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Thema: Pilawa, Jörg

  1. #1
    Avatar von MC Hausmacherleberwurscht
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    Pilawa, Jörg

    Mallorca, Flughafen. Was für ein saucooler Typ ich doch bin. Leck mich fett. Während die Leute vor dem Gate spastisch werden, weil die Maschine Verspätung hat, schlendere ich lässig mit einer Fortuna hinter dem Ohr in Richtung der Krebs-Station.

    Das ist ein abgeschlossener Plexiglas-Kubus mit Holzfurnier, vielleicht zehn auf zehn Meter. Schwingtüren mit Absaugeinrichtung. Drinnen lange Holztische mit Brandlöchern, gefühlte 15 Grad und alter Rauch. Die Aschenbecher sind unter Haufen von ausgedrückten Kippen unkenntlich. Die Süchtigen weichen meinem Bick aus. Das ist hier jedem peinlich, in diesem Raucher-Asyl zu sitzen und sich die Lungen vollzuhauen. Ich bin Urlaubsraucher und froh, hier rauchen zu wollen und nicht zu müssen.

    Eine Frau mit einem blauen Müllsack kommt herein, wirkt angewidert. Schnell leert sie zwei Aschenbecher, fegt als Alibi über einen der Tische und geht sofort wieder raus. Alle blicken zu Boden, bis die Putze wieder verschwunden ist.

    Zurück am Gate. The snake is long, wie der Amerikaner sagt. Was ich nicht erkenne: Es sind ganz andere Menschen, die aber genauso genervt vor dem Schalter von Air Berlin herumhampeln.

    Zwei Maschinen derselben Airline nach Hamburg, kurz hintereinander am selben Gate, nur durch die Flugnummern zu unterscheiden. Meine Maschine ist längst abgfertigt. Und ich bin der Depp, auf den hier alle warten.

    Wenigstens war ich nicht ganz allein. Neun andere fehlen ebenso, fünf davon kenne ich von der Krebs-Station. Als wir hintereinander einsteigen, zählen die aggressiven Mitpassagiere einen Countdown. 10,9,8,7,6,5,4,3, ich war die 2.

    Der Typ in der Reihe vor mir schaut mich an, als sei ich ein von Fliegen okkupiertes Häufchen Koala-Kot. Er raunt seiner Frau irgendwas vor, ich glaube „…kann man so blöd sein…“ und „Unverschämtheit“ zu hören.

    Irgendwie wird mir das jetzt zu bunt und ich bin kurz davor, mit den in teurem Lässig-Chic gekleideten Hanseaten-Schnusis mal ein paar ernste Wörtchen in süddeutscher Herzhaftigkeit auszutauschen.

    Was mich zurück hält, ist die Ahnung, dass ich den Typ kenne. Während ich mich setze, gehe ich in Gedanken den erweiterten Bekanntenkreis durch, wechsle ins berufsbedingte Umfeld und komme zu keinem Treffer. Nach dem Start hat sich mein Mütchen gekühlt und der Typ vor mir macht sein Notebook auf. Durch die Sitzritze habe ich unverstellten Blick auf den Desktop.

    Er floppt scheinbar sinnlos ein paar Ordner seines iBooks auf und wieder zu. Dann landet er in einem Grafikprogramm und plötzlich floppen gleich vier Fenster auf. Und in jedem ist eine jeweils leicht veränderte Form des Logos für „Die Quizshow – mit Jörg Pilawa“ zu sehen.

    Ich hatte unverschämtes Glück. Sich mit einem Prominenten in einem Ferien-Bomber zu streiten, noch dazu, wenn man heillos im Unrecht ist – eine noch größere Chance auf Erniedrigung habe ich nur verpasst, als ich einmal überfallartig in der Würzburger Fußgängerzone von einer Diarrhö überrascht wurde, mir glücklicherweise aber erst direkt neben der Toilette eines Cafes unbemerkt in die Hose schiss.

    Aber aus meiner Sicht war es nun Pilawa, der hier einen ganz schön peinlichen Auftritt lieferte. Als Moderator einer Quiz-Sendung auf einem Ferienflug mal eben die neusten Entwürfe für das Sendungs-Logo durchzugehen? Soll noch die letzte dusselige Saftschubse in dem Flieger begreifen, dass sie hier einen VIP-Gast bedient?

    Tatsächlich winkt Pilawa jetzt die Stewardess heran, um sich aus dem unfassbar schmockigen Sansibar-Catering (bei AirBerlin die Bezahl-Alternative zu einer übel belegten, remouladenverschmierten Frechheit von einem Bord-Snack) die Soundso-Sates auf Dingenskirschen-Mousse mit Hastenichtgesehen-Dip für sich und seine Else zu bestellen.

