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Thema: Sander, Otto (schaut mich an)

  1. #13
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    Hyvä Herr Rubinowitz, Herr Sander kann ja nichts dafür, dass seine Stimme von Herrn De Niro und anderen abgenutzt wird. Warum muss das Fernsehen in Deutschland auch alles synchronisieren? Sind wir ein Volk der lesenundgleichzeitighörenundsehen Nichtkönner? Die Finnen tuns doch auch, denn die haben keine Wahl. Und ich bin jetzt an Untertitel und O-Ton so gewöhnt, das ich synchronisierte Stimmen, egal wie schön sie sind, nicht mehr ausstehen kann. Leider kann ich in Finnland aber die Untertiel nicht immer lesen, aber man kann nicht alles haben.

  2. #14
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    Suomesta, warst Du schon mal in der Ukraine?, da werden ALLE Rollen in ausländischen Filmen von einer einzigen Person (Mann) synchronisiert, und zwar so, dass man die darunterliegende Originalstimme noch hört.
    Wenn mans nur SO kennt, ist das wohl ganz normal, wie für Euch die untertitelte Originaltonspur.
    Freu mich schon auf den Cotrauzeugen von Otto S.

  3. #15
    Avatar von Hilde
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    Also ich bin froh über synchronisierte Filme, wenn die Stimme passt und vor allem wenn sie über Jahre gleichbleibt bzw. mit dem Schauspieler gleichmäßig altert.
    Schmerzvoll ist es, wenn altbewährte Stimmen ausgetauscht werden. Z.B. war Columbo mit der Stimme von Klaus Schwarzkopf perfekt. Nach Schwarzkopfs Tod musste dann zwangsläufig die Stimme wechseln, aber ich konnte mich nie daran gewöhnen. Ich glaube sogar, dass auch die alten Columbos noch nachträglich neu synchronisiert worden sind.
    Aber trotzdem, lieber den Film anschauen als ständig mitlesen müssen, je mehr Dialog um so nerviger gestaltet sich das ganze.

  4. #16
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    Vielleicht hat der Mann aus der Ukraine ja eine Stimme wie Otto Sander, das wär doch schön.

