Beckum ist grottenhäßlich, da sollte sich niemand etwas vormachen, oder mir. Eigentlich möchte man da schon nicht hin, wenn man nur den Namen liest. Hamm ist auch hässlich, vielleicht sogar noch hässlicher, hat
aber den Charme des Ruhrgebiets. Beckum hat ein Recht auf Mitleid. Dennoch gab es eine Zeit, in der ich mich wegen einer Herzensangelegenheit gelegentlich dort aufhielt: Sie hatte kupferfarbenes Haar, allergrünste Augen, wurde - eine reizende Laune der Natur - in der Sonne trotzdem braun und war riesig frech. Wenig anderes hätte mich veranlasst, in Beckum die Augen zu öffnen und die Ohren zu spitzen.
Wir saßen an einem Spätsommernachmittag im Biergarten eines Restaurants, an dem eine Straße verlief, als ein Auto mit einem Wesen darin neben uns hielt, das in kurzen Abständen seinen Kopf schüttelte, um das Haar plusterig zu machen und es anschließend mit femininer Geste zu glätten.
Das Wesen hieß Jürgen Drews und fragte meine Freundin nach dem Weg, schüttel, pluster, feminir, zu
einer Konzerthalle, in der er einen Auftritt habe, schüttel, usw. Meine Freundin gab ihm eine detaillierte Schilderung, die sie zusätzlich schriftlich fixierte, und Jürgen machte sich auf den Weg.
Es dauerte ca. eine Stunde, dann hatte er sich durch den Feierabendverkehr wieder zu uns durchgeschlagen, jetzt erst realisierend, was ihm widerfahren war. Was das denn solle!
"Das", sagte meine Freundin mit freundlichem Lächeln, "hättste dir doch vorher denken können."
Ich sah Beckum plötzlich als ein bezauberndes Städtchen, ein Attribut, welches ich gerne jedem größeren Ort verleihe, an dem eine schöne Frau Jürgen Drews nach Herzenslust im Kreis herumfahren lässt, um ihn anschließend zu verspotten.
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ys
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