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Thema: Biermann, Wolf (als junger Mann)

  1. #1
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    stadt mit dem grossen tor
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    ich weiss es noch wie heute. es war 1976. im
    herbst. im deutschen herbst. mich hatte das
    abitur nach einem kurzen abstecher nach giessen ins heimelige freiburg gespült. bader-meinhof-ensslin sorgten für
    aufregung. ich, junges studentenkind, wusste
    kaum wie mir geschah. wenn hübsche jungs von der khg erzählten, stand für mich fest, das k steht für katholisch.
    tag und nacht politrummel, zum studieren kam
    man kaum. abends gings ins audimax.
    wolf b. hatten sie gerade die ddr-tür vor
    der nase zu geschmissen. es war eines seiner ersten konzerte. er spielte, weinte, spielte und flente sich sturzbäche aus dem leib und das ganze audimax stand mit dem batisttüchlein und trocknete die tränen.
    wie ich das geschafft habe, keine ahnung? aber zu beginn des abends fand ich mich auf einer halben pobacke kauernd am bühnenrand wieder. also ganz ganz dicht dran an der grossen welt.
    als diese weiheveranstaltung zur schlussapotheose anhub, ging wolf vollkommen aufgelöst von der bühne ab und im en passent drückte er mir einen baumdicken strauss aus roten duftnelken in die hand (bilddokument vorhanden), den man dem
    grossen sänger von drüben unter beifallsstürmen übergeben hatte.
    diese geste löste bei mir callas-ähnliche gefühle aus. noch jahrelang war ich infiziert
    von einer rauschartigen verehrungssucht. auch jetzt, wenn ich dies schreibe, schlägt mein herz schneller, obwohl wolf b. längst in
    giessharz gegossen gehört und ab in die asservatenkammer des deutschen museums neben
    kohls strickjacke.
    ja, die gedörrten nelken hingen noch ewig
    über meinem bett, bis sich ein katzenbaby daran vergriff.

  2. #2
    Moderator
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    Unfassbar das alles, dabei war doch eine der heroischsten Taten der DDR, diesen Qualibert an die 'frische Luft' zu setzen. Manchmal beschleicht mich das Gefühl, dass Erich Honecker doch vielleicht einen ganz guten Musikgeschmack hatte.

  3. #3
    Avatar von Pomito
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    Herr Tex,
    Ihrem Urteil über Qualibert B. stimme ich zu.
    Was den Musikgeschmack des Stattsratsvorsitzenden angeht, erlaube ich mir leise Zweifel - wer seine musikalische Sozialisation in einer saarländischen Schalmeienkapelle erhalten hat, wird die heroische Tat mitnichten aus ästhetisch-popkulturellen Motiven begangen haben. Also: Biermann weg - dufte. Biermann weg wegen doofer Musik - unwahrscheinlich.

  4. #4
    Moderator
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    Weiss ich doch!
    Aber was sollte die Verächtlichmachung der Schalmei?
    Was hat sie nicht, was das Sousaphon zB hat?

  5. #5
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    Herr Pomito, ich stimme Ihnen zu. Das ginge nun doch etwas zu weit. Allerdings mal im Ernst, finden Sie nicht auch verehrte Mit-Schreiberlinge, dass die Hymne der DDR einer der besten Beiträge für den Grand-Prix de la Chanson hätte sein können?????
    Wolf B. singt, Hony bedient die e-akustische Schalmei (was immer das auch ist) und Stefan Raab seineszeichens begnadeter Tänzer ist das Fernsehballet in Personalunion....
    Endlich würde Deutschland mal wieder siegen!!!

  6. #6
    Moderator Avatar von Ruebenkraut
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    Her mit dem vorhandenen Bilddokument. Eine Anmerkung: wird nicht erst die Zeit der Schleyer-Entführung 'Deutscher Herbst' genannt? Das war 1977. Biermann war 1976, soweit stimmt es.
    Tolle Story.

  7. #7
    Avatar von Pomito
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    Ich wollte die Schalmei als solche nicht tadeln - wenn sie auch rein optisch so rüberkommt wie diese Warn-Hörner, die Streckenarbeiter der Bundesbahn vor dem Heranbrausen eines Zuges betätigen. Die Arbeiterbewegung wäre ohne Schalmei sicherlich wesentlich erfolgreicher gewesen.

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