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Thema: Becker, Boris (trägt Wildleder und raucht)

  1. #1
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    in berlin war's, da traf ich den mann, der mir zehn jahre zuvor, direkt nach seinem ersten erfolg bei erdbeeren und schlagsahne in wimbledon, in einem berliner schallplattenladen (ja, die waren damals noch in der überzahl, cd's hatten was von import-export-feeling, wie beta videokassetten, aber ich verliere mich), der mir also in jenem laden beinahe auf die füße trat. noch nicht ein achtel so populär wie heute, schenkte ich dem bobbele damals auch kaum aufmerksamkeit, bin ich doch kein tennisfan im engeren sinn.
    zehn jahre später: das adlon steht da, wo vorher nur grepo's (:grenzposten) flanierten, ich, ehemaliger kleiner nichtswürdiger arbeitnehmer einer größeren multimediaagentur in berlin und frischgebackener gründer einer viel kleineren solchen, werde einbestellt, so nennt man das wohl, in eben jenes adlon, das so viel gründerzeitlichen charme versprüht, das mir gründer ganz weh in der magengrube wird: kann ich mir das leisten? der grund: präsentation einer jener großartigen startup-ideen, die zu jener zeit (ein jahr ist das nun her) noch hochkonjunktur hatten, banaler geht's nicht, doch: präsentation vor bb, deckname double 'b', wie man mir auftrug. alles streng geheim.
    ich also ins adlon: separeé, eingedeckt wie für ein festmahl, persönlich wird man da hochgeleitet, schampus, kaviarcanapeés, alles so, wie es in der gala auch aussieht.
    wir, d.h. die manager der startup idee ( man könnte auch sagen, ihre totengräber) und ich, harren der entourage des fürsten und seiner selbst.
    dann kommen die vorboten: pr-berater, marketing berater und sonstige schmarotzer. und endlich: er selbst. nicht mehr ganz so unbekümmert, wie im plattenladen, doch irgendwie gelöster als sein gefolge (die müssen die vielen millionen ja noch scheffeln)
    staunend nehme ich wahr: becker trägt wildleder und raucht.
    das gespräch läuft wie geschmiert, er wippt in seinem stuhl, seine berater nicken andächtig und besprechen sich am kleinen, feinen, kalten buffet, flüstern über ihre schampus gläser hinweg, becker legt sein wildleder ab, raucht aber weiter. endlich bin ich fertig.
    und da sagt er: 'danke, gunnar.' einfach so.
    als ob das mit dem schallplattenladen damals ganz anders gewesen wäre, so als wenn wir echte kumpels gewesen wären (was ich mir manchmal nach dem plattenladen vorgestellt habe) und uns vielleicht öfter mal beim tennis getroffen hätten ('hey, gunnar, komm doch mal nach paris zu den open') und vielleicht über platten geredet hätten und ich ihm vielleicht rudern beigebracht hätte und.
    das fand ich irgendwie dufte.

  2. #2
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    Eine hübsche Geschichte ! Was mich umso mehr erstaunt, als BB darin vorkommt - und damit meine ich nicht Benni Bärenstark oder Brigitte Bardot, sondern den Mann, der mich mal kann.Ihre Geschichte eröffnet natürlich den Hauch eines Spaltes einer neuen Perspektive auf den Mann : Tut der vielleicht nur so doof&schleimig&und ganz und gar karlmoiken-verfeldbuscht with a spoonful of Gründerzeitmentalität, wenn er im Fernsehen oder in den Klatschspalten des 'Spiegel' sich bewegt? Und ist der am Ende 'privat', zuhause morgens um 10 vorm Fernseher mit Brötchenkrümeln am Latz erträglich, am Ende gar ganz nett ?Ich weiß nicht, ich weiß nicht...

  3. #3
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    Zwei mal 'am Ende'...Wortwiederholung, setzen sechs.Ganz schlechter Stil ist das.

  4. #4
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    Ach, welch schöne Anekdote! Besonders wegen der doppelten Damals-Melancholie-Komponente:
    Damals, in den alten Berliner Tagen ...damals, als alles noch so voll erblühend-rosig schien in der e-conomy ...war's wiklich erst letztes Jahr?
    Jedenfalls: Wenn das mit der kleinen Firma so wuppt wie mit den Anekdoten, muss man sich keine Sorgen machen!

  5. #5
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    Aber woher wusste er denn, dass Du Gunnar heisst, er meinte doch Dich, nicht?
    Und kannst Du jetzt mal bitte wieder den Slowtiger reinschicken

