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Thema: Passig, Kathrin

  1. #97
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    Um an Lottmann heranzukommen, mußte ich mich mit seiner Busenfreundin Lacoste befreunden. Dabei lag Passig quer, war aber auch nicht gänzlich unsympathisch.

  2. #98
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    Es tut mir leid, wenn mein Beitrag für Irritationen gesorgt haben sollte. Ich verstehe einige der Reaktionen hier, manche aber auch gar nicht. Ich denke, das liegt zum Teil an den internen, mir unbekannten Gepflogenheiten des Forums. Viele der Beiträge scheinen auf einer sehr persönlichen Ebene gehalten zu sein und eher wie ein Chat zu funktionieren als wie eine ernsthafte Diskussion. Zur Erklärung: Ich habe für meinen Beitrag vom 20. Mai zu drei Vierteln eine Buchkritik verwendet, die ich schon 1999 in einer großen, westdeutschen Zeitung veröffentlicht habe, und ich wollte hier nichts weiter als einen Beitrag zur Psychologie Lottmanns liefern (die ich im übrigen für interessanter halte, als Brandtstätter uns glauben machen will), und dessen Schaffen ich seit über zwanzig Jahren verfolge. Daß Lottmann ausgerechnet an dieser Stelle, in diesem Forum von einigen Teilnehmern Antisemitismus unterstellt wird, ist natürlich fatal, und falls mein Beitrag der Auslöser dafür gewesen sein sollte, möchte ich das an dieser Stelle korrigieren. Die Zitate sind möglicherweise aus dem Zusammenhang gerissen, denn an der liberal-aufklärerischen Haltung Lottmanns kann nicht der geringste Zweifel bestehen. Ich habe darauf auch gegen Ende meines Artikels ausdrücklich hingewiesen. Meines Erachtens handelt es sich ja geradezu um ein Zuviel an Aufklärung. Zum besseren Verständnis zitiere ich die strittige Stelle noch einmal im Kontext, so daß man sehen kann, wie wenig die Vorwürfe gerechtfertigt sind und wie wenig sich der Autor selber schont: 'Ich starrte auf das edle Gehölz, die brusthohe Bar mit dreihundert verschiedenen Spirituosen, die übereifrigen Kellner in Pinguintracht. Wahrlich ein Unterschied zur B.E.-Kantine unter der Erde, luftschutzsicher. Hier gab es keine Bühnenarbeiter, aber edle Preise, ein hohe Stuckdecke, lang auslaufende, barocke Räume, verspiegelte Räume waren das, mit unendlich viel Licht, das von überallher kam, neutrales, farbloses Licht: weißes Weiß, das Weiß der elenden Yuppiekultur. (so weit, so stimmig; S.S.) Aber nur noch jeder Zehnte trug auch die äußerlichen Zeichen dieser (ja auch: gestrigen) Kultur, um sich nicht zu verraten, also schwarz-weiße Kleidung, gelbe Haare und so weiter. Seligmann war jetzt wirklich in Erzählerlaune, nachdem er bei den alten Herrn so wenig zum Zuge gekommen war. Er schien es auf mich abgesehen zu haben, was ich ja zum Teil verstehen konnte, zum Teil aber auch nicht. Ich hatte mir seine Geschichten schon oft anhören müssen, und immer kreisten sie nur um zwei Themen. Das zweite war Eisenbahnfahren. Diesmal ging es wieder um das erste, und ich nutzte die nächstbeste sich bietende Gelegenheit, um mich auf schwedisch zu verabschieden. Das Weiß der weißen Räume blendete mich. Vor dem Café winkte ich mir ein Taxi. Der Taxifahrer war ein Araber oder sowas, trug grauenvoll verlauste Kleidung, und er war mit Sicherheit sauer auf mich, das konnte ich sehen. Sauer, weil ich aus dem Café Einstein kam, sauer, weil ich mir anständige Kleidung leisten konnte, sauer, weil ich ein Deutscher war, wenn auch in meinem eigenen Land. Ich gab ihm ein saftiges Trinkgeld, damit er in Zukunft wisse, wer der Feind ist. Zu Hause überfiel mich Übelkeit. Ich ging sofort ins Bett und skizzierte den Abend. Immerhin war ich Schriftsteller. Ich nahm mir vor, die schlechteste Prosa von allen zu schreiben, noch schlechter als Hermann und Hesse zusammen. Ich schrieb so schlecht, damit auch andere den Mut finden sollten, so