(achtung: Diese Geschichte ist prinzipiell gesehen eigentlich genau das Gegenteil einer Paparazzi Story. Man möge mir verzeihen.)
Irgendwann hatte ich mich mal bei so einer Komparsenvermittlung beworben. Die riefen bei mir an, und fragten, ob ich Lust habe, zu einem Casting zu kommen, es ginge um einen Werbespot, und dafür würden sie so einen Typen wie mich brauchen. Ich fuhr also am nächsten Morgen erwartungsfroh nach Hürth und wurde dort freundlich empfangen, vermessen, gewogen und in die Thematik eingeweiht. Es ging um Red Bull. Die Idee sei, die ursprünglich gezeichneten Kinospots nun mit realen Schauspielern zu inszenieren. Ich käme für die Rolle des Engels in Frage.
Man gab mir ein paar Zeilen Text zum auswendig lernen, dann wurde ich in ein albernes goldenes Engelskostüm gesteckt und bekam ein Paar gigantische Pappmaschee Flügel auf den Rücken geschnallt. Ich wurde in eine große Halle geführt, Regisseur, Kameramann und andere Crewmitglieder waren schon anwesend, ebenso der zweite Darsteller, welcher, als lieber Gott verkleidet, auf einer Empore thronte. An die Story selbst erinnere ich mich nicht mehr vollständig. Der Engel sagt irgendwas freches zum lieben Gott, worauf dieser entrüstet mit Bestrafung droht. Der Engel jedoch, schlau wie er ist, zieht eine Dose Red Bull aus der Tasche, trinkt - und fliegt dem lieben Gott einfach davon. Red Bull verleiht Flügel... die Auflösung ist ja hinlänglich bekannt.
Ich werde also mit zwei Drahtseilen verhakt, und in dem Moment, da ich meinen kecken Schlusssatz spreche ('tja, Red Bull verleiht Flügel...') reißen mich die Drahtseile in die Luft, ich flattere ein paar mal mit meinen Flügeln ... und die Geschichte ist aus.
Wir proben die Szene einige Male, der Regisseur ist begeistert von meinen Darbietungen, und ermutigt mich, noch mehr aus mir herauszukommen. Das sei absolut das beste, was er am heutigen Tage zu sehen bekommen habe. Ich wähne mich schon auf allen Kinoleinwänden Deutschlands und freue mich auf den Beginn einer einzigartigen Schauspielkarriere. Dabei mache ich mich komplett zum Affen und erfülle alle Wünsche des Regisseurs auf Anhieb. Sogar in breitestem Badisch spreche ich meine Rolle, weil das noch dämlicher kommt.
Irgendwann nach dem 20sten Take hänge ich also in meinen Seilen drei Meter über dem Boden, als plötzlich der Regisseur sagt 'ok leute, wir machen 15 Minuten Pause', alle die Halle verlassen, das Licht ausmachen und die Türe zu. Ich hänge da also ein paar Minuten im Dunkeln rum, rufe ein paar Mal 'he, ihr habt mich vergessen' und dann dämmert es mir. Im Halbdunkel sehe ich hinter einer kleinen Milchglasscheibe die Kameralinse, lache ein paar mal bitter, die Türe geht auf und ... Fritz Egner betritt breit grinsend den Saal. Sehr schön habe ich das gemacht, und ob ich denn auch Spaß verstehen würde.
'Nein' sagte ich, denn lustig fand ich das ganze nicht wirklich, auch die blöde Sendung auf Sat 1 habe ich mir nicht angeschaut, dafür eine ganze Reihe Bekannter, welchen ich die Geschichte eigentlich tunlichst verschwiegen hatte.
4 (oder 5?) Jahre später komme ich aber ganz gut klar mit der Angelegenheit, so gut sogar, dass ich euch hier davon erzähle...
oli
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