ich weiss es noch wie heute. es war 1976. im
herbst. im deutschen herbst. mich hatte das
abitur nach einem kurzen abstecher nach giessen ins heimelige freiburg gespült. bader-meinhof-ensslin sorgten für
aufregung. ich, junges studentenkind, wusste
kaum wie mir geschah. wenn hübsche jungs von der khg erzählten, stand für mich fest, das k steht für katholisch.
tag und nacht politrummel, zum studieren kam
man kaum. abends gings ins audimax.
wolf b. hatten sie gerade die ddr-tür vor
der nase zu geschmissen. es war eines seiner ersten konzerte. er spielte, weinte, spielte und flente sich sturzbäche aus dem leib und das ganze audimax stand mit dem batisttüchlein und trocknete die tränen.
wie ich das geschafft habe, keine ahnung? aber zu beginn des abends fand ich mich auf einer halben pobacke kauernd am bühnenrand wieder. also ganz ganz dicht dran an der grossen welt.
als diese weiheveranstaltung zur schlussapotheose anhub, ging wolf vollkommen aufgelöst von der bühne ab und im en passent drückte er mir einen baumdicken strauss aus roten duftnelken in die hand (bilddokument vorhanden), den man dem
grossen sänger von drüben unter beifallsstürmen übergeben hatte.
diese geste löste bei mir callas-ähnliche gefühle aus. noch jahrelang war ich infiziert
von einer rauschartigen verehrungssucht. auch jetzt, wenn ich dies schreibe, schlägt mein herz schneller, obwohl wolf b. längst in
giessharz gegossen gehört und ab in die asservatenkammer des deutschen museums neben
kohls strickjacke.
ja, die gedörrten nelken hingen noch ewig
über meinem bett, bis sich ein katzenbaby daran vergriff.
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