte nur ausgehen, ganz normal, und schaute mich nur ein wenig um, von den Zahlen war mir noch schwindelig - Mathematik finde ich ja gut, wahrscheinlich gerade, weil ich darin nicht so gut bin, - ich sah mich also um, im Maigret-Club, und versuchte noch, Halt zu finden, da brach schon das Plaudergewitter los. Hinten sass Maigret, zu ihm gesellte sich nach Kurzem Google, der ihm schleimig assisitierte beim Auflegen der Platten. Vor dem Thron der beiden DJs mischte ich mich unters Fussvolk schaukelte mit und beobachtete das Spektakel.
In der Mitte, angestrahlt, auf dem Dancefloor, öffnete sich der Bauchnabel jäh, darum herum tanzten Papen und diskutierten mit informellen Handbewegungen darüber, wer wohl wer sei und wer sich demnach wie zu bewegen habe.
Von Zeit zu Zeit stiegen Nebelschwaden auf unter dem Maigret-Pult. Die Schwaden wurden von den tanzenden Papen genutzt als Deckung um sich gegenseitig Zahlen, Redewendungen und Scheinvermutungen durch die dicke Luft an den Kopf zu werfen. Dadurch wurde alles sehr bunt.
Nach einiger Zeit (kurzer Zeit) verhedderten sich aber alle Dance-Papen dermaßen in den Wurf-Girlanden, dass sie von dem ganzen Geklebe sehr in Eins gekleistert ins Wanken kamen, ins Wanken, Taumeln, Stürzen und schleßlich sich so ganz verknüllt stolpernd dem Nabel so sehr näherten, dass sie in ihn hineingezogen wurden und in ihm treibsandig versumpften.
Glücklicherweiße war ich da gerade am Automaten, Zigaretten ziehen, und konnte so alles Weitere beobachten.
Erst zwar lachten Maigret noch und Google über das sich anbahnende Unglück. Aber die Girlanden hatten auch ihr DJ-Pult mit erfasst, die Konfetti-Gerüchte auch ihr Haar durchseucht, so dass auch sie mit in den Nabel gezogen wurden.
Im Versinken rülpste der Nabel wiederholt, sagte mehrmals Poserlacostetexmurmelwrobel, aber auch diese Beschwörungsformel konnte nichts mehr abwenden.
Schließlich waren allen verschluckt. Der Nabel stieß noch einige wenige Male auf, erbrach dann aber einen Nabel-Strang, de sich zum Häufchen faltete - ein Häufchenauf das sich sofort die Schmarotzertierchen stürzten, während die Liebe, im Abseits stehend, leise schluchzte.
Endlich aber deckte gütig Flutwasser das ganze Unglück zu und ab. Und ich schwamm hinaus, Zigartten über Wasser haltend, mit ihm, in einen neuen, wirklichen Tag, in einen Tag, dessen Antlitz die See, Nabel und alles, endlich ganz bedeckt hatte mit salziger Bracke, dessen Horizont und Sonne aber ganz neue, andere Herrlichkeit versprach.
Schön.
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