schlecht zu schreiben. Ich war ein Abgrund. Die ganze Nacht lag ich wach wie Hölderlin in seinem Turm und spritzte Stalaktiten an die Decke, die so gigantisch waren, daß sie in Raphael Seligmanns Judenarsch nicht reingepaßt hätten.' ('Deutsche Einheit', S.68ff., Fahnenabzug) Unverkennbar, wie der Bankierssohn Lottmann, der Zeit seines Lebens keinen Mangel zu leiden hatte, hier sein Heil in einer geradezu Überkompensation durch Leiden sucht (ein Mechanismus, der, nebenbei bemerkt, für neun Zehntel aller Aktivitäten der '68er konstitutiv war). Persönliches Elend und das (vermutete) Elend der Welt wird in Zusammenhang gesetzt, und das Aufregende daran ist gerade die Abwesenheit der Reflexion. Da wird nicht eitel selbstgespiegelt, Lottmann verweigert sich einfach dem Diskurs. Die Frage, ob die Verweigerung der Verweigerung Verweigerung sei, oder ob die Verweigerung der Verweigerung Anpassung sei, ist für Lottmann subaltern. Lottmann ist seinen Kritikern hier wie immer eine Nasenlänge voraus. Statt Argumentketten mühsam zu flechten, wird einfach persönliches Vorurteil verabsolutiert und rausgerotzt. Das ist eine Aussage auf der Metaebene, und nur von dieser her zu kritisieren. Dergleichen für Antisemitismus halten heißt, keine Ahnung von literarischen Funktionsweisen zu haben, und nebenbei auch nicht von Politik. Wobei zwischen Antisemitismus und Antizionismus noch einmal deutlich unterschieden werden muß. Wie viele aus dem SDS- oder K1-Umfeld hat auch Lottmann eine freieres, ungezwungeneres Verhältnis zum Antizionismus gefunden. Wahrscheinlich ist sogar gerade diese Ungezwungenheit Ausweis einer entwicklungsfähigen Persönlichkeit: daß sie sich früher oder später von den gesellschaftlichen Flexionsmustern wie 'rechts' oder 'links', 'Jude' oder 'Nichtjude' lösen, spielerisch über ihnen schweben und Gerechtigkeit dort walten lassen kann, wo sie hingehört. Dazu ist Lottmann, der Medien-Mann, die 'Stalinorgel der freien Presse' (Biller, TEMPO, a.a.O.), fähig wie kein zweiter. Ihm als Alt-68er Vorwürfe zu machen wäre so albern wie Cohn-Bendit Opportunismus nachsagen, weil er sich politisch weiterentwickelt hat. Das zur Verteidigung. Andererseits, und das sagte ich ja auch schon, ändert das nichts an meiner Meinung, daß Lottmann hier das falsche Pferd zuschanden reitet. Zum Vergleich (und auch als Stilkritik gemeint) möchte ich deshalb noch einmal eine Passage aus seinem viel besser gelungenen Frühwerk 'Verliebt' zitieren, womit ich lediglich deutlich machen will, was für ein literarisches Potential sich hier an Zeitgeistthemen vergeudet: 'Darauf aber hatte sie ihn gereizt und ihn im Liebespiel mit schmerzlicher Inbrunst an sich gefesselt, unter Bissen und unter Tränen, als wolle sie noch einmal aus dieser eitlen, vergänglichen Lust den letzten süßen Tropfen pressen. Nie war es Stefan so seltsam klargeworden, wie nahe die Wollust dem Tode verwandt ist. Dann war er an ihrer Seite gelegen, und Kerstins Antlitz war ihm nahe gewesen, und unter ihren Augen und neben ihren Mundwinkeln hatte er, deutlich wie noch niemals, eine bange Schrift gelesen, ein Schrift von feinen Linien, von leisen Furchen, ein Schrift, die an den Herbst und an das Alter erinnerte, wie denn auch Stefan selbst, der erst in den Vierzigern stand, schon hier und dort ergraute Haare zwischen seinen schwarzen bemerkt hatte. Müdigkeit stand auf Kerstins schönem Gesicht geschrieben, Müdigkeit und beginnende Welke, und verheimlichte, noch nicht gesagte, vielleicht noch nicht einmal gewußte Bangigkeit: Furcht vor dem Alter, Furcht vor dem Herbste, Furcht vor dem Sterbenmüssen. Seufzend hatte er von ihr Abschied genommen, die Seele voll Unlust und voll verheimlichter Bangigkeit.' ('Verliebt', S. 44, 1. Aufl. 1987) Ich glaube, dem ist nichts hinzuzufügen.
    (Beitrag wurde von Simplicius Simplicissimus am 04.06.2001 um 17:31 Uhr bearbeitet.)

