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Thema: Völz, Wolfgang (fährt S-Bahn)

  1. #1
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    Kürzlich auf dem Weg von Potsdam nach Berlin saß im selben S-Bahn Waggon wie ich selbst, unter anderem Wolfgang Völz. Ich hatte ihn sofort erkannt, aber liess mir nichts anmerken. Herr Völz wurde ansonsten wohl von niemanden erkannt, musste ganz alleine eine Sitzgruppe im Wagen benutzen, liess es sich aber auch nicht anmerken.
    Meine Gedanken schweiften zu der Frage, ob in Ehren ergraute Prominente sich nicht auch ein Fahrzeug mit Fahrer oder wenigstens ein Taxi leisten können um von/zur Arbeit zu fahren und ob die S-Bahnfahrt in diesem Falle einer Art Überprüfung des Status Quo der eigenen Popularität war...
    Das mitteljunge Pärchen, das sich nach dem nächsten Halt Herrn Völz gegenüber setzte erkannte ihn auch nicht und weigerte sich trotz seiner nun auffordernden Blicke standhaft, mit dem älterern Herrn ins Gespräch zu kommen.
    Schade! Sie hätten möglicherweise Käpt'n Blaubär erkannt.
    So gingen einige S-Bahn Stationen vorbei und schliesslich entstiegen Herr Völz wie auch ich dem Zug am S-Bahnhof Charlottenburg, wo er - der Herr Völz - prompt an- ja fast umgerempelt wurde von einem eilig die Treppe heraufhastenden Stullenaktentaschenträger, der den Star sofort erkannte und daher vor Aufregung seine angebrachte Entschuldigung verschluckte... und wortlos stammelnd in die S-Bahn huschte.
    Scheiss Timing, nicht war?
    (pardon my french. Mein erster Beitrag - dient auch zur Stilfindung. Eine Etude gewissermassen)

  2. #2
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    das war doch schon sehr ordentlich, Fuzzoiguana. Beobachtung, beschreibung der Beobachtung, Fragen die sich aufdrängen, die Mutmaßung und Spekulation den Weg ebnen. Doch doch, das wird, ohne Zweifel. Aber ihr Pseudonym Fuzzoiguana, ihr Pseudonym! Wäre es nicht etwas einprägsamer gegangen? In letzter Zeit will mir scheinen, werden die Pseudonyme der Neuzugänge immer schwieriger, man kann sie kaum noch auseinanderhalten.

  3. #3
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    Ich verstehe die sanfte Kritik ob der Exotik meines Pseudonyms. Allerdings hänge ich sehr an dieser Bezeichnung, ist sie mir doch einst als Kosename von einer mittlerweile Ex-Gefährtin (ihrerseits Cousine von Christopher Lambert = Bezug zum allgemeinen Thema) auferlegt worden.
    Ein Schelm wer schlechtes dabei denkt.

  4. #4
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    A propos Pseudonym, es scheint mir beachtenswert, daß Wolfgang Völz unter allen Künstlernamen der Welt ausgerechnet auf 'Wolfgang Völz' verfallen ist. Sein bürgerlicher Name ist Aron (oder Aaron) Treppengeländer; wie man aus der Ausstellung in der Synagoge in der Oranienburger Straße ersehen kann, ist er ein aktives Mitglied der berliner jüdischen Gemeinde, wie weiland Hans Rosenthal sel.A. Er wuchs vorderhand auf mit einem sogenannten Schmähnamen, dazu einem damals noch religiös bedeutungsvollen Vornamen, mit signalhaften Namen also, mit denen er sich als Schauspieler in Deutschland offenbar nicht abfinden mochte oder konnte. Wolfgang Völz.

  5. #5

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    Interessant, Herr Pinkas.
    In den USA stiess ich auf den Nachnamen 'Banister' und fragte mich, wie man dazu kommt, Treppengelaender zu heissen.
    ------------------
    Mein fester Glaube,
    Edmund





  6. #6
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    Da diese Schmähnamen (der Bekannteste ist Streisand) aus Galizien, also dem letzten Eck von Östreich-Ungarn kamen, nehme ich an, dass sich da jemand den Namen wörtlich anglisiert hat. Mein fester Glaube.
    (Beitrag wurde von pinkas am 21.05.2001 um 11:11 Uhr bearbeitet.)

