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Thema: Koeppen, Wolfgang (Da klingelte das Telefon)

  1. #1
    Avatar von bAbC
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    Mitte der 80er Jahre löste ich mich aus der Umarmung der Velberter Tristesse und zog hinaus in die große weite Welt. Ich lief offenen Auges in die Arme der Münchner Tristesse. Die Ursachen für diesen Ortswechsel müssen hier nicht näher erläutert werden, es soll genügen zu sagen: Ich zog der Liebe wegen um.
    Für mich als Velberter war München ein Kulturschock. Bis dato hatte ich z.B. Museen nur deshalb besucht, weil mich eine Ausstellung interessierte. In München aber besuchte man Museen, weil man nur dadurch rechtfertigen konnte, daß man bereit war, die Hälfte des Netto-Einkommens für Miete zu bezahlen.
    Als ich im Verwandten- und Freundeskreis kundgetan hatte, daß mein künftiger Wohnsitz München sein würde, und dort, nach genauerem Nachfragen, der Stadtteil Bogenhausen, erntete ich von so manchem Möchtegernmünchenkenner bewundernde Blicke. ³Oh, Bogenhausen, das ist ja vornehm!ã Vornehm? Ich hatte die Wohnung noch nicht gesehen, mein damaliger Freund (und jetziger bärtiger Gatte) hatte sie ohne mein Zutun gemietet. Aber vornehm? Das konnten wir uns gar nicht leisten.
    Sehr bald fand ich heraus, daß sich Bogenhausen nicht nur mit Zahnarzt-Villen, Privatkliniken, Feinkostkäfern und Jugendstilhäusern ziert, sondern auch mit einem nicht unerheblichen Teil von Wohnklötzen der ³Neuen Heimatã. Stuntzstraße 59, 7. Stock. Klingt nicht nach Jugendstil, und ist es auch nicht.
    München ist sicherlich vollgestopft mit Prominten aller Art, aber ich schwöre, ich sah in den 5 Jahren, die ich dort wohnte, keinen einzigen in der Manier, die die Regeln des Forums der Höflichen Paparazzi vorschreiben. Einmal schlenderten wir durch unsere neue Heimat Bogenhausen, und landeten auf einem kleinen Friedhof, der sich, von einer hohen weißen Mauer umgeben, an ein kleines unbedeutendes Kirchlein kuschelte. Vielleicht 50 Gräber umfaßt dieser Friedhof, und vor einem blieben wir andächtig stehen: das ungeschmückte, blumenlose Grab von Erich Kästner lag vor uns. Dicht daneben das von Liesl Karlstadt. Rainer Maria Fassbinders Grab fanden wir 10 Meter weiter. Aber tote Promis, deren Grab man, ohne es gesucht zu haben, plötzlich ansichtig wird, zählen nicht. Das sehe ich ein. Und Erich Kästner sicher auch, der hatte Humor.
    Retardierendes Moment 1:
    Wenn man sich selber entwurzelt und sich fern der Heimat in Lohn und Brot stellt, ist man dankbar für jede Nabelschnur, die die Verbindung darstellt zur eigenen Vergangenheit, zu Freunden, zur Familie. In den ersten Jahren nach dem Umzug besuchten uns oft und gerne zahlreiche Nabelschnüre in München. Dabei mag die allseits anerkannte touristische Attraktivität Münchens für die Anzahl der Besuche ausschlaggebend gewesen sein. Die Dekadenz und der wahrlich penetrante Snobismus Münchens und der Münchener, vornehmlich der Wahlmünchener, erschließt sich dem Besucher erst nach mehrwöchigem Verweilen. An einem verlängerten Wochenende vermag München durchaus mit seinen lauschigen Biergärten, prachtvollen Museen und Schlössern und seinen überreich ausgestatteten Einkaufsmeilen zu bestechen. Nach einiger Zeit schon nervt es sehr, daß man allenthalben unter die Nase gerieben bekommt, doch bitteschön dankbar dafür zu sein, daß man in München wohnen darf, und gefälligst nicht daran herumzumosern, wenn man vor einem Café-Besuch (!) einen Tisch reservieren muß.
    Indes, dies soll keine Haßtirade auf München werden. Es war nur ein retardierendes Moment für die einzige Begebenheit, bei der ich in München in Kontakt mit einem V.I.P. kam.
    Retardierendes Moment 2:
    Mein Freund Gerhard, den ich 1975 in der Handelsschule in Velbert kennenlernte, besuchte mich an einem Wochenende in München. Völlig uneigennützig, da war ich sicher. Ha!