  5. #17
    Avatar von lacoste
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    Hier also nun die Otto Sander-Geschichte, die mir ein sehr liebenswürdiger und vertrauenswürdiger Mann erzählt hat, den ich nach über zwei Jahren Kontaktlosigkeit heute nicht erreichen konnte, um ihn um seine Erlaubnis zu bitten, die Geschichte in diesem Rahmen zu veröffentlichen, der aber ganz sicher nichts dagegen hat. Ich nenne ihn einfach ROLAND. ROLAND erzählte also Folgendes:
    *******************************************
    Es ist eine Geschichte aus dem Jahre 1974. Ich arbeitete damals noch als Regieassistent in einem kleinen Privattheater in der Nähe von Dortmund. Zusammen mit meinem alten Schulfreund Otto Sander, der jetzt übrigens ein großer Filmstar ist und dort damals Regisseur und damit pro Forma mein direkter Vorgesetzter war, der Chef also, und mit Klaus-Dieter, einem jungen, hochbegabten Geigenspieler, der sich sein Studium durch den Job in unserem kleinen Theaterorchester finanzierte, hatte ich so manchen schönen Abend. Wir arbeiteten tagsüber wie die Wilden, und abends, wenn die Dunkelheit einbrach, tranken wir nach getaner Arbeit ein Bier zusammen. Wir entwarfen dabei die wildesten Utopien für eine gerechtere Welt. Wir hatten Visionen von unendlichen, menschenleeren Bezirken, in denen sich die Vielfalt der Natur frei entwickelt, und wenn ich Natur sage, dann meine ich wirkliche Natur, unbezähmbare Natur, in denen sich ein jeder Künstler frei entwickeln kann.
    Und dann sollte Klaus-Dieter heiraten.
    'Ich geh da nicht mehr hin.' sagte er.
    Wir waren schockiert.
    'Das kannst du nicht machen.' sagten wir.
    'Ich geh da nur noch hin, wenn ihr mitkommt.' sagte er.
    Wir stimmten zu. Wir tranken noch ein Bier und bauten Klaus-Dieter dabei moralisch ein bißchen auf. Er hatte uns mittlerweile zu seinen Trauzeugen ernannt, ein Umstand, dem wir mit heiterer Gelassenheit gegenüber standen, bis Klaus-Dieter uns zu späterer Stunde eröffnete, die Trauung solle schon am anbrechenden Tage stattfinden. Otto Sander erblaßte sofort. Er gab zu bedenken, daß wir das womöglich auf gar keinen Fall schaffen würden, denn draußen tobte ein Schneesturm, und der Heimatort der Braut befand sich in Süddeutschland. Wir bemühten uns, Klaus-Dieter davon zu überzeugen, daß wir die denkbar schlechtesten Trauzeugen abgeben würden, die ein Bräutigam sich nur wünschen könnte, aber Klaus-Dieter wollte gar nichts davon hören.
    'Wer, wenn nicht ich', so rief er aus und strich sich mit wildem Blick die schwarzen, glänzenden Locken aus der Stirn, 'wer, wenn nicht ich, könnte sich einer solchen Herausforderung gewachsen zeigen? Wer, wenn nicht ich, spottet jeden Sturmes und jeder Widrigkeit? Wer, wenn nicht ich, schlägt der gesamten Natur ein Schnippchen?'
    Erregt sprang er auf. Er vollführte einen wahren Veitstanz durch die gesamte Kneipe, dann stolperte er und riß einen Nachbarstisch mit sich um, auf dem mehrere Weingläser gestanden hatten. Die Nachbarn blickten Otto und mich einigermaßen befremdet an. Otto blickte besänftigend und achselzuckend zu ihnen zurück, ich aber sprang auf, um Klaus-Dieter zu helfen, der sich hilflos in den schneidenden Elementen ehemaliger Weingläser wälzte. Unglücklicherweise riß ich dabei mein eigenes Bierglas mit mir fort, was ich aber sofort beim Wirt monierte. Ich beugte mich zu Klaus-Dieter hinunter und verlor mein Gleichgewicht. Das war nicht weiter schlimm, denn ich konnte mich mit den Armen gerade noch abfangen... Dann ging alles ganz schnell. Ich ergriff mit der linken Hand eine Stange über meinem Kopf und zog mich daran hoch. Sofort half ich Klaus-Dieter auf die Beine.
    'Otto kann noch fahren!' rief er aus und riß an seinem Mantel. Der Gaderobenständer neigte sich bedenklich zur Seite, kippte aber nicht um. Otto war jetzt zu allem bereit, und ich auch.
    'Bis zum Wagen sind es aber noch drei vier Schritte', sagte Otto, während er sich in seine Jacke arbeitete. Wir hörten das gar nicht mehr, denn wir waren schon fast draußen.
    'Zahlen könnt ihr später!' rief der Wirt uns noch nach, als Otto, ohne noch einmal zurückzublicken, uns folgte.
    Nach einer Weile hatten wir Ottos Wagen gefunden. Wir setzten uns hinein, und Otto startete durch. Problemlos fanden wir die richtigen Autobahnverbindungen.
    Nach ein paar Stunden waren wir schon fast in der Nähe des Heimatdorfes der Braut angelangt, als uns, mitten auf einer einsamen Landstraße das Benzin ausging. Der Wagen sprotterte noch ein paar mal, und dann blieb er liegen.
    'Was tun?' fragte Klaus Dieter.
    'Dort drüben' antwortete Otto Sander, 'sehe ich die Lichter eines Gehöftes. 'Vielleicht können wir da eine Taxizentrale anrufen, allzuweit kann es ja nicht mehr sein.'