  7. #7

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    Den Herrn Treppengeländer traf ich ca. 1997 in Prag am Aufzug des Hotels Pyramida. Wir standen da und warteten. Er rauchte eine dicke Zigarre und wollte gar nicht mit dem Lift fahren, sondern wartete einfach nur. Ich erkannte ihn sofort, aber es fiel mir nichts Interessantes ein, um ihn in ein Gerspräch zu verwickeln. Aufgefallen war mir nur seine massive Gestalt und das überaus rauhe Gesicht. Hätte ich damals schon ihre Information gehabt, lieber Pinkas, so hätte ich freilich spontan eine Konversation aus dem Reich deutsch-jüdischer Erinnerungsarbeit vom Zaun gebrochen oder einen kleinen Russenwitz gerissen. (A propos Pseudonym: Pinkas ist ein schönes Pseudonym, aber warum haben Sie sich unter allen Künstlernamen der Welt 'Gedenkbuch' herausgepickt?)
    Pinkas (Pey, Nun, Kuf, Samech): blotter, book, notepad, pad, ledger (Shimon Zilbermann, The up-to-date English-Hebrew Hebrew-English Dictionary. Jerusalem 1987.
    Pinkas Kehilot Germania: Erinnerungsbuch deutscher Gemeinden, Yad VaShem Jerusalem.
    (Beitrag wurde von Claus Eschemann am 21.05.2001 um 11:55 Uhr bearbeitet.)

  8. #8
    Embedded Senator Avatar von DerCaptain
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    Mit den Schmähnamen ist das so eine Sache: Mein Vater wuchs u.a. in Franken auf und erzählte von zwei Schulfreunden, denen man die unschönen Namen 'Isidor Kanalgeruch' bzw. 'Afterduft' verpasst hatte. Wie das im Detail war, weiß ich nicht, aber offenbar wurde Juden der Name verboten und durch o.g. ersetzt.
    ------------------
    'Von ganzem Herzen, für alle Zeit...'

    (Beitrag wurde von DerCaptain am 21.05.2001 um 11:20 Uhr bearbeitet.)

  9. #9
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    #Da musst Du weiter zurück gehen, Kapitän, die Schmähnamen stammen noch aus der Zeit, als per Dekret jeder Untertan im Österreich einen Familiennamen annehmen musste, zwecks leichterer behördlicher Erfassung. Weit ab vom Schuss in Galizien scheint sich da etwas Besonderes zugetragen zu haben.
    #Lieber Claus Eschemann, mein jüdisches Pseudonym ist relativ zufällig; als ich fürs 70er-Forum schnell eines brauchte, war es zur Hand, fiel mir ins Auge, und war als Vorname gedacht, obschon mich hier viele herr-zen. Die Bedeutung passte für das Erinnerungsforum zudem ad hoc ganz gut. Wie schnell man sich verheben kann, wenn man alle Namen für bare Münze nimmt, zeigt Texens Erlebnis mit Fritz Muliar (irgendwo auf dem Gurkenglasboden), der auf den Nachnamen Rubinowitz sofort mit Tante Jolesch, Roda Roda und Salcia Landmann reflektierte.

  10. #10
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    Nochmals, Kapitän, zu Isidor Kanalgeruch: Es ist möglich, dass die äh, Schulfreunde? Deines Vaters wirklich so hiessen. Möglich ist aber auch, dass sie ganz anders hiessen, und ihnen diese Absonderlichkeiten als Spitznamen angehängt wurden, als jüdische Extremnamen. Bei Franken, pardon, denke ich da sofort an Julius Streicher. Vom Stürmerstil ist leider oft all zu beliebig die Rede, aber der diffamierende Umgang mit Namen gehört sicherlich dazu.

  11. #11
    Avatar von Herr Genista
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    Man soll nichts von sich geben, was man nur so halb weiß, aber diese Weisheit kenn ich nur so halb, da ist es nicht so schlimm. Mir ist der Schreck erinnerlich, der mich durchfuhr, als ich las, daß ETA Hoffmann, der Verwalter in werweißwo - Schlesien? Ich kann hier nicht forschen danach - gewesen ist, da auch amtlich Schmähnamen vergab. Es war jedenfalls nicht Österreich-Ungarn und auch nicht Galizien, glaube ich. Und ich erinnere mich sogar an 'Hintertreppengeländer' als Name, das soll jetzt aber kein Wettbewerb werden in schlimmen Namen. Weiß ein gelehrter Historiker oder Philologe mehr und verrät es uns?

  12. #12
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    Da dämmert auch mir was... Ich glaube, mich zu erinnern, dass es allenthalben (nicht nur in Östreich) eine Vorgabe für die Behörden war, möglichst unverwechselbare Namen zu schaffen. Jedenfalls lässt sich sagen, dass die orthodoxen Juden, die bis dahin am hergebrachten System individueller Patronyme festhingen, im deutschen Raum zu aller Letzt Familiennamen annahmen, so dass diese bereits den Geist des Ottocento atmen: sei's in romantischer Lüftelmalerei (Veilchenfeld usw.), sei's in liebloser, oder gar hasserfüllter Amtsstubenschematik.
    (Beitrag wurde von pinkas am 22.05.2001 um 14:45 Uhr bearbeitet.)

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