    Die Air-Berlin-Dame erobert mein Herz als sie zurückkommt und Pilawa im Vorbeigehen bescheidet: „Sate sind aus. Die ersten zehn Reihen haben alles wegbestellt. Schinken- oder Käsesandwich?“ Pilawa stöhnt. „Scheißladen!“ Auch seine Else ist not amused.

    Bald kauen alle beide aber doch auf den fiesen Fettbemmen a la Air Berlin. Und Pilawa ist als erster fertig. Gleich floppt sein iBook wieder auf. Jetzt fragt er Else, ob das oder das oder dies Logo besser wäre. Und sie sagt dann warum sie das, das und dies alles gleichsam nicht so toll findet. Und er sagt dann Mhm.

    Pilawa schließt die Logos, macht ein Schreibprogramm auf. Prosa eines Fernsehmoderators mit Remouladen-Mundgeruch: „Neulich fragt mich meine Tochter: Du, Papa: Sind eigentlich alle Bundeskanzler immer Frauen?“ Und dann geht’s so weiter, mit Huch, stimmt ja, die kennt nur das Merkelchen und hat noch keinen Schimmer von Adenauer, Brandt und Kohl und all den anderen Kapeiken, Hihi, lustig, und ichso, und sieso und ich ihr natürlich alles erklärt, echte Papa-Tochter-Erfahrung, blablasabbeldidapp.

    Ich verliere das Interesse und konzentriere mich auf ein Stück Schinken, das mir entglitten war und das ich nun aus Versehen in den Teppichboden des Fliegers gemanscht hatte. Und ich widme mich der Frage, ob das irgendjemand irgendwann mal wieder aus dem Teppich raussaugt. Oder ob das jetzt da auf Ewig drin bleibt und verwest. Und ob es dann fiese stinkt in Reihe 27 und die Leute glauben, eine Leiche müffe im Frachtraum.

    Nachtrag: Paparazzi sollen ja gefälligst höflich sein. Aber Pilawa hat seine Frau nach Logo-Check, Fettbemme und Kolumne noch übel zungengeküsst. Ihre gierigen, durch Flughöhe und Druckverhältnisse ausgetrockneten Remouladen-Lippen trafen sich genau in Guckritze zwischen den Sitzen. Und dann sah ich die Pilawa-Zunge, wie sie sich langsam in den Elsen-Mund schob und....

    Aber ich bin ja höflich. Over and out.
    Fans ! Ich habe Fans !

  2. #2
    Member Avatar von vae victis
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    Ich krieg mich nicht mehr ein vor Lachen! Ausgetrocknete Remouladen-Lippen!

  3. #3
    Moderater Avatar von Tobi Wahn
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    Eine Leiche müffe im Frachtraum!

    Großartig!

  4. #4
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    heute morgen quasi nostalgisch des guten alten James Last-Stranges gedacht. Und siehe: eine neue MC-Wurscht ward uns serviert.
    Wundervoll.
    Möge ihr a long snake of Postings beschieden sein, wie wir Postler sagen.

  5. #5
    sqm
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    schon. und schöne geschichte auch. nur dünkt mich leider, da müffe die eine oder andere sprachleiche im text. saftschubse, zum bleistift.

    gegen inge.


  6. #6
    Abebe Lowumbo Avatar von joq
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    Hervorragend eingefangen, mir ist ein bisschen schlecht.
    More gin in teacups

  7. #7

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    Mir träumte vor einigen Nächten von zwei halbnackten Männern, BOSS-Models, die sich in erregter Diskussion darüber befanden, ob man mit ihnen für ein Parfum würbe, das nach etwas Schlechtem röche. Bundesanagrammminister Seehofer. Tricky triple: Marge, Tranche, Charge.

  8. #8
    Member Avatar von Malevitsch
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    Worte fallieren mir, Dr.Haus.

  9. #9
    Avatar von Alberto Balsam
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    man sollte vielleicht auch nicht mehr Snobküche verulken müssen, nach Dieter Bohlen kommt das irgendwie ranzig: "...lieber mal 'ne supernette Currywurst am Kurfürstendamm – WOW! Das ist Geschmack. Und Pommes? Richtig geil. Rot-weiß-Schranke. Mensch, die sollen sich doch ihre Austern an Zitronengras mit flambierter Schaumscheiße in Diskussion mit Känguruhoden in den Arsch stecken!"

  10. #10
    Avatar von Alberto Balsam
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    aber egal, Pilawa, Bohlen, Air Berlin, alles die gleiche elende Schaumscheiße in Diskussion mit Känguruhoden

  11. #11

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    Reihe 27? Ich werde bei Air Berlin keine Reihe 27 mehr passieren können, ohne nach Teppichintarsien zu gucken oder rauskriegen zu wollen, ob es nach müffelnden Leichen riecht.

  12. #12
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    Großartig, witzig. Er küsst Frauen, interessant.

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