    Den Wagen ließen wir einfach liegen und stapften durch einen kleinen Graben in die Wildnis. Um uns herum tobte der Schneesturm. Wir gaben uns gegenseitig zuversichtlich und folgten einfach Otto Sander, der ja die Lichter gesehen hatte. Ab einem gewissen Zeitpunkt aber, als Klaus-Dieter und ich schon fast ein bißchen ungeduldig zu werden drohten, gab uns Otto so nach und nach zu verstehen, er habe sich womöglich geirrt. Es seien wahrscheinlich überhaupt nicht die Lichter eines Gehöftes gewesen, sondern, wie er jetzt vermutete, flirrende Irrlichter, die uns Wanderer zu verwirren suchten. Wir setzten uns nieder und beratschlagten.
    'Ich danke dem Schicksal', rief Klaus-Dieter plötzlich aus und sprang erregt auf, 'ich danke dem Schicksal, daß es mir Freunde, wie ihr es seid, geschenkt hat! Wenn wir das hier überstanden haben, werde ich mein Schicksal vergolden und auf einen Sockel stellen, denn Freunde wie euch findet man nur selten im Leben!'
    Wir waren gerührt, wir umarmten einander und brachen in Glückstränen aus, ja, wir heulten.
    Der Schneesturm hatte sich gelegt, die Wolken zogen auseinander und offenbarten den funkelnsten Sternenhimmel. Zuunterst, wo sich das samtenste Schwarz melancholisch in seidige Blaustufen verlor, prangte wie ein wunderbarer Diamant der allwissende Morgenstern.
    'Welch ein Wunder!' rief ich aus.
    Otto Sander folgte meinem Blick in die erhabene Unendlichkeit.
    'Die Venus', entgegnete er mir 'strahlend und schön, aber kein Wunder sehe ich, durchaus kein Wunder. Es wird Tag, der Morgen graut.'
    Klaus-Dieter zuckte zusammen. Erregt sprang er auf.
    'All die Kinder' so rief er aus, 'All die Kinder die jetzt in die Schule gehen müssen, und ich soll heute heiraten und kann meine Braut nicht finden!'
    Rosige Wolken dümpelten vereinzelt durch türkisen Himmel. Unten am Horizont malte die Natur ein warmes Orange. Wir blickten um uns und entdeckten, daß wir mitten auf einem schneebedeckten Ackerboden saßen. Nicht weit entfernt stand ein kleines Gehöft. Ein Fenster war schon erleuchtet, und gerade in dem Augenblick, wo wir hinguckten, gingen auch die Lichter in den anderen Fenstern an.
    'Das ist es ja!' rief Klaus Dieter erregt, 'Das ist ja das Elternhaus meiner Braut!'
    Die Vögel begannen zu zwitschern.
    'Welch ein Wunder!' rief Otto Sander aus, 'Welch ein Wunder, ich habe mich nicht geirrt!'
    Die Erde schien sich wie rasend zu drehen. In der Ferne heulte eine Kreissäge auf.
    'Dann laßt uns jetzt dahingehen.' sagte Klaus- Dieter, und stand auf.
    Stapfend folgten wir ihm durch den zähen Acker, der uns in Klumpen an den Füßen hängen blieb. Das Begrüßungskommando erwartete uns bereits.
    Die Sonne brach hervor. Der Schwiegervater blickte Otto und mich finster an.
    'Vielleicht zunächst einen Kaffee?' fragte er. Wir schüttelten den Kopf.
    Kaum im Hause angekommen, befragte Otto die Schwiegermutter nach einer Möglichkeit, die eventuell bestehen möge, daß wir uns vor der Trauungszeremonie noch für eine halbe Stunde schlafen legen könnten. Die Schwiegermutter schüttelte den Kopf.
    'Nein' so rief sie aus, 'nein, wir haben alle Gästebetten schon fertig gemacht, für die Gäste, die heute Abend eintreffen werden. Wir haben keinen Platz für unangemeldete Gäste.'
    Da schaltete Klaus-Dieter sich ein. Er hatte Beziehungen und war auch müde.
    Ich beobachtete heimlich eine peinliche Disskusion, und dann ging alles ganz schnell. Ehe wir uns versahen wurden Otto und ich schon eine kleine Steigleiter hinaufgeführt, über die wir in ein kleines Gemach kletterten. Auf dem Dachboden angekommen fanden wir nichts als ein großes Bett und eine bäuerliche Minibar: Zwei Flaschen Mineralwasser und eine Magnumflasche Sekt.
    'Laß uns den Sekt aufmachen.' sagte Otto.
    'Das können wir nicht machen' entgegnete ich, 'der ist doch für heute Abend.'
    'Scheiß auf heute Abend! der Tag ist noch jung, und wir haben auch unsere Rechte!' sagte Otto.
    Wir blickten uns tief an. Langsam begann ich zu nicken. Otto grinste auf und entkorkte die Sektflasche. Ab da verliert sich leider meine Erinnerung, denn mein nächstes Empfinden war ein sehr merkwürdiges. Ich dümpelte gerade zwischen Wachen und Schlafen, als plötzlich eine Hexe........'
    *****************************************
    Hier spricht wieder Lacoste: In meinen Aufzeichnungen endet ROLANDS Geschichte an dieser Stelle. Die 'Hexe' war natürlich die Schwiegermutter, und ROLANDS Erzählung schwächelte ab dieser Stelle auch. Sie war halt nicht weiter erzählenswert: Kater, alles mehr schlecht als recht überstanden usw.
    ABER: Ich verbürge mich dafür, dass das eine echte, damals vor ein paar Jahren von ROLAND - der es mit Otto Sander wirklich erlebt hat - erzählte, von mir aufgeschriebene, von ROLAND bestätigete und an Otto Sander weitergeleitete Geschichte handelt!!!

