Es war am späten Abend des Tages danach, also am 10.11.1989. Irgendwer hatte die Devise ausgegeben, das 'Volk' werde nun die Mauer am Potsdamer Platz einreissen. Wir (meine Schwester, ein paar andere und ich) also hin: Tatsächlich waren dort tausende mit Hämmern (von Vorschlag bis Gummi) damit beschäftigt, den antifaschistischen Schutzwall abzutragen, was sich als schwieriger herausstellte, als es erstmal schien. Hinter der Mauer grimmige Grepos (die DDR existierte schließlich noch). Am Brandenburger Tor Hunderte auf der Mauer feixend (BUUhs und dicke Mittelfinger auf die Soldaten der anderen Seite runterschickend) und - teils alkoholisiert - feiernd. Irgendwann gingen wir um die Ecke auf der Straße neben dem Reichstag Richtung Tiergarten. Hier war alles ruhig. Plötzlich hielt am Straßenrand eine Limo und heraus stieg Walter Momper, immerhin damals der Regierende. Mit ihm noch ein paar Funktionäre (vielleicht sogar der Innensenator?), aber nicht direkt Bodyguards. Sie begannen sofort - etwa 10 Meter entfernt von uns - eine Diskussion darüber, ob die Situation am Brandenburger Tor und am Potsdamer Platz nicht unkontrollierbar werden könnte, ob die DDR-Soldaten und Polizei eventuell schießen oder Leute von der Mauer runterholen würden und ob man nicht irgendwie eingreifen müsste, um die Leute zur Vernunft zu bringen. Irgendwie 'staatsmännisch', aber auch irgendwie 'sympathisch' besorgt. Meine Schwester, die nicht auf den Mund gefallen ist - dann auch ich im Schlepptau, gingen sofort hin und beteiligten uns an der Diskussion, was nicht etwa auf Ablehnung stieß. Vielmehr hörte sich Momper unsere Sichtweise (alles nicht so heftig, blabla, die Leute sollen feiern, die DDR macht bestimmt nix, etc.) ruhig an und schien irgendwie beruhigt zu sein. Wenig später bestiegen die Schwarzbemäntelten wieder ihren schwarzen Benz und fuhren davon.
Lesezeichen