    Gerhard studierte zu dieser Zeit Germanistik in Essen, eine Laufbahn, die ich, ihm ansonsten willig nacheifernd, ebenfalls eingeschlagen hätte, wenn ich nicht nach der Schule so versessen darauf gewesen wäre, Geld zu verdienen und mich statt dessen als auszubildende Buchhändlerin verdingt hätte (Heute kann ich nur hysterisch kichern, wenn ich die Begriffe ³Buchhändlerã und ³Geld verdienenã zusammen in einem Satz unterbringe). Mein Interesse an Literatur blieb jedoch zeitlebens (darf man das in Zusammenhang mit jemandem so sagen, der noch nicht tot ist?) auf der Konsumentenebene, während Gerhard sich fleißig von der wissenschaftlichen Ebene draufstürzte. Eine für mich gänzlich lanweilige und unverständliche Passion, Bücher über andere Bücher zu lesen oder zu schreiben. Oder Bücher über Menschen zu schreiben, die Bücher schreiben. Völlig unnütz, das. Für mich klangen seine Berichte über das Germanistikstudium immer wie die Beschreibung eines dreifach anstrengenden Deutschunterrichtes, angefüllt mit Hausarbeiten, Referaten und Aufsätzen. Wenn es wenigstens um die spannenden Teile der Literaturgeschichte gegangen wäre! Aber nein.. deutsche Nachkriegsliteratur mußte es sein. Gar schauderhaft die Vorstellung, tagein, tagaus die Werke nabelschauerischer Jammerlappen aufdröseln zu müssen!
    Aber mein Freund Gerhard ist ein sehr unterhaltsamer Mensch, der es stets vermieden hat, seine unbotmäßige Bildung und Intelligenz dergestalt zu präsentieren, daß man ihm Hochnäsigkeit
    vorwerfen könnte. Ich weiß es sehr zu schätzen, wenn kluge Menschen nur nebenbei klug sind und nicht hauptberuflich.
    An jenem Abend in München plauderten wir angenehm und gut gelaunt, als das Telefon klingelte.
    Ich hob ab und meldete mich artig mit meinem Namen, woraufhin ein Herr am anderen Ende sich vorstellte: ³Guten Abend, mein Name ist Koeppen. Ist Herr.. (Stocken, denn mein Freund hat einen ziemlich unaussprechlichen Nachnamen) G. zu sprechen?ã Ich bejahte völlig unbeleckt und unaufgeregt und hielt den Hörer meinem Freund entgegen: ³Ein Herr Koeppen für dich.ã
    Bei diesen Worten wurde Gerhard tiefrot und sprang vom Sofa, lief zu mir herüber und riß mir den Hörer schier aus der Hand. Es folgte ein zutiefst höflicher Wortwechsel von vielleicht drei Minuten, dann legte er den Hörer auf, taumelte zum Sofa zurück und keuchte: ³Das war Wolfgang Koeppen!ã Ich begehrte natürlich zu wissen, wer wieso weshalb warum und bekam folgende Geschichte präsentiert: Gerhard hatte gerade eine recht umfangreiche Arbeit über Wolfgang Koeppen, seinen Roman ³Das Treibhausã und diverse Parallelen zwischen Treibhäusern und Politik geschrieben und eine Kopie dieser Arbeit an den von ihm sehr verehrten Wolfgang Koeppen geschickt, der in München lebte. Verbunden mit dieser Sendung war die zaghafte Bitte um eine Audienz, falls irgendmöglich; sowie die Angabe meiner Telefonnummer, falls der große Autor diese Bitte bejahen sollte.
    Und so kam es, daß Wolfgang Koeppen, ergriffen ob der Tatsache, daß sich ein armer Schlucker von Germanistikstudent tatsächlich mit seinen Ergüssen zu den Gründerjahren der jungen Bonner Regierung befasst hatte, zum Hörer griff, und meine Nummer wählte. Er übermittelte Gerhard seinen Dank für die Übersendung der Kopie und bedauerte aufrichtig, ihm aufgrund seines mangelhaften Gesundheitszustandes keine Besuchszeit einräumen zu können.
    Von Wolfgang Koeppen hatte ich trotz zweieinhalbjähriger Buchhändlerausbildung noch nie gehört, deshalb hielt sich meine Begeisterung in Grenzen. Da auch nur ganz wenige (vielleicht 2?) meiner Bekannten oder Freunde schon einmal etwas von W. Koeppen gehört geschweige denn von ihm gelesen haben, habe ich diese Geschichte bisher auch nur einmal erzählt. Von der Begegnung, hier besser: dem Kontakt, mit einem Prominenten zu erzählen,den niemand kennt, ist ebenso fruchtlos wie einen Witz zum Besten zu geben und dann festzustellen, daß kein Schwein die Pointe kapiert. Aber ihr hier, ihr seid dankbare Opfer und ich weiß dies sehr zu schätzen!
    Babsi
    P.S. Die Münchner Tristesse habe ich vor acht Jahren gegen die kleinstadtmüffelige Kuscheligkeit Augsburgs eingetauscht. Die Augsburger haben eine wesentlich normalere Einstellung zu der Stadt, in der sie leben. Hier gibt es keine grandiosen Theater und Museen, es gibt lästrige Sprüche über einen der wenigen großen Söhne der Stadt (ãBrecht in Augsburg, kotzt in Münchenã) und kultur wird hier noch kleingeschrieben. gottseidank.