  3. #99
    Avatar von lacoste
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    Ja, ja, bla, bla...
    Joachim Lottmann ist ein Arschloch! Erst kündigt er mir großkotzig an, dass er mir ein Handy gekauft hat und es mir schenken wolle, damit er mich Tag und Nacht erreichen kann. Das beste Handy der Welt, das letzte seiner Art in ganz Deutschland, total einfach zu bedienen, idiotensicher! Dann, als es fast soweit ist, sagt er, es wäre mir doch sicher peinlich, ein so kostbares Geschenk von ihm anzunehmen, überhört mein 'Nö!' und sagt, er könne es mir ja leihen, oder besser, ich solle ihm das Geld dafür geben oder noch besser: Er würde mir Dienstag noch ein anderes kaufen, das 69 Mark kostet. Bis dahin solle ich das nehmen, was er mir gleich geben würde, leihweise, und ich solle damit rumprobieren, und dann entscheiden,ob ich lieber das wolle oder das, was er mir Dienstag kaufen würde. Da Kathrin mir schon erzählt hatte, dass das Handy, was Lottmann mir gleich geben wolle, nur 5 Mark gekostet hat, entschied ich mich natürlich sofort dafür. Endlich überreichte mir Lottmann unter großem Gejubel der Umstehenden, mein schon seit Wochen angekündigtes erstes eigenes Handy samt Gebrauchsanweisung und ließ es sich natürlich nicht nehmen, dabei auch noch eine großonkelhaft kaputte Ansprache zu halten. Dann zeigte er mir, wie man es einschaltet, tippte eine Pin-Nummer ein, die ich mir nicht sofort gemerkt hatte, was aber nicht wichtig sei, so sagte Lottmann, weil ich die nie wieder brauchen würde. Mit meinem schönen Handy hatte ich dann auch einen Abend lang eine Menge Spaß, bis ich es morgens gegen sieben abschaltete, weil ich schlafen gehen wollte. Fünf Minuten später wollte ich es wieder einschalten, aber es wollte unbedingt, dass ich die verfluchte Pin-Nummer eingebe. Die Gebrausanweisung behauptete, die Pin-Nummer läge in einem Extra-Umschlag im Karton dabei. Da war aber kein Extra-Umschlag. Bei einem später geführten Festnetz-Telefonat mit Herrn Lottmann erklärte er mir, er habe 'vergessen' den Umschlag mit der Pin-Nummer wieder zurück in den Karton zu stecken, aber die Pin-Nummer verraten, wollte er mir auch nicht. Aber wenn ich bei ihm vorbei käme, das ein oder andere Getränk in seiner schönen Wohnung mit ihm nähme, dann könne man ja mal sehen, wie sich die Dinge so entwickeln würden...

  4. #100
    earning disabled Avatar von Ebbesand Flutwasser
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    Tja, Lacoste:
    'Don't take candy from strangers unless you're willing to take a ride in the car.' (Henry Rollins)
    (Beitrag wurde von Ebbesand Flutwasser am 05.06.2001 um 08:36 Uhr bearbeitet.)

