Es gibt Momente, die die Höflichkeit eines Paparazzo auf das Härteste prüfen, und einen solchen beschwerte mir mein Präsident, Johannes 'Amen' Rau. Nicht, weil bei einem offiziellen Interviewtermin selbst zum Wetter ausufernd Unverbindlich-Freundliches aus ihm herausquoll, sondern wegen der unverhüllten Nahansicht seines Wuppertaler Staatsoberhauptes. Aus diesem quollen nämlich unterhalb der Tränensäcke und aus dem Nasenrücken reichlich dicke Einzentimeterhaare, die mich doch sehr zweifeln ließen, ob ich mich, gerade im Ausland, durch diese, zudem auf einem ausgebeulten Nachkriegssakko thronende Erscheinung, repräsentiert sehen möchte.
Mein Magen entschied mit einem klaren Nein. Nur mein Mitgefühl erwog kurz, ob denn solche Indizien rustikaler Natürlichkeit wirklich vorwerfbar wären oder nicht etwa doch ein letzter Rest Menschlichkeit in einer aalglatt polierten PR-Welt.
Daß das Mitgefühl nur kurz war, liegt an meinem kleinen Bruder. Der gab nämlich zu bedenken, daß J.R. vielleicht gar nicht mehr menschlich sei. Man möge doch an den Film 'Die Fliege' von David Cronenberg denken. Da beginne die Metamorphose von Jeff Goldblum schließlich auch mit dem Sprießen unnatürlicher Haare an ungewöhnlichen Orten, daher müsse man das Staatsoberhaupt dringend vorsorglich isolieren. Nicht auszudenken schließlich, würde Rau in einem späteren Verwandlungsstadium einen bedeutenden Staatsgast vergraulen, indem er die Decke entlangläuft und das mehrgängige Diner extrakorporal mittels hochgewürgter Säfte verdaut, um es anschließend aufzusaugen...
Das gab mir dann doch zu denken.
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