    (Beitrag wurde von bAbC am 16.04.2001 um 21:58 Uhr bearbeitet.)

  2. #2

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    Babsi soll ab jetzt unsere Königin sein! Und wir sind ihre Bienen, die ihr zu Füßen liegen einerseits, andererseits ein Recht auf täglich mindestens eine extralange Geschichte haben.
    Ein Lebensweg von Velbert nach Augsburg, keine Promibegegnung auch nur geträumt, der Gatte bärtig wie Rübezahl - und dennoch die Beste!
    Babsi soll ab jetzt unsere Königin sein!

  3. #3
    Avatar von lacoste
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    'Wenn man sich selber entwurzelt und sich fern der Heimat in Lohn und Brot stellt, ist man dankbar für jede Nabelschnur, die die Verbindung darstellt zur eigenen Vergangenheit, zu Freunden, zur Familie.'
    Ooohhhhh ja! Babsi soll unsere Königin sein!!!

  4. #4
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    und tschisi als hofnarr, au fein.
    aber da ist doch eine begegnung: am telefon. eine akustische also.
    wg. mangelnder sorgfalt beim lesen bitte 50mal die grosszügige gabe abschreiben.
    übrigens auch von mir ein zweimaliges:
    Babsi soll ab jetzt unsere Königin sein!
    Babsi soll ab jetzt unsere Königin sein!
    ps: darf ich ritter der tafelrunde werden?

  5. #5

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    Du willst Streit? Kannst Du haben - aber nicht mit mir.
    Wolfgang Koeppen ist nicht prominenter als die Wodkaboys in Velbert und also gar nicht. Das macht aber nichts. lacoste weiß warum.

  6. #6
    Avatar von lacoste
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    Au fein! Und ich Burgfräulein! Da könnte sich doch zwischen cologneobserver und mir eine zarte Liebesgeschichte entspinnen. Nein, quatsch, die muss sich zwischen cologneobserver und der Königin entspinnen. Jetzt brauchen wir noch einen eifersüchtigen König (Rupertjahn?) und einen Bösen (Akbrehm?). Und ich finde, Tschisi soll nicht Hofnarr sondern der Hofmagier sein.

  7. #7
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    Kaum geschrieben, schon quetschen sich 5 Beiträge dazwischen, also, ich find auch, dass Babsi, was königinnenbeitraghaftes hat, aber Königinnen hatten wir hier schon einige, Beitragsköniginnen, aber ich würde für den Titel der Elaboriertenkönigin plädieren. Ein schöner Beitrag in dem ruhig auch ein bisschen Rainer Werner Fassbinder hätte vorkommen können, und die Peter Maffay Häme hab ich Dir schon längst verziehen. Dass Dich tschisi so überschwänglich lobt, liegt daran, dass er zZt auf Brautschau ist, und gänzlich kahl ums Kinn (besser), ich glaube das zumindest, weil ich traf ihn einmal, ist schon länger her, während der GROßEN KRISE hier im Haus, ausserhalb des Hauses und küsste ihn und er war blank.
    (Beitrag wurde von Tex Rubinowitz am 16.04.2001 um 23:00 Uhr bearbeitet.)

  8. #8

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    Zeremonienmeister ist selbstverständlich peterthomassuschny.

  9. #9
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    akbrehm ist schon längst gehenkt worden, Leute.
    Und den HOFNARREN PTS kennt hier in diesem Schloss niemand.
    Hofnarr ist eindeutig Poser Rosenberg, keine Widerworte!
    (Beitrag wurde von Tex Rubinowitz am 16.04.2001 um 23:06 Uhr bearbeitet.)

  10. #10
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    ich bin dabei! ich könnte auch zeitweise die rolle des jungfrauenfressenden drachen übernehmen, etwas schwefeldampf versprühen und anlass für heldentaten produzieren, z.b. ein oder zwei dörfer (velbert?) auslöschen ...

  11. #11

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    hohoho! die GROSSE KRISE! Daran erinnert sich hier doch kein Mensch mehr. Nur die Forumshistoriker und eine Handvoll greiser Zeitzeugen. Damals hatte ich übrigens sehr wohl noch Bart - mindestens einen Dreiwochenbart.
    Ich nehm den Magier. ich weise den Kölner Feuerspucker dann rechtzeitig in die Schranken - per Zaubertricks! Hüte Dich also, unserer Königin die Stammburg abzufackeln!
    Und Mr. PTS ist der einzige, der sich hier mit Feste-Organisieren auskennt. Der Mann organisiert seit einiger Zeit ganz große 60er-Festln, zu denen kommt sogar Walter Gröbchen! Wer sonst soll sich um die Inthronisierungsfeierlichkeiten kümmern?
    (Beitrag wurde von tschisi am 16.04.2001 um 23:10 Uhr bearbeitet.)

  12. #12
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    Lösch Lüneburg aus, und ich wäre glücklich, aber verschone meine Mutter, Thornerstrasse 40, ginge das, Drache?

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