  5. #101
    Hobel Avatar von Ignaz Wrobel
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    Herr Simp-Simp, Pardon, das ist gequirltes Geschwurbel!
    Trotzdem nicht wertlos, da sie etwas Fleisch in die Suppe werfen.
    Ich bin seit Tagen dabei, 'Deutsche Einheit' zu LESEN, und die von Ihnen zitierte, recht grobe Stelle finde ich in meinem Exemplar nicht. Seite 68:
    ...Aber nur noch jeder Zehnte trug auch die äußerlichen Zeichen dieser (ja auch: gestrigen) Kultur, um sich nicht zu verraten, also schwarz-weiße Kleidung, gelbe Haare und so weiter. Julia war jetzt wirklich in Erzählerlaune, nachdem sie bei den alten Herren so wenig zum Zuge gekommen war. ...
    In meiner, der offensichtlich endgültigen, autorisierten Fassung also nichts von Taxi und Araber, Seligmann und Stalaktiten!
    Vielleicht sollten sie mal ihr Pseudonym lüften, da Sie offensichtlich in Besitz eines
    unkorrigierten Fahnenabzugs sind und vermutlich nicht nur literarische, sondern auch persönliche Motive verfolgen, was per se nicht verboten ist, nur wüßte man's gern.
    Gut, nennen Sie sich meinetwegen, wie Sie wollen, daß Sie aber in einer veröffentlichten Buchkritik die falsche Version zitieren, daß ist vorsätzliche Rufschädigung! Tun Sie nicht so scheinheilig, als wollten Sie Lottmann gegen Antisemitismusverdacht verteidigen, während Sie das genaue Gegenteil praktizieren!
    (Beitrag wurde von Ignaz Wrobel am 05.06.2001 um 10:21 Uhr bearbeitet.)

  6. #102
    Hobel Avatar von Ignaz Wrobel
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    Pardon, lacoste, ich bin schon wieder humorlos und komme Dir immer in die Quere, das mußte aber sein... Deine handy-Geschichte ist sehr nett, wunderbar geschrieben, geradezu literarisch, paßt gut zu dem Lottmann aus 'Deutsche Einheit'. Ich habe so das Gefühl, sein nächstes Buch wird nur seine Beziehung zu Frauen beleuchten, das ist sein Terrain, das beschäftigt ihn...
    (Beitrag wurde von Ignaz Wrobel am 05.06.2001 um 10:45 Uhr bearbeitet.)

  7. #103
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    Also, meine Großmutter hat ja immer dieses schöne Gedicht zitiert, wenn wir uns als Kinder so gestritten haben wie Ihr hier:
    Du siehst, wohin du siehst nur Eitelkeit auf Erden.
    Was dieser heute baut, reist jener morgen ein:
    Wo itzund Städte stehn, wird eine Wiese sein
    Auf der ein Schäferskind wird spielen mit den Herden:
    Was itzund prächtig blüht, soll bald zertreten werden.
    Was itzt so pocht und trotzt ist Morgen Asch und Bein
    Nichts ist, das ewig sei, kein Erz, kein Marmorstein.

  8. #104
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    Simpsimp ist Lottmann.
    Er will sich selbst bestrafen, VERLIEBT gibt es gar nicht oeffentlich, nur in seiner Schublade, unten links.

  9. #105
    Hobel Avatar von Ignaz Wrobel
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    Du sprichst in Rätseln.

  10. #106
    earning disabled Avatar von Ebbesand Flutwasser
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    Gar nicht, Ignaz. Simplicius schreibt: 'eine Passage aus seinem (Lottmanns. EF.) viel besser gelungenen Frühwerk 'Verliebt'' Dieses Frühwerk ist lt. Tex nie erschienen => Simpl ist eine von Lottmann höchstselbst ins Rennen geschickte Figur, ein Doof-Kritiker, auf den wir alle einhauen dürfen, womit wir wiederum Lottmann verteidigen. Clever, der Herr. Und das alles tippt die Nichte ab, das arme Kind.
    (Beitrag wurde von Ebbesand Flutwasser am 07.06.2001 um 09:27 Uhr bearbeitet.)

  11. #107
    Member Avatar von frosch2
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    Mannomann. Nun will ich das Buch also doch kaufen.

  12. #108
    Hobel Avatar von Ignaz Wrobel
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    Genial!
    'Die Frage, ob die Verweigerung der Verweigerung Verweigerung sei, oder ob die Verweigerung der Verweigerung Anpassung sei, ist für Lottmann subaltern. Lottmann ist seinen Kritikern hier wie immer eine Nasenlänge voraus.'
    DA muß man erst mal drüber nachdenken. Tiefschürfend wie eine Buchkritik in lettre.
    Wenn man's nicht versteht, glaubt man's erst recht.
    Die Rolle hab' ich gern gespielt, Herr Simpmann!

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