  6. #18
    Kosmonaut Member Avatar von Yvonne Caldenberg
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    Eine Geschichte für die Ewigkeit, für den Scheesturm, für Autopannen, für einsame und nicht so einsame Betrunkene. Da ist alles drin.
    (Und Otto Sander kann ich eigentlich nicht leiden. Aber bei der Geschichte ist es ganz gleich. Die ist episch - Helden im Schnee, der Weg in die Ehe - da verschwinden die Personen der Zeitgeschichte)
    Meine Lieblingsstelle:
    'All die Kinder' so rief er aus, 'All die Kinder die jetzt in die Schule gehen müssen, und ich soll heute heiraten und kann meine Braut nicht finden!'
    Toll.
    (Beitrag wurde von Yvonne Caldenberg am 28.06.2001 um 00:16 Uhr bearbeitet.)

  7. #19
    Moderator Avatar von rron
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    Das ursprüngliche war treffender, Frl. Caldenberg.
    Aber es geht ja um den Bauernminibar-Otto. Eine gar nicht tolle CD ist übrigens 'Bis an alle Sterne ÷ das Rilke-Projekt' mit Beiträgen von, neben Sander, u.a. Xavier Naidoo, Ben Becker, Moosi Moshammer und Peter Maffay. Da ist es mir doch sehr lieb, dass mich von denen noch keiner angeschaut hat.

  8. #20
    Kosmonaut Member Avatar von Yvonne Caldenberg
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    Sander kann ich nicht leiden u. ist mir alles egal. Die genannten Leute will ich auch nicht kennen, ähbäh.
    Aber es geht um die Geschichte, die liebe Geschichte...

  9. #21
    Member Avatar von frosch2
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    Sehr schöne Geschichte. Lacoste, ist überliefert ob Klaus-Dieter noch heute mit der gleichen Frau verheiratet ist?
    (Beitrag wurde von frosch2 am 28.06.2001 um 11:22 Uhr bearbeitet.)

  10. #22

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    Liebe Lacoste! So eine schöne Geschichte, wie aus einem deutschen Lesebuch vor hundert Jahren. Sehr romantisch und mysteriös, es war die Stimmung, wie ich sie von Ludwig Tieck kenne, aus 'Die Elfen', nur dass es sich hier um keinen Elfenkreis handelt, in den ein Jüngling tritt, sondern um funkelnde Sterne die den Weg weisen...kannst du nicht den ausgelassenen - da, wie du sagst - nicht so berauschenden Schluss etwas umschreiben, ihm eine Pointe oder schönen Endschlenker verpassen und ihn dann anfügen? Der Autor hat nichts dagegen - (er hat mir bereits telephatisch seine Einwilligung übermittelt.)

  11. #23
    Member Avatar von Sabeta
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    eine weitere, wunderbare, von lacoste geschliffene geschichte. alles was du schreibst, lacoste, beginnt irgendwann zu glänzen. ich bin sicher, dass du auch das herunterbringen deines müll zu einer funkelnden geschichte machen könntest.

  12. #24
    Member Avatar von Publikum
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    schweigt gleichermaßen berauscht wie ergriffen

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