Als Junior Member oder wie das heißt, hab ich jetzt mal im Forum durchgeblättert und stellte fest, dass es keinen Beitrag über Edwyn Collins gibt, schwach, sehr schwach, muss (s)ich ändern. Tex? Was ist los? DIE Episode 'Edwyn-Collins-in-Hohenems-und-ich-sage-nur-Zucchini' KANN doch wohl nur von dir geschrieben werden, ich muss schon bitten! Währenddessen eine andere Edwyn-Episode von mir, in der schon wieder die Wiener Szenehütte Chelsea (diesmal aber das neue) und ein 10-Jahres-Jubiläumsfest vorkommen, Alkohol auch.
Als das Chelsea also im Dezember '97 sein zehnjähriges Bestehen feierte, wurde eine mehrtägige Party gegeben, und Lokalpatron Othmar Bajlicz hatte die Königsidee, zu diesem Behufe an einem Abend Edwyn Collins als DJ einzuladen, was dann über diverse gefinkelte Schleichwege auch geschickt in die Tat umgesetzt werden konnte.
Für diejenigen, die Edwyn Collins NICHT kennen sollten, will ich eigentlich gar nicht weiterschreiben, aber da ich ein anständiger Mensch bin, sei gesagt, dass Edwyn in der ersten Hälfte der 80er Jahre Sänger und Vorstand einer schottischen Band namens Orange Juice war, die das besser machten, was die Smiths etwas später erfolgreicher unter die Leute brachten, und Edwyn später, nach Jahren in der Obskurität einen unerwarteten Riesenhit hatte ('I never met a girl like you before'), an den sich die eine und der andere von euch hoffentlich erinnern wird können. Needless to say, dass ich immer Fan gewesen bin.
Edwyn kam also nach Wien ins Chelsea, schon einen Tag vor seinem DJ-Termin, als nur unter geladenen Gästen gefeiert wurde. Edwyn, offensichtlich durch die Einladung geschmeichelt und von Lokalität und Leuten angetan, begann schnell mittel- bis hochprozentigen Getränken zuzusprechen. Erst als ich eine gewisse Schwellenangst überwunden hatte, wagte ich es, mit diesem Idol meiner jungen Jahre in Kontakt zu treten, was sich als äußerst unkompliziert erwies. Edwyn war gut gelaunt, sympathisch, kumpelhaft und schon nach kurzer Zeit stellten wir fest, dass er genau ein Jahr vor sowie einen Tag nach mir (ist das verständlich?) geboren wurde, genau an der Kippe zwischen Löwe und Jungfrau, was - so führende Astrologieexperten - ein hochinteressanter, spannungsgeladener Fall ist. Die gut verlaufende Kommunikation hatten nur ein, genauer gesagt zwei Haken: Erstens: Der Mann ist Schotte und spricht also schottisch, eine Art Anglo-Schwyzerdütsch, das an sich schwerst verständlich ist und erhöhte Konzentration erfordert. Zweitens und schlimmer: Der Mann war bereits stockbesoffen-selig und mit Schrecken konnte man den zunehmenden Alkoholisierungsgrad von Minute zu Minute beobachten. Dies äußerte sich in einem hemmungslosen, immer schlimmer werdenden Gelalle, das eine normale Kommunikation unmöglich machte, weil schottisch und Lallen ist einfach zuviel. So kam es, dass ich irgendwann einmal kein Wort mehr verstand, das über Edwyns sagenhaft gewölbte Unterlippe kam, das Gespräch aber dennoch nicht abriss, da Edwyn (aus welchem Grund auch immer) einen Narren an mir gefressen hatte und nicht mehr zu bremsen war. Jedenfalls gab ich auf seine unverständlichen Wortschwälle halt irgendeine Antwort auf Verdacht oder versuchte, ein anderes Thema anzuschneiden, was der Mann offenbar als spontane Phantasiekraft auslegte und erst recht zur Redseligkeit angeregt wurde. Hilfreich war in diesem Zusammenhang Sebastian, Edwyns Adlatus, der ihn bei seinem Wien-Aufenthalt begleitete und ihm jeden Wunsch von den wülstigen Lippen ablas (Anm.: Edwyn Collins ist ohne Glucke völlig hilflos, in Hohenems wurde er seinerzeit von einer Lady begleitet, die wie eine wundersame Mischung aus Mutter, Managerin, Busenfreund und Geliebte wirkte). Sebastian begann sich nämlich in Krisensituation als Dolmetsch zu betätigen, was man sich ungefähr folgendermaßen vorstellen kann:
Edwyn: 'dgdgdgdgdgdgsdfkösDatpe' -
Ich: '???'
Sebastian: 'Ich glaube, Edwyn jat 'ja' gesagt.' Lustig auch der nächste, also Edwyns DJ-Abend. Edwyn, schwer gezeichnet von der letzten Nacht, trank keinen Tropfen und legte auch keine Platten auf, sondern - LIESS Platten auflegen. Und zwar natürlich vom ihm ergebenen Sebastian. Das ging so: Edwyn stand mit Kennerblick neben dem DJ-Pult, stöberte beiläufig in seiner Plattenkiste, lehnte sich zurück und sprach in Richtung Sebastian: 'Fifth record from behind, third track, first side.' Wir bekamen so übrigens nur die allerschönsten Soul-Schnulzen aus den frühen Siebzigern zu hören, und ich glaube ich muss nicht erwähnen, dass Edwyn durch dieses Erlebnis in meiner Achtung nur gestiegen ist.
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http://www.ton-um-ton-records.at
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(Dieser Beitrag wurde von anko bearbeitet)
(Beitrag wurde von anko am 01.04.2001 um 00:14 Uhr bearbeitet.)
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