  6. #6
    Avatar von slowtiger
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    Ich komm ja schon, Herr Tex, alles auf Ihren Wunsch hin, den ich zwar nicht so recht verstehe: die Vorliebe für Bandwurmsätze sollte zeitgleich mit der für extralange Spaghetti enden, also spätestens in der 10. Klasse. Auch kann ich nicht die ganze Zeit am Rechner sitzen, bzw das kann oder muß ich ja sogar, aber eben doch, um zu arbeiten, nicht daß da jemand irrig denkt, ich würde von der gemütlichen Bettkante aus schreiben, das ja nun nicht. Und also nur werktags und nicht alleslesend, versteht sich.
    Nun gibt es also schon einen Boris-Becker-Strang, da kann ich keinen eigenen mehr eröffnen, schade, nur 2 Tage zu spät, und schon gibts wieder nur Linsensuppe statt des Erstgeborenenrechts. Ich hab aber einen, wie gesagt, nur wenige Promis säumen meinen Weg, und die muß ich mir ja einteilen, damit es länger reicht.
    Es war an einem halbwegs hellen Tag letzten Jahres, ein Alltag, ein Werktag gar, den ich also in den Hallen meines Arbeitgebers verbrachte. 5 Stockwerke haben diese Hallen, und ich sitze ganz oben, hinten in der Ecke, von wo aus ich die anderen Grafiker gut im Blick habe und mich selbst vorteilhaft hinter meinen Monitor ducken kann. Irgendetwas hatte ich aber nun unten zu tun, im Erdgeschoß. Auf dem Rückweg kam, gerade als ich den gläsernen Fahrstuhl betreten wollte, ein junger Mann, glänzend wie frischgewaschen, in Anzug und Krawatte, aus einem Flur, mir entgegen, und sagte freundlich und höflich 'Guten Tag.' Ich stutze einen Moment: in welcher Abteilung arbeitete der? Bei 500 Kollegen um mich rum und jeden Monat mindestens 50 Neuen ist mein Namensgedächtnis nämlich heillos überfordert, und deshalb frage ich jedesmal nach: 'Du bist neu bei uns? In welcher Abteilung arbeitest du? Hab ich dich schon wo getroffen?' Und die meisten Kollegen, die mich ja immerhin erkennen, nehmen das nachsichtig hin und erklären mir auch noch beim drittenmal gern, daß sie schon seit einem halben Jahr dabei sind und wie sie heißen.
    Das frug ich nun diesmal nicht, weil er an mir vorbei einer anderen Tür zustrebte und die meinige, nämlich die Fahrstuhltür, sich schon schloß. Auf dem Weg nach oben rätselte ich immer noch: in welchem Büro hatte ich den schon gesehen? Wer war das? Schließlich fiels mir also ein: das war ja Boris Becker!
    Oben angekommen erzählte ich natürlich gleich den anderen Grafikern davon, daß ich beinahe Herrn Becker als Kollegen angesprochen hätte. Die weiblichen bekamen, ich muß es leider gestehen, sofort akute Anfälle von Fan-Benehmen und wurden spontan rollig. Später desselbigen Tages schklich dann eine nadelgestreifte Delegation auch durch unsre Hallen: Besucher werden gern mal rumgeführt, und in diesem Pulk sah ich Herrn Becker dann nochmal. Ich habe aber weder gewunken noch um Schriftliches gebettet, denn eigentlich interessiert er mich nicht. Aber er hat höflich gegrüßt.

  7. #7
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    Feine Story von einem Mann mit einem feinen Namen (viel Serner gelesen!?). Besonders die ironischen Schlenker in Richtung New Economy fanden mein Wohlgefallen. SinnerSchraderPixelpark auch!

  8. #8
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    @slowtiger
    kann wohl sein, daß wir uns gut kennen, was?
    muss wohl dieselbe firma gewesen sein?
    fünfter stock, monitor, grafiker, ich ahne was.
    :-)
    an den rundgang erinnere ich mich und an die lustige security.
    fenster mussten beklebt werden um die - man höre es - paparazzi abzuhalten!
    sauerei.
    gruss
    tt

  9. #9
    Member Avatar von Sabeta
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    das ist schoen. herr becker hat den traurigen und den langsamen tiger zusammengefuehrt. das ist sehr schoen.

  10. #10
    Avatar von slowtiger
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    Herr Gröbchen, dankeschön, aber Serner habe ich meines Wissens nur einmal gelesen, es war 'Die Tigerin' (schon wieder Tiger, ich kann nichts dafür, eigentlich trage ich den Namen nur zufällig, aber es haben sich schon so viele praktische Nutzanwendungen daraus ziehen lassen), aber ich hab völlig vergessen, was da drin geschah, denn es war lange her und ich noch gar nicht in der Lage, solch eine Geschichte zu verstehen, weil es mir an den dazu nötigen Erfahrungen noch lange mangeln sollte. Sind Sie denn der Professor Gröbchen, der neulichst in der taz erwähnt wurde?
    TrarigerTiger: das ist natürlich nicht zu vermeiden, daß ich schon wieder über Kollegen stolpere, das passiert mir ja in der ganzen Stadt, vor allem stolpere ich ja über Exkollegen, deren Zahl die der akut kollegten längst übersteigt. Geben Sie doch einmal meinen Nick auf die bekannte Art unserer Accounts als URL ein, dann sehen Sie ja, wen sie vor sich haben. Ich muß ja aufpassen, inzwischen kenne ich noch mehrere Tiger anderswo, daß es mir da bitteschön nicht zu Verwerfungen kommt.

  11. #11
    Lady Member Avatar von Tigerin
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    @Artgenossen!
    Viele Dank an den langsamen Tiger für die Erwähnung des Serner-Buchs. Mein Nick kommt zwar nicht davon, es hat mich aber daran erinnert, dass besagtes Buch schon lange in meiner Bibliothek der Immer-schon-gelesen-haben-wollenden-aber leider-nie-Zeit-gefunden-dafür-Bücher vor sich hin schlummert. Ich werde es mir heute abend hervorkramen und mich daran machen, es endlich zu verschlingen.
    Eigentlich dachte ich zunächst, langsamer und traurige Tiger seien ein und dieselbe Person, scheint aber doch nicht der Fall zu sein, oder doch? Ausserdem treibt sich noch ein verkappter Tiger hier herum, der sich allerdings nicht Tiger nennt - gemeinsam haben die drei männlichen Tiger, dass sie im Grossstadtdschungel Berlin leben.

  12. #12
    Member
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    interessehalber:
    drei traurige tiger
    Guillermo Cabrera Infante
    (wenn einen bandwurmsätze nicht beim lesen behindern, nicht wahr slowtiger? ;-)
    gruss
    tt

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